Das Zeug zum Kultobjekt

Können Mode-,Auto- oder Möbeldesigner auch raffinierte, ikonische Uhren entwerfen? Ja, siekönnen. Es gibt eine ganze Reihe von kreativen Köpfen, die sich, nachdem siesich in anderen Branchen einen Namen gemacht haben, an das Design von Uhrenwagten. Max Bill, Alfredo Häberli, Giorgetto Giugiaro und Yvonne Reichmuth –diese vier haben sich mit Erfolg an der Gestaltung edler Zeitmesser versucht.

Das 1919 gegründeteBauhaus ist bis heute ein Synonym für avantgardistisches Design. An derIdeenschule wurden bis dahin nie gesehene, neue Gestaltungsansätze realisiert.Die oberste Prämisse im kreativen Prozess war der Grundsatz, „die Form folgtder Funktion“. So ist für Alltagsgegenstände wie den Stuhl bis hin zu einemneuen Verständnis von Architektur ein auf die Funktion reduziertes Designentstanden, das Bauhaus-Schüler wie Max Bill nachhaltig in ihrem späterenWirken beeinflusste.

Als einer deraußergewöhnlichsten Designer des letzten Jahrhunderts hinterließ der Architekt,Maler, Bildhauer und Produktgestalter ein umfangreiches Lebenswerk, daruntereine der faszinierendsten Uhrenkollektionen der letzten Jahrzehnte. Dielangjährige Zusammenarbeit mit Junghans begann bereits während der Ulmer Zeitdes Designers, der Enkel eines Uhrmachers war und daher seine Schwäche fürUhren erklärte. Als Junghans bei Max Bill den Entwurf eines alltäglichenGebrauchsgegenstandes in Auftrag gab, entwickelte er in seiner Rolle als Dozentan der Hochschule für Gestaltung in Ulm gemeinsam mit seinen Studenten eineWanduhr. Die logische Zifferblattgestaltung der Küchenuhr aus dem Jahr 1956,die als Max Bill Wanduhr Designgeschichte schrieb, wurde zum charakteristischenMerkmal seiner Zeitmesser und floss 1961 in die Gestaltung der Armbanduhren mitein.

Wie in all seinenArbeiten setzte der Künstler auch in dieser ersten Uhr das Streben nachKlarheit und harmonischen Proportionen konsequent um. Da Max Bill die Kreationvon Objekten, vom einfachen Haushaltsgegenstand bis zum vielbeachtetenKunstwerk, als „Gestaltung der Umwelt“ betrachtete, lag ihm die „gute Form“besonders am Herzen. Sein Wunsch nach der Verbindung von Gebrauchswert undSchönheit kommt auch durch seine Uhrenlinie zum Ausdruck, die zum modernenDesignklassiker avancierte und bis heute nahezu unverändert hergestellt wird.Die zahlreichen Entwürfe von Max Bill zeigen Lösungen, die durch ihrekonstruktive Klarheit und akkuraten Proportionen heute noch überzeugen. PräziseStrichindexe und schlichte Stabzeiger richten den Blick auf das Wesentliche:die Zeit.

Beobachter undBastler. „Beobachten istdie schönste Art zu denken“, so lautet eine der Lebensphilosophien von AlfredoHäberli. Der in Buenos Aires geborene und in Zürich aufgewachseneIndustriedesigner verfügt über ein vielseitiges Portfolio – angefangen beiAusstellungskonzepten über Alltags- und Haushaltsgegenstände bis hin zuarchitektonischen Projekten und technisch anspruchsvollen Möbelstücken.Zahlreiche Entwürfe sind durch Einflüsse seiner frühen Kindheit in Argentiniensowie seine Neugierde und Erkundung des Alltags geprägt. Das Resultat sindausdrucksstarke und emotionale Designs. Häberli arbeitet mit bekannten Firmenund Marken zusammen wie etwa Thonet, Camper oder BMW. Seine Arbeiten undEntwürfe wurden vielfach in Ausstellungen in ganz Europa präsentiert und mitzahlreichen Auszeichnungen prämiert. Nun bereichert ein Zeitmesser seinPortfolio: Pünktlich zum 60. Jubiläum der DiaStar bekam Häberli von Rado denAuftrag, die Uhr, die 1962 als erste kratzfeste Uhr Geschichte schrieb,behutsam einer Frischzellenkur zu unterziehen. Ihr Name setzt sich aus denWorten Dia(mant), symbolisch für die Härte, sowie Star (engl. Stern) zusammen,der für die unvergängliche Schönheit steht.

