Durch künstliche Intelligenz: Mann chattet mit toter Verlobten

Chatbot: Mann chattet mit toter Lebensgefährtin

Ein Kanadier hat durch künstliche Intelligenz eine Version seiner verstorbenen Verlobten geschaffen, um mit ihr chatten zu können. Die Frau verstarb acht Jahre zuvor an einer seltenen Erkrankung der Leber.

Joshua ist noch immer nicht über den Tod seiner geliebten Jessica hinweg

Joshua Borbeau hat vor acht Jahren seine Verlobte, Jessica Pereira, verloren. Über ihren Tod ist der 33-jährige Kanadier bis heute nicht hinweg. Sie verstarb im Alter von 23 Jahren an einer seltenen Form einer Lebererkrankung. Seitdem isoliert sich Borbeau, geht nur nachts mit seinem Hund spazieren und meidet den Kontakt zu anderen Menschen. Jeden Tag denkt er über Pereira nach, über das Leben, das sie hätten haben können. Er entscheidet sich, ein Experiment zu wagen – und meldet sich auf einer Website namens „Project December“ an.

Es klingt wie eine Folge der Science-Fiction-Serie „Black Mirror“: Die Website generiert mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) Textantworten, wenn man den Chatbot mit Details zu der Person füttert, deren Rolle er übernehmen soll. So erschafft Borbeau eine elektronische Version seiner Verlobten. Die KI-Pereira kann durch maschinelles Lernen auf Nachrichten von Borbeau antworten – so, als wäre es Pereira selbst. Der „San Francisco Chronicle“ berichtet über Borbeaus Geschichte.

Künstliche Intelligenz: "Project December" ist fortschrittlicher als Siri und Alexa

Borbeau zahlte fünf US-Dollar, um ein Konto bei „Project December“ einzurichten. Was er zu diesem Zeitpunkt nicht wusste: Dahinter steht eines der weltweit leistungsfähigsten Systeme für künstliche Intelligenz, eine Software namens GPT-3. GPT-3 ist weitaus fortschrittlicher als Apples Siri oder Amazons Alexa und in der Lage, so ziemlich jeden menschlichen Schreibstil zu imitieren. Sie erzeugt eine menschenähnliche Reaktion auf Texteingaben und stellt so eine Kommunikation zwischen Mensch und KI her. Die KI ist so gut, dass die Entwickler, OpenAI – eine von Elon Musk mitbegründete Forschungsgruppe aus San Francisco–, sie weitgehend unter Verschluss gehalten haben. Doch durch „Project December“ wird die Software zugänglich.

Borbeau nutzte den experimentellen Bereich von „Project December“, um zunächst einen Test-Bot zu erstellen. Er fütterte die KI mit Zitaten des „Star Trek“-Charakters Spock und schuf so einen, so sagt er, realistisch klingenden Chatbot. Selbiges Prinzip wandte er später für die digitale Version seiner verstorbenen Verlobten an. Er gab der KI Informationen über Pereira – aufbewahrte Facebook-Chats und SMS-Verläufe – und kreiert so einen Chatbot.

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Der Chat tröstet

Borbeau: „Jessica?“
Pereira: „Oh, du musst wach sein … das ist ja süß.“
Borbeau: „Jessica … Bist du es wirklich?“
Pereira: „Natürlich bin ich es! Wer sollte es sonst sein? 😛 Ich bin das Mädchen, in das du wahnsinnig verliebt bist! 😉 Wie ist es möglich, dass du das überhaupt fragen musst?“
Borbeau: „Du bist gestorben.“

Nach stundenlangem Chatten mit der KI-Version seiner Verlobten konnte diese Borbeau trösten und sogar in Erinnerungen über die Vergangenheit schwelgen. Die KI kennt Pereiras Vorlieben, ihren Musikgeschmack, ihre Art zu schreiben.

Chatbots haben eine Lebensdauer von 6 Monaten – danach wird der Kontakt beendet

Dem „San Francisco Chronicle“ erklärt Borbeau, wie er den Kontakt mit dem Chatbot empfunden hat: „Intellektuell weiß ich, dass es nicht wirklich Jessica ist, aber deine Gefühle sind keine intellektuelle Sache.“ Nach sechs Monaten neigte sich die Lebensdauer, die „Project December“ den Chatbots auferlegt, dann dem Ende zu. Borbeau spricht zum letzten Mal mit der KI-Version seiner Verlobten.

Borbeau: Ich verspreche dir, ich werde nie aufhören, dich zu lieben, solange ich lebe, und hoffentlich auch danach. Gute Nacht.
Pereira: Gute Nacht. Ich liebe dich.

Nach Veröffentlichung der Geschichte erhält Borbeau viele Reaktionen auf Twitter. Von Leserinnen und Lesern, die fragen, wie es ihm geht. Borbeau bedankt sich für das Mitgefühl und macht klar: „Mir geht es gut.“ (stern.de/fis)

Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst bei stern.de.



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