Ulrike Folkerts: ‚Kein Ende in Sicht, kann ich sagen‘

Als Ludwigshafener „Tatort“-Kommissarin Lena Odenthal ist Ulrike Folkerts seit mehr als 30 Jahren im Einsatz – damals begann sie als erst dritte Frau überhaupt als Kommissarin der Reihe.

Von der #allesdichtmachen-Aktion distanzierte sich Folkerts

Vergangene Woche war sie an der Künstler-Internetaktion #allesdichtmachen beteiligt, distanzierte sich aber davon, als klar war, dass die Aktion nach hinten los ging. „Die Videos, die entstanden sind, wurden falsch verstanden, sind vielleicht falsch zu verstehen“, schrieb sie auf Instagram.

Ihre zweite Autobiografie erscheint nun

Ich habe einen Fehler gemacht, ich war naiv genug zu glauben, mit meinen Kollegen*innen ein gewinnbringendes Gespräch in Gang zu bringen. Das Gegenteil ist passiert.“ Die Corona-Maßnahmen seien „absolut richtig“. Nun hat Folkerts ihre – schon zweite – Autobiografie „Ich muss raus“ veröffentlicht.

Sie erzählt darin von ihrer Suche nach ihrer Rolle im Leben, von ihrem unfreiwilligen Outing und von den Rollen, die sie neben dem „Tatort“ im Fernsehen und auf der Bühne spielte. Am Montag liest sie aus dem Buch im Münchner Literaturhaus.

AZ: Frau Folkerts, wann und wie erfahren Sie eigentlich die Quoten vom Sonntag?
ULRIKE FOLKERTS: Am Montagmorgen danach, per SMS von meinem Produzenten mit genauen Zahlen über Marktanteil und ganz wichtig, den Zahlen über die Gruppe der jungen Zuschauer*innen.

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Wie wichtig sind die Zuschauerzahlen für Sie nach mehr als 30 Jahren als Lena Odenthal?
Wir alle kommen um die Quote nicht herum. Sie ist wichtiger als man denkt. Entscheidet sie doch auch, ob ein Format bzw. Tatortteam beliebt genug ist, um weiter zu machen. Nach wie vor bezweifle ich, ob die Quote ein Maßstab für Qualität eines Filmes sein kann. Das ist nicht belegt.

Die Kunst, an sich selbst zu arbeiten

In „Ich muss raus“ klingen die Passagen besonders intensiv, in denen Sie über Ihre Arbeit am Theater schreiben, zum Beispiel 2005 bei den Salzburger Festspielen als Tod im „Jedermann“. Sie schreiben von Zweifeln und Angst im Vorfeld und der Freude, wenn es dann gut läuft. Haben Sie Ihre großen Entwicklungsschritte durch die Bühne getan? Oder ist das beim Film genauso?
Beim Theaterspielen haben wir viel mehr Zeit an den Rollen und den Beziehungen der Figuren zu arbeiten, den Bogen einer Figur zu suchen – dadurch scheint diese Arbeit oft intensiver und nachhaltiger. Ich habe tatsächlich viel über mich gelernt beim Theaterspielen. Es war immer eine fordernde Art weiter an mir zu arbeiten. Beim Drehen muss alles sehr schnell gehen, da ist es wichtig sich sehr gut vorzubereiten. Meine Erfahrung darf nicht in Routine verfallen. Ich suche auch dort nach Lebendigkeit und Wahrhaftigkeit, immer wieder aufs Neue.

Sie schreiben verständlicherweise, Sie möchten nicht, dass Lena Odenthal plötzlich lesbisch wird – eine Forderung, die man einst nach Ihrem unfreiwilligen Outing an Sie herangetragen hat. Falls der „Tatort“ aber heute eine lesbische Kommissarin bekäme: Was müsste sie vermitteln, was sollte sie dem Publikum zeigen? Es könnte ja schon mal eine Anregung für die Drehbuch-Kreativen sein.
Entscheidend wäre für mich, dass das Lesbischsein kein Problem beschreibt, sondern eine Selbstverständlichkeit hat, die ganz normal erzählt werden kann. Und wenn sich ein Mann in die (lesbische) Kommissarin verlieben würde, es zu einem interessanten Gespräch kommt und die beiden beste Freunde werden…

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Folkerts Version vom Altern

Sie werden bald 60 und schildern im Buch auch Ihre Vision des Alters, in der unter anderem ein Pudel vorkommt. Macht sich auch Lena Odenthal schon Gedanken über den Ruhestand?
Ich bin sehr glücklich, dass meine Lena mit mir zusammen älter werden darf. Kein Ende in Sicht, kann ich sagen. Wann ist Lena 67 und geht in den Ruhestand? Da ist noch Luft nach oben.

Steht Ihr Plan noch, im kommenden Jahr in Hongkong an den Gay Games teilzunehmen? Wann fangen Sie an zu trainieren?
Tatsächlich möchte ich gern 2022 nach Hongkong als aktive Teilnehmerin mit ein paar Freunden*innen gemeinsam dorthin reisen und an den Gay Games teilnehmen, wenn es möglich sein wird. Das Sicherheitsgesetz der Chinesen hat Hongkongs Demokratiebewegung enorm im Griff. Die Autonomie Hongkongs ist bedroht. Um so wichtiger, dass die Gay Games stattfinden und Menschen aus der ganzen Welt dort hin reisen und ein Zeichen setzen. Im Augenblick ist Trockentraining angesagt bis ich wieder in einen See springen kann. Viel Joggen, ein bisschen Krafttraining zu Hause und bald wieder ins Wasser.

Ulrike Folkerts stellt ihre Biografie „Ich muss raus“ (Brandstätter Verlag, 208 Seiten, 22 Euro) am Montag, 3. Mai, um 20 Uhr im Literaturhaus vor; Streaming-Tickets für 7 Euro sind bis 19 Uhr unter literaturhaus-muenchen.de buchbar

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