So überwand er seine Panikattacken

Mit "Another Love" (2013) gelang Tom Odell (30) gleich zu Beginn seiner Karriere sein bislang größter Hit, in Deutschland hielt sich der Song über ein Jahr in den Charts. Doch der Erfolg forderte seinen Tribut. Der Brite arbeitete nahezu ohne Pause an neuer Musik. Die Folge: Ende 2019 fing Odell an, mit psychischen Problemen zu kämpfen. Diese arbeitet er in seinem neuen Album "monsters" auf, das am 9. Juli erscheint. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news spricht der 30-jährige Sänger über seine Panikattacken und darüber, welche Rolle Geld in seinem Leben spielt. Außerdem verrät er, warum TikTok sein liebstes soziales Netzwerk ist und wie es dazu kam, dass er ein Musikvideo im Wembley-Stadion drehte.

Ihr neues Album heißt „monsters“. Welche Monster gab und gibt es in Ihrem Leben?

Tom Odell: Ich habe den Titelsong "monster" über den Versuch geschrieben, meinen Kampf mit Panikattacken zu überwinden. Lange Zeit hatte ich, wie viele Menschen, Angst, darüber zu sprechen, aber das Schweigen machte sie noch schlimmer. Und nachdem ich darüber geschrieben hatte, hatte ich das Gefühl, dass ich über alles schreiben könnte. Also begann ich, die Welt um mich herum zu betrachten und warum sie mir so viel Angst bereitete.

Für viele gelten psychische Probleme immer noch als Tabu. Warum ist es für Sie so wichtig, offen über das Thema zu sprechen?

Odell: Ich wusste lange nicht, wie ich über meine psychische Gesundheit sprechen sollte. Ich habe es geheim gehalten. Aber Reden ist die beste Medizin. Ich möchte, dass die Leute wissen, dass es mir so geht und dass es okay ist, darüber zu reden. Wenn andere Leute auch Probleme haben, sollen sie sich nicht scheuen, mit jemandem darüber zu reden. Ich glaube, es wird immer noch zu viel mit den Augen gerollt. Das habe ich aus erster Hand mitbekommen. Aber die Augenroller liegen falsch!

Einer der Auslöser für Ihre psychischen Probleme war Ihre Arbeitsmoral. Wie haben Sie nun zu seiner gesunden Arbeitsmoral zurückgefunden?

Odell: Meine Freundin ist sehr gut darin, mich dazu zu bringen, mit der Arbeit aufzuhören! Sie sorgt sich so sehr um mich. Ich habe Glück, mit ihr in einer Beziehung zu sein. Sie ist unglaublich. Ich versuche jetzt, weniger Stunden zu arbeiten und mir Tage freizunehmen. Ich finde sogar, dass es seltsamerweise produktiver ist, weniger Stunden zu arbeiten. Ich bin fokussierter.

Wie sind Sie mit Ihren psychischen Problemen umgegangen?

Odell: Schlecht. Ich habe zu viel Alkohol getrunken. Ich habe noch mehr gearbeitet, um nicht allein zu sein oder zu schweigen. Ich war ein Lehrbuchbeispiel dafür, was man nicht tun sollte, wenn man Panikattacken bekommt. Ich hätte aufhören sollen. Ich hätte freundlicher zu mir sein sollen. Ich hätte mehr darüber reden sollen. Jetzt habe ich ein Album gemacht. Das ist wahrscheinlich alles, was ich kann!

Für das Musikvideo zu „monster vs.2“ haben Sie Ihre Fans gefragt, was für sie das Wort „Monster“ bedeutet. Was hat Sie daran am meisten berührt?

Odell: Was mich erstaunt, ist: Wenn man ehrlich in die Welt hinausgeht, fangen die Leute auch an, ehrlich zu sein. Das ist so schön! Das "monster"-Video war so bewegend, als ich es das erste Mal sah, nachdem ich es zusammengestellt hatte. Es fühlte sich toll an, mit den Leuten nach den langen Lockdowns ins Gespräch zu kommen.

Das Video zum Song „lose you again“ haben Sie im Wembley-Stadion gedreht. Wie kam es dazu?

Odell: Nachdem ich so viel für das Album und die Videos bei mir zu Hause gemacht habe, habe ich in letzter Zeit nach jeder Möglichkeit gesucht, um rauszukommen … Ich dachte, was wäre der übertriebenste Ort, an dem wir ein Musikvideo drehen könnten? Wembley? Wir haben gefragt und zu meiner Überraschung haben sie Ja gesagt. Ich glaube, der Platzwart war ein Fan.

Einer Ihrer neuen Songs heißt „money“ – ein Thema, über das viele Menschen nicht gerne sprechen. Welche Rolle spielt Geld in Ihrem Leben?

