Das halten die Deutschen von Politik im "Tatort"

Es ist „Tatort“-Sommerpause – und daher keine Möglichkeit, jeden Sonntag über den ARD-Krimi zu motzen. Zuschauer beschweren sich oft über Sozialkritik in den Filmen, oder wirkt das nur so? Eine Umfrage gibt Aufschluss.

Auch bei t-online finden sich regelmäßig Artikel, die die Reaktionen zum beliebtesten Krimiformat Deutschlands zusammenfassen. „So reagieren Zuschauer auf den ‚Tatort'“ ist dann zum Beispiel am Montagmorgen auf unserer Website zu lesen. Darin sind häufig Kommentare aus den sozialen Netzwerken zu finden und diese haben es manchmal in sich – in positiver wie negativer Hinsicht.

„Der ‚Tatort‘ war sehr gut, weil er zeigt, was passiert, wenn mit der Miete Rendite gemacht wird“, hieß es zum Beispiel lobend zu einem Fall des Kölner Ermittlerteams im März. Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) tauchten tief ein ins Obdachlosenmilieu der Stadt. Zuschauer empfanden das als „bedrückend“, „tragisch“ oder „todtraurig“. Herrschte bei diesem Krimi weitgehend Einigkeit, sah es bei einem Fall des RBB zuletzt anders aus. 

„Eine solche Krimi-Politikpropaganda-Schmonzette hat sich nicht mal das Fernsehen der DDR im ‚Polizeiruf 110‘ abzuliefern getraut“, ätzte da ein Zuschauer über den „Tatort“, der sich mit dem Berliner Mietwucher befasst hatte. Dem hielt ein User entgegen, dass es sich bei der Handlung um „nötige Sozialkritik“ handle. Die Diskussion in den sozialen Medien ging hoch her – und landete wie so oft unter dem Hashtag #Tatort in den Twittertrends des Tages. 

t-online hat nun exklusiv eine Umfrage zu dem Thema beim Meinungsforschungsinstitut civey in Auftrag gegeben. Wir wollten wissen: „Sollte der ‚Tatort‘ Ihrer Meinung nach eher häufiger oder seltener sozialkritische Themen behandeln?“. Die Ergebnisse zeigen: Sozialkritik im „Tatort“ ist kein Selbstläufer, sondern ein Sujet, an dem sich in der Tat die Geister scheiden. 

Sozialkritik im „Tatort“? Eine Frage, bei der die Zuschauer sich nicht einig sind. (Quelle: civey im Auftrag von t-online)

Demnach wünscht sich jeder dritte Zuschauer, dass häufiger sozialkritische Themen behandelt werden. Insbesondere unter der Wählerschaft der Grünen und Linke ist dieses Bedürfnis ausgeprägt. Außerdem sind es mehr Frauen, die Sozialkritik gerne öfter sehen würden. Ein Viertel der Zuschauer wünscht sich hingegen, dass seltener sozialkritische Themen behandelt werden. Das Meinungsbild ist in der Frage also durchaus gespalten.

Nur Wähler von die Linke sind mehrheitlich dafür, dass sozialkritische Themen häufiger im „Tatort“ aufgegriffen werden. (Quelle: civey im Auftrag von t-online)

Mit der größten Ablehnung begegnen der Frage die Wählerinnen und Wähler der AfD. Fast 55 Prozent wollen seltener sozialkritische Themen im „Tatort“ sehen. Auch unter den FDP-Anhängern lehnt die Mehrheit einen politischen Unterbau im Sonntagskrimi ab, dahinter folgt die Wählerschaft von CDU und CSU, die immerhin zu 37,6 Prozent sagt, solche Themen sollten seltener auftreten.

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Im Schnitt schauen am Sonntag mehr als sieben Millionen Menschen den „Tatort“. Dementsprechend erwartbar ist es, dass diese Menschenmenge bei politischen oder sozialkritischen Themen uneinig ist. Doch auch ein anderer Aspekt ist in dieser Diskussion nicht zu vernachlässigen: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sieht sich immer wieder Vorwürfen ausgesetzt, vermeintlich „links“ im politischen Meinungsspektrum zu stehen. Zuletzt sorgte der CDU-Politiker Hans-Georg Maaßen mit seiner Forderung nach Gesinnungstests für Journalisten der „Tagesschau“ für Aufsehen – mehr dazu lesen Sie hier.

Der „Tatort“ läuft immer nach der „Tagesschau“ am Sonntag – und bedient laut Medienexperten häufig das Bedürfnis nach Zerstreuung und Ablenkung. Wenn ein Krimi also plötzlich mit Themen über Obdachlosigkeit oder Wohnungsknappheit daherkommt, könnte er womöglich auch deshalb für Unmut sorgen, weil der Film die Erwartungen des ARD-Publikums bricht.

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