Pipigate, Dürr-Debakel und das Fluppentheater von Bocholt

Diese Woche feinanalytischer Trash-TV- Transkription starte ich ausnahmsweise mal mit einem Spoiler. Nach Folge Drei hatte ich prognostiziert, bei der heutigen Nominierungs-Orgie würden Dr. Sindsen und seine Katha so sicher die Stimmen der Schulabbrecher-WG auf sich vereinen, wie Julian Nagelsmann beim FC Bayern seine Papiere ausgehändigt bekommt, sollte er das kommende Heimspiel gegen den Abstiegskandidaten der Herzen, Bayer 04 Leverkusen, nicht gewinnen.

Eine KritikvonMarie von den Benken

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Ich war mir absolut sicher, das emphatieüberladene Sommerhaus-Ensemble würde dem pappgekrönten Thronfolger und Versace-Hemdimitat-Testimonial und seiner angeblich promigeilen Finanzanalystin helfen, ihre toxische Selbstzerstörungs-Liaison aus dem Rampenlicht zu bekommen. Aber was soll ich sagen: Ich bin offensichtlich der Klaus Stöhr der Sommerhaus-Prophezeiungen. Wenn man immer vom exakten Gegenteil davon ausgeht, was ich vorausgesagt hatte, liegt man immer goldrichtig. Team Sindsen erhält keine einzige Stimme und wird uns demnach auf jeden Fall erhalten bleiben. Aber mal der Reihe nach.

Folge Vier beginnt mit den Nachwehen des Dr. Sindsen-Trennungsdramas. Facharzt Erik hat die Nacht nach dem Trennungs-Showdown auf der Couch verbracht, „Bauer sucht Frau“-Gewinnerin Antonia Kathas Tränen getrocknet und Basler-Gattin Doris auf Paartherapeutin umgeschult: „Dieser Streit hat ein Level, ich würde das Haus verlassen“. Mit Trennungsszenarien kennt sie sich natürlich aus. Sofern die On-Off-Erzählungen von Mario Basler zutreffen, ist die Basler-Lebensabschnittsbeziehung ungefähr so stabil, unbelastet und krisenfrei wie die Liebe der Bundestagsfraktion von „Die Linke“ zu Sahra Wagenknecht.

Wipp du mir, so ich Dir

Bevor RTL die Besatzung der MS Sendezeitjunkies wieder in eine neue Spielrunde schickt, philosophiert Katha, der Richard David Precht des Sommerhaus-Kaders, ob sie ihre Beziehung zu Deutschlands zweitgrößter Mode-Hoffnung nach Jorge González, Dr. Sindsen, überhaupt noch möchte: „Vom Herzen her natürlich, aber irgendwann muss man auch mal nachdenken“. Das ist im Prinzip so, wie die Liebe der Regierungskoalition zu Olaf Scholz. In der Spielscheune geht es dann auf einer riesigen Wippe um Balance und 10 Gegenstände. Ein Wipp-Spiel. Genau das richtige für Dr. Sindsen, der sich ja für einen Super-VIP hält. Auch Kader Loth ist sich sicher: „Es gibt bestimmt eine Lösung, sonst hätten sie uns ja nicht vor die nackten Tatsachen, also hätten sie uns gar nicht antreten dürfen.“

Als sich nach diesem Satz die Synapsen in meinem Sprachzentrum wieder einigermaßen zurücksortiert haben, ist eine halbe Stunde vergangen und mein IQ hat sich um 20 Prozent reduziert. Inzwischen hat sich das harmlose Spiel zu einem echten Beziehungskiller entwickelt. Statt Erfolge hagelt es paarübergreifend Beschimpfungen. Selbst das Lieblingspaar von „Baywatch Berlin“, Stefarina, verzweifelt. Gut für Ehepaar Mölders, die mit einer mittelmäßigen Performance den Sieg einfahren können.

