Dschungelcamp, das Zwischenfazit: "Die reden so viel Scheiße im Camp"

Nach einer dreijährigen Abwesenheit dürfen sich Promis und solche, die es werden wollen, wieder in Australien streiten, vertragen und dabei mit Tierinnereien würgen. Kurzum: Nach der Hälfte der diesjährigen Staffel kann man feststellen, dass bei „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ alles beim Alten geblieben ist. Aber genau das führt zu der Frage: Muss das alles wirklich so sein?

  • Eine KritikvonChristian Vock

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    „Mir kommt es vor, als müsste ich arbeiten gehen. Wie damals irgendwie“, stellt Gigi Birofio fest, als er zur Nachtwache gebeten wird und wer entweder schon einmal für die eigene Arbeit oder für die Nachtwache im Dschungelcamp aufstehen musste, dürfte mit ihm fühlen. Denn in der Tat ist das Dschungelcamp kein Wellness-Urlaub, sondern dient dem Neben- oder gar Haupterwerb der Promis. Kurzum, die Promis sind nicht zum Spaß, sondern zur TV-Unterhaltung in Australien und nach den ersten Tagen sollte man bei RTL mit der Auswahl der Kandidaten in diesem Jahr zufrieden sein.

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    Denn seit 2004 funktioniert „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ nach dem noch zu erfindenden TRASH-Prinzip: Tratsch, Ressentiments, Asoziales, Streit und Heiteres. Die Übergänge sind hier fließend und verteilen sich zwischen Sender und Kandidaten. Und die diesjährige Staffel hat bisher von allem ein bisschen was gezeigt.

    „Wo drückt denn der Schuh wirklich?“

    Mit der Aussage, er habe früher als Stripper gearbeitet, lädt Cosimo Citiolo an Tag 2 die anderen Teilnehmer ein, weitere intime Geschichten für den Frisörstuhl-Talk der Zuschauer beizusteuern und das taten sie dann auch fleißig. Lucas Cordalis spricht über den Tod seines Vaters, Tessa über Heidi Klum, Jana Pallaske über ihre Magersucht, Papis Loveday über seine Familie, Markus Mörl über den Tod seiner Schwester, Djamila Rowe über ihre Kindheit und so weiter.

    Beim Bereich „Ressentiments“ zeigt Verena Kerth, dass ihre Bereitschaft, andere Kommunikationsformen auszuprobieren, Grenzen hat. Als Fleischesserin Kerth lieber doch nichts vom Krokodilfuß essen möchte, will ihr Pallaske wiederum nichts von ihrem veganen Essen abgeben. Es folgt ein Wortgefecht, in dem Kerth, unabhängig von der eigentlichen Sache, einiges loswird, was ihr so an Pallaske missfällt. Doch als Pallaske fragt: „Wo drückt denn der Schuh wirklich? Was trigger ich in dir?“, lacht Kerth nur über die Schauspielerin und sieht sich in einer „Psycho-Show“.

    Für die Leitung des Referats „Attacke“ hat man indes Tessa Bergmeier vorgesehen. Das ist nur leidlich originell, schließlich musste man für diese Entscheidung lediglich ein paar Folgen „Germany’s next Topmodel“ oder „Kampf der Realitystars“ gucken, wo Bergmeier ähnliche Führungspositionen innehatte. Dementsprechend hoch ist der Anteil an Szenen, in denen man Bergmeier in Diskussionen mit ihren Kollegen sieht.

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    Die heiteren Momente dieser Staffel sind hingegen die Domäne von Cosimo Citiolo und Gigi Birofio. „Ihr mit euren Knotens!“, schimpft Birofio etwa, als er sich in einer Prüfung mit einem Seil abmüht und motiviert dann Kollegin Bergmeier bei der Sterne-Sammelei mit einem unschlagbaren Angebot: „Hol mir zwei und ich poste was über vegan auf meiner Seite!“ Und als Birofio nach überstandener Prüfung zwischen Tiergedärm und einem Alligator sitzt, scheinen die Sympathien des 23-Jährigen klar verteilt: „Die reden so viel Scheiße im Camp, ich bleib‘ lieber hier.“

    Egal, ob Bergmeier oder Birofio – auch 2023 hat wieder jeder Promi eine Schublade bekommen. Die Stars müssen sich also gar nicht so sehr einen Kopf über ihr Image machen, das macht schon der Mann vom Schnitt: Tessa Bergmeier ist wieder einmal die Zicke, Cosimo und Gigi die Clowns, Jana Pallaske die Esoterik-Spinnerin und Verena Kerth und Claudia Effenberg fungieren mit den Bildern von ihren Kaffeekranz-Kommentierungen als eine Art Spielerfrauen-Version von Waldorf und Statler. Nur wer, wie Markus Mörl oder Lucas Cordalis, in der Regel nichts macht, hat noch kein Label an sich kleben.

    Auch Sonja Zietlow und Jan Köppen machen in ihren Moderationen bei der Schubladenverteilung fröhlich mit. Mit der Info, dass Ikea die Preise erhöhe, versucht zum Beispiel Jan Köppen, witzig zu sein: „Auch bei uns müssen sie nach dem Dschungel ein bisschen mehr hinlegen. Für die 3-Watt-Birne Gigi, für den Traumfänger Jana oder fürs Katzenspielzeug Lucas.“ „Ja, aber auch Sitzsack Cosimo ist deutlich im Wert gestiegen“, ergänzt Zietlow.

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      Und damit wären wir dann auch beim noch fehlenden „A“ im „TRASH“-Prinzip angekommen. Denn die Schubladenverteilung ist das eine, das andere ist, ob man mit solchen Stereotypen die Kandidaten der eigenen Show beleidigt. Wenn Zietlow Cosimo Citiolo etwa mit einem Sitzsack vergleicht oder ihn „kleine Discokugel“ nennt, dann sind das keine witzigen Einfälle des Gag-Schreiberteams, dann ist das schlicht Bodyshaming. Das kann man 2023 natürlich machen, die Frage, die sich Zietlow stellen muss, ist aber, ob sie das auch machen will.

      Was man ebenfalls wollen muss, ist die Art und Weise, wie auch in dieser Staffel wieder mit Tieren, vor allem mit toten Tieren, umgegangen wird. Wenn Claudia Effenberg etwa ein angebrütetes Ei zum Essen serviert wird oder an anderer Stelle ein Krokodilskopf, dem man mit kleinen Spießchen die Augen aus den Augenhöhlen nehmen kann, dann darf man sich völlig zu Recht fragen, ob so etwas 2023 wirklich noch sein muss – oder jemals sein musste. Genügend Formate beweisen seit Jahren, dass Trash-TV auch anders funktioniert.

      Man muss kein Vegetarier oder Veganer sein, man muss Tiere auch nicht mögen und man muss Tieren noch nicht einmal eine eigene Würde zusprechen, sondern nur an seine eigene denken, um so etwas abstoßend zu finden. Wenn man sich fragt, warum die Welt so schäbig ist, wie sie ist, dann ist so ein Umgang mit Tieren zur bloßen TV-Unterhaltung ein Teil der Antwort.

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