Mit Windhund-Geschwindigkeit energieautark

Benjamin Grabherr hat auf sein Haus inHöchst eine PV-Anlage montiert.

Österreichhat 2022 bei Sonnenstrom erstmals die Gigawatt-Marke geknackt. Auch inVorarlberg hat die Photovoltaik als Energiequelle großes Ausbaupotenzial. Derüberwiegende Teil der geeigneten Dächer im Land ist noch „oben ohne“.Allerdings geht der Ausbau gut voran, die Nachfrage nach Photovoltaikanlagenist riesig. Benjamin Grabherr ist einer jener Personen, die sich in Vorarlbergeine PV-Anlage aufs Dach montiert haben. Mit den VN sprach der 35-Jährige ausHöchst über den Prozess vom Antrag bis zur Montage, die langfristigenfinanziellen Vorteile und was er gerne vor dem Projekt gewusst hätte.

Grabherr hat im Zugeeines Neubaus entschieden, ergänzend mit einer Wärmepumpe, die PV-Anlage zuinstallieren. „Die Wärmepumpe läuft ja mit Strom. Im Prinzip haben wir nuneinen kleinen abgeschlossenen Kreislauf“, sagt er. Mit der Indachanlage kann imJahr etwas mehr als zehn Megawattstunden gewonnen werden. Das entspricht etwadem, was die Familie im Jahr an Strom benötigt. Im Winter müsse zwarzusätzlicher Strom zugekauft werden. „Mit der Wärmepumpe kann ich im Sommeraber auch kühlen“, sagt Grabherr. Denn in der sonnigen Jahreszeit herrschteigentlich immer ein Überschuss. Über das Jahr gesehen ist der vierköpfigeHaushalt – Grabherr ist verheiratet und hat einen fünfzehnjährigen und einensieben Monate alten Sohn – also energieneutral.

Preisegleichen sich an

Finanziellbringt die PV-Anlage Vorteile. „Die Kostensache ist so ein Thema. Prinzipiellmachen die Preise ja momentan, was sie wollen“, berichtet der Höchster. Imletzten Jahr ist die Familie aufgrund der geopolitischen Lage und den damitverbundenen Preis­steigerungen gut gefahren. „Der Marktpreis ist extrem gestiegen. Gleichzeitig warder Preis für den zugekauften Strom verhältnismäßig auf einem niedrigen Niveau.Für alles, was wir eingespeist haben, bekamen wir einen sehr guten Preis.“Dadurch konnte die Familie schon einen Teil der Anlage abbezahlen. Dabei handlees sich aber um ein verzerrtes Marktbild. Ab April wird das Verhältnis zwischenStrompreis und Gewinn durch Einspeisung wieder bei etwa 1:1 liegen. Die Familiehat bei ihrem Neubau aber auch auf eine Indachanlage gesetzt. „Das heißt, wirhaben uns einen Teil der Dachhaut sparen können. Was uns beim Bauen preislichentgegengekommen ist.“

Zeit ist Geld

Grabherrhat 2021 die Bundesförderung über die Abwicklungsstelle für Ökostrom (OeMAG)beantragt. Rein die Investitionsförderung, die man für das Erstellen seinerAnlage bekommt, beträgt rund 15 Prozent. Der Anmeldungsprozess kann jedoch die größte Hürde im Prozess fürPrivatpersonen darstellen, wie Grabherr berichtet: „Es funktioniert nach demWindhundprinzip. Das heißt, man muss möglichst schnell sein, damit manüberhaupt in den Fördertopf kommt.“ Letztes Jahr hat er erneut einen Antraggestellt, diesmal für seine Mutter. „Die Anträge sind explodiert und der Topfwar nicht groß genug. Das heißt, dass ein Teil der Interessierten rausgeflogenist.“ Vor allem für Menschen, die nicht mit der EDV versiert sind, ist es einegroße Herausforderung, innerhalb weniger Minuten alle Daten einzugeben, umüberhaupt eine Chance zu haben, in das System reinzukommen.