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Spielanalyse im Sommerhaus der Genies

Während der anschließenden Taktik-Analyse bricht Dr. Sindsen heulend im Schoß seiner Katha zusammen. Er möchte nicht versagen und schon gar nicht rausfliegen. Auch im Tränenmeer des Versagens gilt die Hauptsorge weiterhin möglicher entgangener Airtime. Das kommt nicht bei allen gut an. Der Münchener Fußball-Gott Sacha Mölders etwa attestiert: „Kindergeburtstag! Die streiten sich, dann lecken die sich ab. Das habe ich mit einem Mädchen gemacht, da war ich zwölf“. Mein Mitgefühl an dieser Stelle an alle Mädchen, die sich Ende der 90er von der zwölfjährigen „Wampe von Giesing“ haben ablecken lassen müssen.

Aber auch Antonia (nicht aus Tirol, sondern vom Bauern) ist sofort noch getriggerter als AfD-Fans, wenn Disney ankündigen würde, dass nach Arielle die Meerjungfrau jetzt auch noch Peter Pan von einem schwarzen Schauspieler dargestellt wird: „Da kommt man sich verarscht vor, wenn man jemanden den ganzen Tag tröstet“ Selbst Mario Basler ist empört: „Das ist doch Volksverarsche!“ Zum Glück reagiert Stephen Dürr geistesgegenwärtig und lenkt mit einem geschickten Ausflug ins misogyne Mansplainig ab. Seine Frau Katharina raucht zu Hause „etwa fünf Zigaretten am Tag“, im Sommerhaus aber „so zehn“. Stephen, der Frank Thelen der Multiplikationswissenschaften, fasst zusammen: „Das ist eine Steigerung um 100 Prozent“. Potzblitz, denkt da Marcel Maderitsch zu Hause in Bad Werwardasnochmal: „Hat der einen Taschenrechner ins Haus geschmuggelt?“

Maderitsch, das nur für alle, die 2003 noch zu jung oder zu schlau für die erste Staffel „Bachelor“ waren, hatte Katharina Dürr damals beinahe die letzte Rose überreicht. Katharina (damals noch nicht Dürr, also jedenfalls vom Namen her) stand damals selbst kurz vor einer respektablen TV-Karriere, gestand der BILD-Zeitung dann aber versehentlich, mit wie vielen Männern sie schon Sex gehabt hatte – und konzentrierte sich anschließend im Wesentlichen darauf, bei Partys von Michael Ammer immer als letzte zu gehen.

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Pipigate nach Stephen Dürrs Putzattacke

Um im Sommerhaus bleiben zu dürfen, setzt Dr. Sindsen auf den berühmten letzten Strohhalm. Jemand anders ist noch unbeliebter als er: „Ich kann nur beten, dass Mario Stephen mehr hasst als mich und ihn wählt“. Stephen möchte die drohende Auflösung seines Mietvertrags mit einer spontanen Putz-Orgie abwenden. Leider pinkelt ihm DSDS-Beifang Cosimo Citiolo nur Sekunden nach erfolgter Komplettreingung des einzigen Klos im Haus im Stehen die Laune aus den fleißigen Hausmann-Ärmchen: „Der hat doch keinen Anstand!“ Ähnliches könnte man womöglich auch von Patrick Romer behaupten. Der Bauer hat zwar seine Frau gefunden, urteilt seine Antonia aber gerne vor der gesamten Nation ab: „Du sagst, Du hast überall Cellulite, aber woher soll es straff werden, wenn man keinen Sport macht“. Woher der nächste Beischlaf kommen soll, wenn man keine Manieren hat, darüber macht sich der zweitschönste Bauer Deutschlands nach Ralf Bauer augenscheinlich keinen Kopf.

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Landwirt-Charmeur Patrick hat aber noch mehr Perlen der Liebesbekundungen im Repertoire: „Als ich Antonia kennengelernt habe, hatte Haare bis zur Hüfte, jetzt hat sie Haare bis zu den Schultern. Das ist wie einen getunten Golf kaufen und danach baust Du das Tuning ab“. Ich persönlich finde ja, als Erstes sollten bei Patrick mal die Kultiviertheit seiner Umgangsformen getunt werden, aber ich bin natürlich auch keine KFZ-Expertin.

