"Frage mich, warum sich viele Menschen keine Gedanken machen"

Cassandra Steen hat ein besonderes Lied geschrieben – über ein Thema, das ihr sehr am Herzen liegt. Wie es dazu kam und warum der Song dringend Aufmerksamkeit erregen soll, erzählt die Musikerin t-online im Interview.

Die Klimakrise und ihre Konsequenzen bringen heimische und weltweite Wälder in Gefahr. Das belegen immer wieder Studien zum Thema Waldsterben. Doch ohne Wald gibt es kein Leben mehr. Deshalb unterstützt Cassandra Steen die Waldschutzaktion „Flora Musica“ der Naturschutzorganisation WWF und hat dafür eine Waldhymne geschrieben, um einen emotionalen Zugang zu der Thematik zu schaffen und auf die Schönheit und die Kraft des Waldes aufmerksam zu machen.

Im Interview mit t-online erzählt Cassandra Steen, die mit der Band Glashaus berühmt wurde und zuletzt bei „The Masked Singer“ als Leopardin Zweite wurde, mehr über ihren Bezug zum Wald und berichtet, was sie an ihren Mitmenschen häufig stört.

Cassandra Steen: Meine ganze Familie ist sehr naturaffin. Ich habe außerdem eine der wenigen Ökologieschulen besucht hier in Baden-Württemberg, an der ich meinen Abschluss gemacht habe. Da ging es schon um den Erhalt des Waldes vor allem in Deutschland. Das hat mich einfach interessiert und war – mal abgesehen von Chemie – wirklich spannend.

Können Sie heutzutage so viel Zeit im Wald verbringen, wie Sie es gerne würden?

Ich kann gerade sehr viel Zeit im Wald verbringen. Ich habe Anfang des Jahres ein Pferd geerbt und bin mit ihm öfters im Wald, gerade jetzt bei dem warmen Wetter. Auch mit den Hunden gehe ich da sehr gerne spazieren. Aufgrund der Corona-Pandemie ist natürlich aktuell sehr viel los im Wald, jeder nimmt den Wald in Anspruch.

Diesbezüglich gibt es Berichte, dass durch Corona auch viel mehr Müll im Wald liegen gelassen wird. Sind Sie jemand, der aufsammelt, was andere Menschen nicht mitnehmen?

Wenn ich was finde, dann nehme ich es auf jeden Fall mit. Durch die Hunde bin ich ausgestattet mit Mülltüten. Aber an sich ist es wichtig, dass die Menschen Eigenverantwortung übernehmen und ihnen aber auch das Bewusstsein nähergebracht wird, dass der Wald nun mal keine Müllhalde ist. Es ist Natur und wir müssen aufpassen, dass wir sie nicht noch mehr schädigen.

Sind Sie schon mal auf Menschen zugegangen, die Sie dabei erwischt haben, wie sie Müll in die Natur geworfen haben?

Bis jetzt nicht, aber ich würde das auf jeden Fall ansprechen. Dabei muss man ja nicht gleich aggressiv werden. Es ist immer so eine Sache, wie etwas rüberkommt. Ich will im Wald eigentlich entspannen und nicht unbedingt Stress mit Leuten anfangen. Das ist nicht Sinn der Sache. Aber einfach darauf aufmerksam zu machen, dass man seinen Müll mitnehmen soll und der im Wald nichts zu suchen hat, das sollte schon okay sein. Ich frage mich sowieso, warum sich viele Menschen gar keine Gedanken darüber machen, man wird ja heutzutage eigentlich mit Informationen überflutet.

Sie haben für die WWF-Aktion „Flora Musica“ eine Waldhymne geschrieben und komponiert, in der es um die Schönheit der Wälder und ihre Schutzbedürftigkeit geht. Wie ist die Idee dazu entstanden?

Der WWF hat mich gefragt, ob ich Interesse daran hätte und ob mir dazu etwas einfallen würde. Ich meinte dann, ich würde es probieren und habe mich mit Clara Louise aus Österreich über Facetime besprochen. Sie ist eine wahnsinnstolle Schreiberin und wir sind dann gemeinsam dazu gekommen, das Ganze auf Englisch zu machen.

Cassandra Steen: Sie ist schon seit Jahren Botschafterin für den WWF. (Quelle: WWF)

Warum haben Sie sich für eine englische Hymne entschieden?

Einfach weil es überall Wälder gibt. Der Fokus liegt aber auf dem deutschen Wald, der leider ein bisschen das Nachsehen hat.

Inwiefern?

Es gibt einfach zu wenige Mischwälder und die sind auch noch alle angegriffen. Auch weil vielen Menschen das Grundwissen darüber fehlt, was überhaupt in einem Wald passiert und dass Bäume lebensnotwendig für uns sind. Genauso wie der Wald, sind wir auch nur ein Teil dieser Welt und wenn wir da nicht ordentlich nachziehen und aufpassen, dann entstehen noch mehr Probleme als wir schon haben. Ich glaube, das braucht niemand.

Wenn Sie könnten, was würdest Sie als Pflichtlektüre zum Thema Wald erklären?

Das ist eine sehr gute Frage. Dazu fäll mir direkt ein Buch ein: „Der Wald“ von Peter Wohlleben. In dem Buch wird gut erklärt, wie der Wald funktioniert und wie die Bäume zusammenleben.

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    Okay, warum genau dieses Buch?

    Er bringt alles sehr sympathisch rüber, was ich ja immer sehr wichtig finde. Der Mensch soll sich nicht als böses Wesen empfinden. Ihm soll einfach bewusst werden, dass man gut noch mal ein bisschen was dazulernen kann. Es ist einfach erklärt, das ist eben auch wichtig.