Wer es geschaffthat, sollte einige Fristen im Auge behalten. „Zu dem Zeitpunkt, wenn man denFörderantrag stellt, muss die Anlage auch schon – zumindest das grobe Gerüst –geplant sein. Schon vorab müssen beim Netzbetreiber Daten zumEinspeisezählpunkt eingeholt werden. Auch später gibt es noch Deadlines, etwazur Fertigstellung“, berichtet Grabherr. Hier soll es in Zukunft aberErleichterungen geben.

Aufbau imEigenbau

Wennman eine PV-Anlage im ­Eigenbau errichtet, sollte man sich also gut damitbeschäftigen. So wie Grabherr. Der Entwicklungstechniker baute sie inEigenregie auf. Die Arbeitsleistung einer Firma
ist somit entfallen. Mittlerweilewürde er sogar noch mehr PV-Fläche installieren, rät er anderen Interessierten:„Es ist schon ein befriedigendes Gefühl, wenn die Sonne scheint, man auf seineApp schaut und sieht, wieviel Energie gerade runterkommt, die man auch nutzenkann.“

Nicht zuletzt istauch der Umweltgedanke zentral gewesen. „Es ist wahrscheinlich nirgendwobequemer, etwas für den Klimaschutz zu machen. Die Solaranlage arbeitetgrundsätzlich für sich selbst“, sagt er. „Mit jedem Neubau entziehe man zudemder Landschaft einen Teil der Grünfläche. „Wenn ich mit einer PV-Anlage dieseverdichtete Fläche wenigstens so nutzen kann, dass ich grüne Energie herstelle,ist es eine Win-win-Situation.“

ZügigerAusbau in Vorarlberg

DasLand Vorarlberg hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 seinen gesamtenStromverbrauch aus erneuerbaren Quellen zu decken. Photovoltaik wird dabei einebesonders wichtige Rolle spielen. Photovoltaik und Windenergie gelten lautWeltklimarat IPCC als die zwei wichtigsten Technologien, um die Erderwärmung zustoppen, die durch das Verbrennen fossiler Brennstoffe verursacht wird. InGesamtösterreich hat sich die neu installierte Leistung 2021 gegenüber 2020verdoppelt.

Der Ausbau hin zumumweltfreundlichen Sonnenstrom geht aber auch in Vorarlberg voran. Bis 2030soll die Stromproduktion auf 330 GWh gesteigert werden. Das entspricht demStromverbrauch von rund 95.000 Vorarlberger Haushalten. 2020 trugen PV-Anlagenim Land etwa fünf Prozent bei, informiert Wolfgang Seidel, Sprecher desEnergieinstituts Vorarlberg. Insgesamt wurden 2020 etwa 118 GWh erzeugt unddavon rund die Hälfte ins Netz eingespeist und die andere Hälfte direkt selbstverbraucht. „Das war fast ein Fünftel mehr als im Jahr davor“, sagt Seidel denVN. 2021 wurden PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 30 MW zugebaut. Dasentspricht einer Vergrößerung des gesamten Bestands um fast 25 Prozent.

Strombedarfvon 12.000 Haushalten

Nebender Klimakrise wurden durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine auchEnergieautonomie und Sicherheit wieder zentraler in die Debatte gerückt. Nichtzuletzt sind die hohen Strompreise für Privatpersonen ein Grund, sicheingehender mit der Möglichkeit einer eigenen PV-Anlage zu beschäftigen.Prognosen gehen davon aus, dass im Vorjahr in ganz Österreich neuePhotovoltaikanlagen mit einer Spitzenleistung von 1000 bis 1400 Megawattdazugekommen sind. Das entspricht ungefähr der Leistung der drei bis fünfgrößten Donaukraftwerke Österreichs.

Der immense Zubaukönnte auch in Vorarlberg noch stärker ansteigen, betont Seidel und liefertweitere Zahlen: „2022 erhielten in Vorarlberg PV-Anlagen mit einerGesamtleistung von fast 43 Megawatt eine Förderzusage vom Bund. Allein dieseAnlagen werden den Strombedarf von rund 12.000 Haushalten decken.“ Vertreterder PV-Branche drängen nun auf einen raschen Ausbau der Stromnetze. Denn inmanchen Gebieten würden die Netzbetreiber bei neuen PV-Anlagen die Einspeisungablehnen, weil die Trafostation an ihrer Kapazitätsgrenze ist und den Stromnicht abtransportieren kann.

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