Einmal um die Welt

Was amabgelegensten Ort der Welt so fasziniert? Warum mentale Stärke undDurchhaltevermögen überlebenswichtig sind und wieso Zeit manchmal etwasRelatives ist? Glashütte Original Markenbotschafter Boris Herrmann im Interviewüber seine nächsten großen Abenteuer auf hoher See, die neue Yacht sowie seinEngagement für die Meeresforschung.

Der gebürtige Oldenburger hat 2020 als erster Deutscherüberhaupt die Einhand-Regatta Vendée Globe beendet. Mit seinem neuen Bootbereitet er sich auf die nächste Weltumsegelung vor – und setzt gezielt aufeine weltweite Aufklärung zum Thema Klimawandel. 

In Hamburg fand vor einigen Wochen die Schiffstaufe IhresBootes statt. Was zeichnet diese neue spektakuläre Rennjacht aus? Die Malizia – Seaexplorer wurde mit dem Gedankenkonzipiert, sowohl für Einhandsegel-, als auch für Teamrennen tauglich zu sein.Mit unserem Design haben wir die Grenzen des Bootsbaus ausgetestet und eineneue Rumpfform entwickelt, die es erlaubt, viel geschmeidiger durch die Wellenzu segeln. Wir erwarten uns dadurch eine viel höhereDurchschnittsgeschwindigkeit als unsere Konkurrenten, was für langeRenn-Distanzen essenziell ist. Zudem haben wir jetzt die dreifache Anzahl anSolaranlagen installiert, sodass wir uns zu 100% auf erneuerbare Energienverlassen. Auch die Optik des Bootes, welches das große UN SDG Rad zeigt,vermittelt eine stärkere Botschaft. (Anm. d. Red.: SDG= Sustainable DevelopmentGoals der Vereinten Nationen)

Im Jahr 2020 nahmen Sie als erster Deutscher an derprestigeträchtigen Vendée Globe teil und belegten den fünften Platz. Hatten Siein der Zwischenzeit etwas Zeit, sich zu erholen oder fehlen Ihnen dieunendlichen Weiten der Ozeane? Ichhabe ziemlich lange gebraucht, um mich von dem verrückten Vendée-Erlebnis zuerholen, weil ich mich direkt danach gleich in ein neues Projekt geworfen habeund dadurch nie wirklich die Zeit hatte, alles zu verarbeiten. Gerade komme ichaus einer regenerativen Phase, in der ich wieder herunterkommen und Energietanken konnte. Ich freue mich nun sehr darauf, wieder zur See zu fahren. Aufdem neuen Boot zu segeln gibt mir viel Kraft und Motivation für das Kommende.

Sie bereiten sich bereits für die Teilnahme amweltberühmten Ocean Race 2022-23, einer siebenmonatigen Weltumsegelung, sowieeinen erneuten Start an der Vendée Globe 2024 vor. Würden Sie sagen, dass Siedurch diese Challenges einen Lebenstraum realisieren? Ja,das Ocean Race ist ein ikonisches Rennen und sicherlich träumt jeder Seglerdavon, einmal im Leben daran teilzunehmen. Die Chance, in einem von uns selbstgebauten Boot erst am Ocean Race und danach noch an der Vendée Globeteilzunehmen, ist definitiv ein großer Traum. Ich kann es kaum erwarten, dasBoot im südlichen Polarmeer im Ocean Race auszuprobieren, um dann die nächsteVendée Globe mit einem bereits getesteten Boot zu bestreiten. Hinzu kommt dasWissen aus meiner ersten Teilnahme. All das bringt uns in eine ziemlich gutePosition. 