Odell: Die Sache, die ich über Geld gelernt habe, ist, dass es egal ist, wie viel man hat, es wird einem immer das Gefühl gegeben, nicht genug zu haben. Ich denke, aus vielen Gründen, auf die ich nicht eingehen muss, leben wir in dieser Welt, die materiellen Wohlstand über alles stellt. Man muss erfolgreich sein! Man muss erfolgreich sein und es dann der Welt zeigen, damit sie applaudieren kann. Ich spüre diesen Druck. Und es macht mich wütend. Denn die Reichen werden immer reicher und die Armen werden ärmer … Wie auch immer, lassen Sie mich nicht damit anfangen.

Sie haben das Album im Lockdown aufgenommen. Hat diese Situation die Songs beeinflusst?

Odell: Ja, das hat sie. Ich habe mit den Aufnahmen des Albums begonnen, kurz bevor die Pandemie im März losging. Ich habe die Aufnahmen in einem großen Studio gestartet und musste dann in meine winzige Hütte am Ende meines Gartens umziehen. Das war nicht so gut geeignet, aber als ich dann etwas mehr Equipment gekauft hatte, um damit zu arbeiten, habe ich es schließlich geliebt. Die Arbeit in der Isolation war eine Zeit lang großartig, aber dann haben wir das Album wieder in einem normalen Studio fertiggestellt.

Durch die Pandemie konnten keine großen Konzerte stattfinden. Hatte diese Auszeit für Sie auch einen positiven Effekt?

Odell: Ja, auch wenn es jetzt schon zu lange andauert. Ich liebte die Ruhe und den Frieden, an einem Ort zu bleiben. Aber jetzt vermisse ich es, etwas anderes mit meinen Abenden anzufangen. Live-Spielen gibt einem Energie! Es gibt einem das Gefühl, lebendig zu sein – auf eine Art und Weise wie kaum etwas anderes. Ich kann es nicht erwarten, wieder auf Tour zu gehen. Ich kann es nicht erwarten, wieder ein wenig loszulassen.

Im Lockdown konnten Sie auch viel Zeit mit Ihrer Freundin verbringen. Für viele Paare war das eine Feuerprobe, bei manchen gab es etwa mehr Streit. Wie war es bei Ihnen?

Odell: Haha, was für eine persönliche Frage … Es war großartig, es war perfekt. Aber ich frage mich, was meine Freundin sagen würde, wenn man ihr die gleiche Frage stellen würde?

Sie sind ein großer Fan von Billie Eilish. Würden Sie gerne mal mit ihr zusammenarbeiten?

Odell: Das würde ich sehr gerne! Ich sollte letztes Jahr mit Finneas (O'Connell, Bruder von Billie Eilish; Anm. d. Red.) arbeiten, aber es hat nicht geklappt. Vielleicht schaffe ich es später in diesem Jahr, nach L.A. rüberzukommen.

Sie haben vor Kurzem TikTok für sich entdeckt. Was begeistert Sie an TikTok?

Odell: Ich liebe die Tatsache, dass es so musikzentriert ist! Es ist aber auch ein verdammtes Chaos! Es fühlt sich an wie das Internet in den frühen 2000er Jahren, bevor die ganzen Idioten anfingen, jeden Zentimeter davon zu monetarisieren. Es fühlt sich irgendwie punkig und unreguliert an. Ich liebe es einfach. Mein liebstes soziales Netzwerk bisher!

Ihr Song „Another Love“ ist nach seinem großen Erfolg auch noch zu einem TikTok-Hit geworden. Wie stolz sind Sie noch immer auf Ihren Song?

Odell: Ich denke, es ist ein großartiger Song. Er ist roh und ehrlich. Ich bin so stolz darauf, ihn geschrieben zu haben. Und er wächst immer noch. Er findet neues Publikum. Wie toll ist das!

2022 werden Sie auf Tour durchs Vereinigte Königreich gehen. Werden Sie bald auch mal wieder nach Deutschland kommen?

Odell: Ja, wir versuchen, so schnell wie möglich eine Europa-Tournee zu organisieren. Hoffentlich Anfang des nächsten Jahres!

Was sind Ihre privaten und beruflichen Pläne noch für dieses Jahr?

Odell: Ich nehme mir den August frei. Ich schalte mein Telefon ab und checke aus. Ich werde hoffentlich reisen, ein paar Bücher lesen, etwas lernen. Ich hing in diesem Jahr sehr viel Zeit an meinem Telefon. Das ist anstrengend.

Hilfe bei Depressionen bietet die Telefonseelsorge unter der kostenlosen Rufnummer: 0800/111 0 111

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