"Unsere wunderbaren Jahre" geht weiter – Das Glück der 1960er

Die Wolf-Werke haben sich gegen ihre Konkurrenz durchgesetzt und den Staatsauftrag erhalten. D-Mark-Rohlinge in Massen wird das Metallunternehmen aus Altena im Sauerland nach einem Besuch des Bundesfinanzministers liefern. Die Mitarbeiter, darunter viele italienische Gastarbeiter, jubeln. Ihre eigenwillige betagte Chefin Christel Wolf (Katja Riemann, „Der Überfall“) hat es wieder einmal geschafft. Doch nicht alles sieht so gut aus im Jahr 1967.

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Es herrscht Rezession in Westdeutschland und die Jugend strebt nach Revolte gegen das Establishment. Zudem bereiten der Unternehmerin ihre drei Töchter sowie nicht zuletzt ihr Enkel Winne (Damian Hardung, „Gestern waren wir noch Kinder“) Probleme.

Mit einem Sprung über mehr als ein Jahrzehnt beginnt die zweite Staffel von „Unsere wunderbaren Jahre“ nach dem Romanbestseller von Peter Prange. Die ersten beiden von sechs Folgen zeigt das Erste am Sonnabend um 20.15 Uhr.

Der Sender hatte 2020 mit der Staffel eins der Literaturverfilmung, die eine deutsche Zeitgeschichte mit einer Familiensaga vermitteln will, einen Erfolg gefeiert. Jeweils sechs Millionen Menschen schauten an drei Abenden zu, als es um Schuld und Zusammenbruch, Aufbauwillen und Lebenslust in der unmittelbaren Nachkriegszeit ging. Zehn Millionen riefen das von Elmar Fischer opulent inszenierte Melodram in der ARD-Mediathek ab.

Neben Riemann, die als kriegsversehrte Witwe des Patriarchen Eduard nach dessen Suizid Unternehmensführung erst zu lernen hatte, wirken nun auch Anna Maria Mühe („Totenfrau“) als Tochter Margot, Vanessa Loibl („ZERV – Zeit der Abrechnung“) als frustrierte Gundel und Elisa Schlott („Ramstein – Das durchstoßene Herz“) als in Ost-Berlin als Ärztin lebende Ulla wieder mit. Ebenso spielt Hans-Jochen Wagner („Tatort“) als Widersacher, Margots Ex-Mann und aus Südamerika zurückgekehrter Alt-Nazi Böcker erneut eine Rolle.

Dazu sind Newcomer zu erleben wie Hardung als aufmüpfiger Wolf junior, Omid Memar als dessen persischer Freund Bijan, Rocio Luz als starke argentinische Schönheit Gabriela und Ella Lee als Tochter des umtriebigen Bürgermeisters (Ludwig Trepte, „Tatort“-Episode „Marlon“).

Ihre Hauptfigur Christel zeichnet die 59-jährige Riemann mit weißer Turmfrisur als am Stock humpelnd, aber grimmig humorvoll und durchsetzungsstark. Damit wirft die neue Regisseurin Mira Thiel, zugleich Hauptautorin, ein Schlaglicht auf eine sich verändernde Gesellschaft. Christel, eigentlich eine traditionsbewusste Großbürgerin, setzt sich in einer männlich dominierten Branche durch. Was bei ihr allerdings lange auf Kosten der Beziehungen zu ihren Töchtern geht. Unverstanden fühlen darf sich etwa die kühle Margot, die sich nur schwer von NS-Ideen zu lösen vermag und als Personalchefin im Werk arbeitet. Deren Liebesleben beschränkt sich erst einmal auf eine Affäre in einem VW-Käfer der Polizei.

Ihr unehelicher Sohn Winne hasst Margot. Er stiehlt D-Mark-Rohlinge und startet im geklauten Auto nach Berlin, um mit Bijan gegen den Schah von Persien zu demonstrieren. Als Freigeist, der sein Firmenerbe keineswegs antreten will, findet er dennoch einen Draht zu seiner unkonventionellen Großmutter. Die zwingt ihn zum Praktikum bei Wolf. Als dort in der Unterkunft der Italiener ein Feuer ausbricht, weil diese – in der Kantine von den Deutschen unerwünscht – sich ihr Essen auf einem Öfchen selbst kochen, wird Winne zum Lebensretter.

Er freundet sich mit dem Arbeiter Matteo (Valerio Morigi) an. Derart – und noch mehr im Verlauf der Handlung – vermischen auch die neuen Folgen von „Unsere wunderbaren Jahre“ private Emotionen und soziale Umbrüche. Schöne Bilder und akzentuierende Musik, Tempo und jede Menge Dramatik eingeschlossen, bietet die Inszenierung Thiels einmal mehr guten Unterhaltungs-, aber kaum hohen Erkenntniswert. © dpa

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