Bevor noch ein weiteres Paar spontan die Scheidungspapiere einreicht, schickt RTL alle bislang sieglosen Turteltäubchen zum kollektiven Sackhüpfen, oder wie man bei Kader und Ismet sagen muss: Sack-Schleichen. Am Ende wird Team Sindsen das goldene Sieger-Hufeisen aus der Schlammgrube schürfen und kann sich kurz vor der praktisch sicheren Nominierung noch retten. Zur Belohnung wünscht sich Niveau-Papst und Testosteron-Tankstelle Dr. Sindsen von seiner Katha Hormonentlastung. Er war gut im Sackhüpfen, also hüpft jetzt natürlich sein … ach egal. Sindsen jedenfalls drückt es so aus: „Heute darf ich aber mal ran!“ Katha hat allerdings überraschend keine Lust auf Primetime-Sexfilmchen und rasiert den erotisch hochgepeitschten Eric mit: „Da hätte ich lieber verloren!“

Es ist vorbei, bye bye Dürremond

Die Niederlage beim Sexbetteln trübt Dr. Sindsens Höhenflug nach dem Sackhüpfen-Triumph jedoch nur unmerklich. Triumphierend wechselt der selbstgekrönte Monarch des Königreichs Ostwestfalen in den Hoheits-Modus. Das bekommt vor allem Sascha zu spüren, dem seine Majestät King Sindsen unterstellt, er würde unter der Fuchtel seiner Frau stehen („Sascha ist das Hündchen von Ivonne“). Mölders reagiert souverän patzig und ersucht den King des Sackhüpfens, einfach nicht mehr mit ihm zu sprechen.

Als die acht Paare mit der größten TV-Zukunft in ganz Bocholt zur Nominierung schreiten, sind nach diversen Gewinnschleifen nur noch Familie Dürr, Kader und Ismet, Ehepaar Mölders und die Baslers. Als das eindeutig unbeliebteste nicht gesicherte Paar entpuppen sich Fluppenprinzessin Katharina und Haar-Model Stephen, bei dem ich mich stets frage: Benutzt er 43 Dosen Haarspray pro Tag oder ist seine Frisur aus Fieberglas? Alle sechs anderen Paare jedenfalls entscheiden sich in einer denkwürdig eindeutigen Abstimmung für die Hamburger Frohnaturen mit Abspaltungshintergrund. Oder wie Ivonne die Wahl begründet: „Die sitzen den ganzen Tag woanders, machen nur ihr Alleine-Ding und seinen Humor verstehe ich auch nicht“. Humorseitig betrachtet kann ich da nur hoffen, Ivonne Mölders findet nie diese Kolumne. Die einzige Stimme, die nicht an Stefarina geht, kommt von Stefarina selbst und geht an Kader Loth und Ismet.

Kurz bevor Stephen-Antagonist Mario ob des vernichtenden 6:1 gegen seinen Erzrivalen in Jubelgeschrei ausbrechen kann, spielt RTL noch einen überraschenden Trumpf aus der Hinterhand: Statt direkter Dürr-Demission müssen die beiden Paare mit den meisten Stimmen am Folgetag in einer Exit-Challenge gegeneinander antreten und um den Verbleib im Sommerhaus kämpfen. Finanzanalystin Katha erfasst die Gesamtlage als erste: „Stephen kommt zurück!“ Auch ein schöner Titel für eine Pressemeldung von „Unter Uns“, liebes RTL, aber anderes Thema. Diesen Schock muss das Ensemble erstmal verkraften. Nichts mehr im Loth auf der Andrea Dummbohria. Der Rest des Abends plätschert dann mit verschiedenen nominierungstaktischen Erklärungsrunden dahin. Folge Fünf jedenfalls wird damit beginnen, dass entweder Stephen und Katharina Dürr oder Kader Loth und Ismet das Sommerhaus nach einem quotentechnisch hoffentlich heilsamen Showdown verlassen müssen. Ich werde berichten. Bis dann!

"Sommerhaus der Stars" 2022: Ist die Beziehung zwischen Eric und Katha toxisch?

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