Rundum herausfordernd

DieBregenzer Festspiele reizen weitere Möglichkeiten aus. 

DerPandemieverlauf, dieses abrupte Aus stecke ihr noch in den Knochen, bemerkteElisabeth Sobotka jüngst. Noch einen weiteren Zeitraum ohne die Möglichkeit derBegegnung, das wäre für die Intendantin der Bregenzer Festspiele unvorstellbar.Mit dem Auftritt des Wiener Burgtheaters schon im April sei endlich wieder einFenster aufgegangen. Einige Wochen später stand fest, dass die BregenzerFestspiele erstens durchgeführt werden dürfen und dass zweitens alle Plätze vorden Bühnen besetzt werden können.

Miteiner „Wiedergeburt“ verglich Philipp Stölzl, Regisseur von Verdis Oper„Rigoletto“ auf dem See, die Situation. Julia Jones, die Dirigentin diesergroßen Produktion, gibt zu bedenken, dass wir erkennen mussten, dass wir nachwie vor wenig Kontrolle über unser Leben haben. „Da kam eine Pandemie undkeiner wusste, wie man damit umgeht.“ Künstler und Kulturunternehmen hatten das im besonderen Maß zu spürenbekommen, Kunst wurde von der Politik als nicht notwendig erachtet.

DieBregenzer Festspiele feiern heuer, dass man es vor 75 Jahren, kurze Zeit nachdem Zweiten Weltkrieg, für wichtig hielt, dass Menschen einander bei Konzertenund Opernaufführungen begegnen. Die Gründung des Festivals geht auf eineFestwoche im Sommer 1946 zurück, in deren Rahmen das Singspiel „Bastien undBastienne“ von Mozart auf Kieskähnen im Gondelhafen aufgeführt wurde.  In den Folgejahren wurde man zwarhinsichtlich der Idee innovativ, auf dem See eine Bühne für Musiktheater zuerrichten, inhaltlich blieb man in einem konservativen Kulturverständnisverankert. So erzählte der Bregenzer Historiker Meinrad Pichler in einemGespräch mit den VN vom einstigen Programmausschuss, in dem das Land eigensBremser installiert hatte. Als einige Musikfreunde schon in den 1950er-Jahrendie Aufführung von Gershwins Oper „Porgy and Bess“ vorschlugen, setztenAusschussmitglieder die harmlose Millöcker-Operette „Der Bettelstudent“ durch.Das Werk von Gershwin gab es erstmals im Jahr 1971 und später 1997 und 1998 ineiner nicht mehr romantisierenden Inszenierung von Götz Friedrich.

Damalswaren die Festspiele längst international mit ihrem vom Intendanten AlfredWopmann durchgesetzten Konzept mit einzigartigen Inszenierungen von Opern aufdem See und Raritäten im Haus anerkannt. Es folgten Erst- und Uraufführungsserien,wie sie David Pountney mit der Wiederentdeckung der Oper „Die Passagierin“ vonWeinberg gelangen.

Eine innere Struktur ist Intendantin Elisabeth Sobotka bei der Erstellung des Programms wichtig. Die Bandbreite ist groß, reicht von der Oper „Rigoletto“ auf dem See, bei der die Urform des Theaters, das Marionettenspiel, samt Ballonfahrt mit den technischen Möglichkeiten von heute verbunden werden, über das äußerst selten gespielte Werk „Nero“ mit seinem Blick in menschliche Abgründe und zumindest kleinen Verweisen auf die Römer, die es auch im Bregenzer Stadtbild gibt, sowie zur heiteren „Italienerin in Algier“, deren Umsetzung davon motiviert ist, jungen Künstlern Auftritte zu ermöglichen. Die Uraufführung der Oper „Wind“ von Alexander Moosbrugger reizt die Möglichkeiten einer eigens errichteten Orgel aus und „Upload“ von Michel van der Aa zeigt eine Herausforderung, die sich uns stellt. Gilt es doch, bei weiterer Digitalisierung auch die Qualität derselben vor Augen zu behalten.

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