Kinofilm "Stillwater": Amanda Knox schäumt wegen Parallelen zu ihrer Story

Filmdrama mit Matt Damon und Abigail Breslin

von Mireilla Zirpins

Amanda Knox findet das mit dem Film „Stillwater“ gar nicht lustig. Schließlich geht’s in dem Thriller mit Matt Damon und Abigail Breslin um eine US-Studentin, die während ihres Auslandsstudiums in Europa verhaftet wird, weil sie ihre Mitbewohnerin und Geliebte getötet haben soll. Na, klingelt’s? Genau, das klingt doch ziemlich nach den Schlagzeilen um Amanda Knox, von der Boulevardpresse auch gern „Der Engel mit den Eisaugen“ genannt, und um ihre ermordete Mitstudentin Meredith Kercher. Offenbar haben die Macher nie mit Amanda Knox gesprochen, geschweige denn um Erlaubnis gefragt, wie die heutige Journalistin in einem langen Artikel im „Atlantic“ beklagt. Die Filmstory ist fiktional – erfunden, aber doch deutlich an den Fall angelehnt, wie Regisseur Tom McCarthy („Spotlight“) zugibt. Wenn man den Film gesehen hat, versteht man Knox‘ Ärger – und schaut ihn doch gern, weil er auch einiges richtig macht.

Als arbeitsloser Fremder in Marseille passt Matt Damon erstaunlich gut

Das fängt mit Matt Damon an. Der Megastar spielt zurückgenommen den stiernackigen Bohrarbeiter Bill aus der US-Provinz, für den’s grad nicht so richtig läuft. Seinen Job hat er verloren, seine einzige Tochter Allison (Abigail Breslin) sitzt seit Jahren in Marseille im Knast ein, Tausende Kilometer von Stillwater, Oklahoma entfernt und rechtskräftig verurteilt, während des Auslandsjahrs in Frankreich ihre Mitbewohnerin erstochen zu haben.

Doch als Bill seine Tochter im Gefängnis besucht, geht’s plötzlich rund. Allison will, dass das Gericht den Fall neu verhandelt und ihre Anwältin einem heißen Hinweis nachgeht, den sie erhalten hat. Als die blasierte Rechtsverdreherin Bill abblitzen lässt, schreitet er selbst zur Tat. Ohne Französischkenntnisse, ohne einen Plan und ohne Kohle. Das einzige, was er hat, ist viel Zeit. Und in Maya, einem kleinen Mädchen im Nachbarzimmer des schäbigen Hotels in Marseille, eine neue Freundin, die für ihn einiges ins Rollen bringt. Ihre Mama, Theater-Schauspielerin Virginie (die warme Seele des Films: Camille Cottin) ist es, die Bill und Allison letztlich hilft. Sie kann übersetzen und weiß, wie’s läuft in der Stadt mit einer großen Schere zwischen Arm und Reich.

Lilou Siauvaud als neunjährige Maya ist prompt auch der heimliche Star des Films. Frech, charmant und kulleräugig mischt sie bei den Großen mit, als hätte sie nie was anderes gemacht. Und natürlich die Stadt Marseille, die Tom McCarthy wie eine Hauptdarstellerin ins rechte Licht rückt. Mit ihren versifften Plattenbauvorstädten, kontrolliert von der Drogenmafia, mit dem Fußballstadion, das Olympique Marseille regelmäßig zum Dampfen bringt, aber auch mit schicken Altbauten mit Blick über die Klippen in die Calanques, die felsigen Buchten, in denen das Meerwasser unverschämt blau leuchtet.

Die Story von "Stillwater" hat erstaunliche Parallelen zum Mord an Meredith Kercher

McCarthy nimmt sich Zeit für seine Figuren. Um uns zu überzeugen, dass es eine Mischung aus Helfersyndrom und linksliberalem Gewissen ist, die die adrette, leicht verstrahlte Aktrice den eher simpel strukturierten Bill unterstützten lässt. Dabei wird die Glaubwürdigkeit manchmal arg strapaziert, aber dann hat „Stillwater“ uns doch wieder mit seinen zahlreichen Plot Twists, auch wenn sie bisweilen vorhersehbar sind. Immer, wenn man gerade denkt, dass das Erzähltempo doch etwas zu gemächlich ist oder einmal zu oft gesagt wurde, dass „sowas nur in Marseille möglich ist“, holt uns eine neue Wendung wieder zurück.

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Abgesehen davon, dass „Stillwater“ den Focus auf die möglichen Täter und nicht auf das Opfer legt, ist das tote Mädchen Lina hier keine britische Erasmus-Studentin, sondern ein Mädchen aus Marseille mit Migrationshintergrund, das mit Allison nicht nur die Wohnung, sondern auch das Bett teilte. Die erste Mordtheorie der italienischen Ermittler im realen Fall ging davon aus, dass Amanda Knox und ihr damaliger italienischer Boyfriend Meredith Kercher bei einem aus dem Ruder gelaufenen Sexspiel getötet hätten – am Ende wurden die beiden freigesprochen. Aber im Kopf blieben vielen doch die sensationsheischenden Schlagzeilen.

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Auch wenn Tom McCarthy die Story aus dem italienischen Perugia nach Frankreich verlegt, sind die Parallelen doch mehr als deutlich. Er spielt geschickt mit der Erwartungshaltung der Zuschauer, die den wirklichen Fall zu kennen glauben. Um uns dann mit jeder Wendung zu zwingen, alles nochmal neu zu denken. Die Gefahr, dass wir daraus Rückschlüsse auf den realen Fall ziehen, besteht zumindest. Und lässt uns verstehen, warum dieser Film für Amanda Knox ein echter Aufreger ist.

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