    Was tun Sie sonst konkret, um die Umwelt zu schützen und zu erhalten?

    Ganz verschiedenes. Ich informiere mich weiter. Ich versuche Plastik auf jeden Fall zu reduzieren. Ich möchte einfach kein Plastik in meinem Essen. Oder besser: so wenig wie möglich, denn vorhanden ist es ja sowieso schon überall. Das ekelt mich einfach an. Es wäre meiner Meinung nach auch wichtig, schon im Kindergarten anzufangen, die Kinder mit in die Natur einzubinden. Man könnte mit ihnen auf Grünflächen Samen austeilen und ihnen erklären, dass sie auf diese Weise die Bienen und die Insekten unterstützen und schützen. Das ist nicht schwierig und stärkt das Bewusstsein schon bei den Kleinsten. Es macht auch Spaß und wenn alles blüht sind sie stolz und zeigen das sicherlich gerne Eltern und Großeltern und binden sie so auch mit ein. Immerhin geht es um die Zukunft der Kinder, es ist schon arg unausgeglichen.

    Ja, das wäre wirklich wichtig. Was denken Sie, welche positiven Eigenschaften können sich Menschen von Ihnen abschauen?

    Vielleicht allgemein, dass ich mich für Dinge einsetze, die mir am Herzen liegen. Wenn man sich weniger für das Thema Wald interessiert, kann man sich ja etwas anderes suchen, für das man sich einsetzt. Auch einfach die Offenheit, sich zu Themen weiter zu informieren und mit Experten zu sprechen, ist eine gute Eigenschaft.

    Was bereitet Ihnen gerade besonders große Freude?

    Gerade tatsächlich meine Hunde, das Pferd und der Wald. Und in nicht allzu ferner Zukunft freue ich mich dann auf das WWF-Konzert in Eberswalde am 26. Juni. Ich hoffe, dass das Wetter mitmacht. Es gibt schon einen Plan B, aber Sonnenschein bei diesem kleinen Akustikkonzert wäre natürlich schön. Ich freue mich auch insgesamt einfach mal wieder darüber, rauszukommen und Leute zu sehen.

    Ja, es tut sich wieder was auf den Straßen und Plätzen. Die Corona-Pandemie hat bei vielen das Bewusstsein gegenüber der Umwelt verändert. Wie ist da Ihr Eindruck?

    Ja und Nein. Ich bin gespannt, wie sehr das jetzt wieder mit dem Fliegen anziehen wird, jeder will jetzt in den Urlaub. Da denkt niemand daran, wie schlecht diese Art zu reisen für die Umwelt ist. Da denken die meisten nur Urlaub, Urlaub, Urlaub. Es wird noch zu wenig mit Bedacht gereist. Es muss irgendwie ein Mittelweg gefunden werden. Die Natur hat sich durch die Pandemie überall ein stückweit erholt, weil die Menschen eben nicht gereist sind. Jetzt wird wieder alles überrannt. Auch wenn man im Urlaub ist, sollte man Rücksicht auf die Umwelt nehmen.

    Allerdings. Was hat die Pandemie mit Ihnen persönlich gemacht?

    Sie hat viel gemacht, das einzige, was ich wirklich daran genossen habe, ist, dass hier tatsächlich weniger Flugzeuge über mir langgeflogen sind. Die Ruhe habe ich sehr genossen. Viel mehr Zeit hatte ich trotz allem nicht, das ist wirklich ein Luxusgut, auch während der Pandemie. Ich habe einfach versucht, viel Zeit mit der Familie zu verbringen, auch wenn das natürlich nur bedingt ging. Aber ich habe meine Großeltern oft besucht: Ich saß dann unten auf der Treppe und sie waren oben, um den Abstand einzuhalten. Ansonsten habe ich viel telefoniert und gefacetimet. Das Bewusstsein wurde ja nicht nur bei mir geweckt: Besprechungen funktionieren auch so wunderbar, man muss nicht immer überall hinreisen. 

    Cassandra Steen unterstützt die WWF-Aktion „Flora Musica“

    Mit der Aktion „Flora Musica“ lenkt der WWF ganz bewusst die Aufmerksamkeit auf den Wald, denn durch die Erderhitzung werden Wasserknappheit und Wetterextreme zum Dauerproblem, sodass der deutsche Wald kurz vor dem Klimakollaps steht. Die Dürren haben dem Wald stark zugesetzt, noch nie sind laut WWF so viele Bäume abgestorben wie 2020. Deshalb braucht es laut der Organisation dringend einen Paradigmenwechsel hin zu naturnahen Wäldern. So soll die Aktion zeigen, wie schön und wichtig der Wald ist.

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    Wer Lust hat, kann ein Video im Wald drehen und dieses beim WWF hochladen. Darin kann beispielsweise gezeigt werden, wo Sie sich im Wald am besten erholen können oder welcher Ihr Lieblingsbaum ist. Bis zum 16. Juni über diesen Link eingeschickte Clips können es ins offizielle Musikvideo zu Cassandra Steens Waldhymne schaffen. Wer es noch schafft, bis zum 10. Juni über diesen Link einen kurzen Clip hochzuladen, der hat sogar die Chance, Tickets für das WWF-Waldkonzert am 26. Juni 2021 im Forstbotanischen Garten in Eberswalde zu gewinnen, die nicht käuflich erworben werden können. Dort wird Cassandra Steen ihre Hymne auch erstmals live vor Publikum performen, denn noch ist nicht bekannt wie der Song klingt.

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