Der Produktdesignerinterpretierte die DiaStar im stilvollen Monochrom-Look: Das Zifferblatt istkreisförmig gebürstet. Die charakteristische ovale Lünette desOriginal-Zeitmessers wurde in ihrer Form leicht geändert sowie mit einemSonnenschliff versehen. Ein besonderes Highlight ist die Wochenanzeige, diesich über der Datumsanzeige bei 6 Uhr befindet: in dem länglichen Ausschnittwird im Laufe der Kalenderwoche immer mehr Super-LumiNova-Leuchtmasse sichtbar,bis das Fenster am Sonntag schließlich komplett gefüllt ist. Während dasUrsprungs-Modell über eine Edelstahllünette verfügte, besteht dieNeuinterpretation aus Ceramos, einem von Rado entwickelten Material, das ausHightech-Keramik sowie Metall besteht und damit die besten Eigenschaften beiderWerkstoffe in sich vereint.

Aliens grüßen. VW Gold I, Lotus Esprit, Fiat Panda sowieder berühmte DeLorean DMC-12 aus dem Film „Zurück in die Zukunft“ – all dieseautomobilen Entwürfe stammen aus der Hand des italienischen Industrie-DesignersGiorgetto Giugiaro. Doch nicht nur legendäre Autos sind auf GiugiarosZeichenbrett entstanden, sondern auch Nikon-Kameras, Beretta-Handfeuerwaffenund Seiko-Uhren.

Im Rahmen dieserZusammenarbeit entwarf Giugiaro vier verschiedene Versionen der SeikoSpeedmaster, die aber alle ein asymmetrisches Gehäuse aufwiesen: in der Mitterund und mit einem eckigen Element für die Chronographendrücker an der Seite.Durch diese außergewöhnliche Form passte sie im Film „Alien“ (1986) perfekt zurFigur der Ellen Ripley, gespielt von Sigourney Weaver. Der Hollywood-Streifenmachte die Uhr über Nacht berühmt und sie bekam den Spitznamen SeikoSpeedmaster Ripley. Doch noch weitere Modelle waren in diesemScience-Fiction-Streifen zu sehen, etwa die Seiko Speedmaster Bishop, derenName auf den gleichnamigen Androiden in dem Weltraumklassiker zurückgeht. DerZeitmesser avancierte durch sein ebenfalls asymmetrisches, nach rechtsversetztes Gehäuse zum absoluten Kultobjekt. Im Laufe der Jahre designteGiugiaro weitere Uhren für Seiko, die sich alle durch eine extravaganteFormgebung auszeichnen – darunter die Speedmaster LCD, die Speedmaster LCDDiving Watch und den Riders’ Chronograph.

ModularerGlam-Rock. YvonneReichmuth – mit ihrem Modelabel YVY mischt die Wahlzürcherin seit mehrerenJahren die Modeszene auf. Nicht nur hierzulande feiern ihre extravagantenCorsagen und Gürtel große Erfolge, vor allem in Hollywood stehen die Leder- undGlam-Rock-Accessoires hoch im Kurs. Madonna, Lady Gaga und Kristen Stewart –sie alle tragen die Entwürfe der 36-Jährigen. „Angefangen hat alles 2015 mitMonica Bellucci. Sie war die Erste, die alle kannten und die in einem Entwurfvon mir fotografiert wurde“, erinnert sich Reichmuth. Mit der LonginesDolceVita x YVY kommt nun ein weiteres Meisterstück dazu. Reichmuth hat die Uhrmit dem charakteristisch rechteckigen Gehäuse mit raffinierten Doppel-Lederarmbändernneu in Szene gesetzt – die „Straps“ sind eine Referenz an die Welt desReitsports. „Wir wollten gemeinsam einen neuen Ansatz mit Bezug auf die Weltder Pferde und ihr Zaumzeug entwickeln“, erklärt die Designerin und fügt hinzu:„Die Idee zu einem modularen Armband entstand, um eine Uhr zu kreieren, die manstilvoll in verschiedenen Varianten tragen kann.“

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