Vor Corona: Quarantäne, Lockdown und Co. – das waren die Regeln während der Pest

Pandemie: früher versus heute

Welche Maßnahmen wurden vor 400 Jahren zur Bekämpfung von Seuchen genutzt? Ein Handbuch aus Italien zeigt, wie ähnlich die damaligen Regeln unseren heutigen Corona-Maßnahmen sind. Und doch gibt es einige gravierende Unterschiede.

Hinweis: Dieser Beitrag erschien zuerst an dieser Stelle bei stern.de.

Regeln in der Pandemie: Mit welchen Maßnahmen bekämpfte man die Pest?

Pandemien stellen die Menschheit seit Jahrhunderten vor Herausforderungen. Doch trotz massiver Fortschritte in der Medizin haben sich die Maßnahmen zur Seuchenbekämpfung seither nur wenig verändert. Das beweist das 432 Jahre alte Handbuch eines italienischen Arztes. Er beschreibt darin detaillierte Regeln, wie die Ausbreitung der Pest vermieden werden soll. Viele der Maßnahmen ähneln den aktuellen Corona-Regeln.

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Bis heute gilt die Pest als die verheerendste Seuche der Geschichte. Die Epidemie forderte ab Mitte des 14. Jahrhunderts schätzungsweise 50 Millionen Menschenleben in Europa und Asien. Der italienische Arzt Quinto Tiberio Angelerio verfasste im 16. Jahrhundert eine Broschüre, in der er der vom „Schwarzen Tod“ heimgesuchten sardischen Stadt Alghero 57 Regeln auferlegte.

So sah der Lockdown in der Renaissance aus

Als 1582 die ersten Menschen in Alghero mit Pest-Symptomen verstarben, hatte Angelerio die Stadtverwaltung bereits dazu gedrängt, die Patienten unter Quarantäne zu stellen. Zunächst hatte er dabei keinen Erfolg. Erst, als er den Vizekönig um Hilfe bat, wurden die Maßnahmen umgesetzt: Mit einer dreifachen Absperrung um die Stadtmauern sollte der Handel mit Menschen von außen verhindert werden.

Versammlungen wurden verboten und nur noch eine Person pro Haushalt durfte das Haus verlassen, um Einkäufe zu erledigen. Infizierte sollten auf abgelegenen Krankenstationen isoliert werden. Wachen stellten sicher, dass Kranke und Kontaktpersonen nicht das Haus verließen. Zudem sollte ein rotes Kreuz an der Tür die Mitmenschen vor den verseuchten Häusern warnen.

Die Maßnahmen stießen anfangs auf heftigen Widerstand in der Bevölkerung: Die Bürger wollten den Mediziner sogar lynchen. Nachdem die Pest jedoch weitere Opfer gefordert hatte, glaubten sie Angelerio schließlich doch.

Social Distancing funktionierte damals mit Stöcken

Stadtbewohner mussten draußen einen fast zwei Meter langen Stock mit sich tragen, um Abstand zu ihren Mitmenschen zu wahren. An den Theken von Lebensmittelgeschäften wurden Geländer eingebaut, damit sich Kunden auch beim Einkaufen nicht zu nahe kamen. Im Händeschütteln sah Angelerio ebenfalls eine Gefahr: Er rief die Menschen zur Vorsicht beim Friedensgruß während des Gottesdienstes auf.

Eine weitere Vorschrift wies Hausbesitzer dazu an, ihre Wohnräume sauber zu halten. So sollten sie regelmäßig lüften, billige Einrichtung verbrennen und teure Möbel waschen, an die frische Luft setzen oder im Ofen desinfizieren. Bemerkten die Bürger, dass sich ihre Nachbarn nicht an die Regeln hielten, sollten sie es melden. Dafür wurden sie sogar bezahlt.

Ob arm oder reich: Hilfe für alle

Wichtig war Angelerio offenbar auch, dass die medizinische Behandlung nicht vom Reichtum eines Kranken abhängt. Niemand sollte außen vor gelassen werden: In der Broschüre steht, dass Ärzte „gezwungen“ werden, alle Patienten zu besuchen. Reiche Bürger mussten die Behandlungen selbst bezahlen, die Kosten für die ärmsten Bewohner sollte der Stadtrat tragen. Obdachlose wurden in dem provisorischen Sozialsystem allerdings nicht berücksichtigt: Sie mussten tagsüber außerhalb der Stadtmauern bleiben.

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Corona und die Pest: Parallelen der Pandemien

Die Parallelen zwischen Angelerios Maßnahmen und den heutigen Corona-Verordnungen sind kaum zu übersehen. Vor 400 Jahren spielte Religion für die Menschen allerdings noch eine weitaus wichtigere Rolle als die Wissenschaft – auch und vielleicht besonders zu Krisenzeiten.

Wie seine Mitmenschen hielt Angelerio Gott für den Überbringer der Pest: Weil die Seuche als Strafe von Oben angesehen wurde, wurden „Fasten, Gebete, Gelübde und gute Taten“ vorgeschrieben, „um den Zorn Gottes zu besänftigen.“ Dazu wurden sogar tragbare Beichtstühle bereitgestellt.

„Schlechte Luft“ galt in dieser Zeit als Infektionsüberträger. Um sie zu reinigen, sollten unter anderem Glocken geläutet und Kanonenkugeln abgefeuert werden. Auch das Auftragen von Parfüms wird in dem Handbuch als geeignetes Schutzmittel beschrieben. Den Grund für die wohl makaberste Maßnahme erklärt der Mediziner allerdings nicht: „Truthähne und Katzen müssen getötet und ins Meer geworfen werden.“

Quellen: „BBC“; Website US National Library of Medicine

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