Es reicht ja nicht, dass man gut segeln kann. Man mussdie Einsamkeit ertragen, hat kurze Schlafeinheiten von höchstens 1 Stunde undsieht wochenlang nur Wasser – sie begeben sich freiwillig inExtremstsituationen. Was macht den Reiz dieser Abenteuer aus, die absolut mentaleStärke erfordern? Einsamkeit istbei Weitem der härteste Faktor. Mentale Stärke und Durchhaltevermögen könnenalles bei dieser Weltumsegelung bedeuten. Ich erinnere mich, dass ich am Endemeines letzten Rennens meiner Team-Managerin sagte, sie solle mir nie wiedererlauben, an einem solchen Wettkampf teilzunehmen. Als ich jedoch wieder anLand kam, wusste ich, dass ich all das freiwillig nochmal auf mich nehmen würdeund werde. Die Kraft und mentale Kapazität, die man dadurch erlangt, ist enorm– auf der anderen Seite ist es aber auch sehr schwer, wieder in das normaleLeben einzusteigen.

Es gibt ein altes Sprichwort: Auf See ist man in GottesHand. Wie bewusst ist im Hinterkopf verankert, dass das Meer und die Wellen imGrunde keine Fehler verzeihen? Seglerhaben immer einen gesunden Respekt vor dem Ozean. Mit der Zeit lernt man ihn zulesen und zu verstehen – respektiert aber gleichzeitig immer seine enormeKraft. Mittlerweile sind die neuen Boote so konzipiert, auch den härtestenBedingungen zu trotzen. Auch wir haben die Malizia – Seaexplorer für genaudiese harten Bedingungen gerüstet, etwa den Rumpf sehr verstärkt.

Sie unterziehen die Glashütte Original SeaQ Panoramadatumauf See quasi einem Extremtest. Verliert man auf hoher See nicht irgendwann denBezugsrahmen zu Zeit und Raum? Zeitist etwas, was sich auf jeden Fall ändert, wenn man so lange auf See ist. Tageund Nächte vergehen, der normale zeitliche Bezugsrahmen verliert sich. Dastrifft besonders zu, wenn man durch viele Zeitzonen segelt sowie Familie undTeam zu Hause zum Beispiel gerade den Tag erleben, während bei einem selberNacht ist. Vieles findet dennoch zu regulären und festgelegten Zeiten statt,wie z. B. das Eintreffen des Wetterberichts. Ich versuche auch, einenregelmäßigen Rhythmus der Schlafzeiten beizubehalten.

Ist es immer noch etwas Besonderes, wenn man zum zweitenMal an außergewöhnlichen Orten wie dem Point Nemo vorbeisegelt? Wird das GlasWhiskey dieses Mal ausgepackt?Absolut! Das war das vierte Mal, dass ich um die Welt gesegelt und somit amPoint Nemo vorbei­gekommen bin. Bis jetzt fasziniert mich der Ort noch immerauf eine besondere Weise. Ich mag es sehr, Schulkindern im Rahmen unseres OceanChallenge Bildungsprogramms genau diese Faszination zu erklären. Die Vorstellung,dass man an diesem Punkt weiter vom Festland entfernt ist als von einerWeltraum-Station, ist unglaublich fesselnd. Diesen Punkt mit dem Segelboot zuerreichen, ist auch mit enormen Schwierigkeiten verbunden und bereits einigeandere Boote mussten hier in der Vergangenheit bei Rennen aussteigen. Aus demGrund hat der Ort also zusätzlich noch Bedeutung für mich.

Sie engagieren sich im Rahmen der Malizia Ocean ChallengeInitiative für die Erhaltung der Ozeane. Was liegt Ihnen in diesem Zusammenhangbesonders am Herzen? Bei Maliziafokussieren wir uns auf CO2 und den Klimawandel. Wir tragen denSlogan „A Race We Must Win – Climate Action Now!“ auf unseren Segeln undversuchen, dadurch noch mehr Aufmerksamkeit auf dieses Thema zu lenken. Zudemhaben wir ein Ozean-Labor, in Kooperation mit führenden Wissenschaftlern, anBord und können so Wasserproben auch an schwer erreichbaren Orten auf denWeltmeeren entnehmen und diese u. a. auf ihre Belastung mit Mikroplastikanalysieren. Der Klimawandel ist für mich das größte Problem unsererGeneration, aber ich denke, wenn wir jetzt handeln, können wir den größtenProblemen noch entgegensteuern.  Wirmüssen aber jetzt beginnen. Die Zeit zu handeln ist jetzt!

Vielen Dank für das Interview!

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