Alltagsrassismus bei "Der Bachelor": Kandidatin muss nach "Schoko"-Spruch gehen

Bachelor David Jackson hat in Folge zwei im wahrsten Sinne des Wortes die Qual der Wahl: Eine Kandidatin ist verheiratet, eine nur wegen der Follower in der Show und einer anderen entfleucht ein Spruch, bei dem Jackson die Gesichtszüge entgleisen.

Eine KritikvonFelix Reek

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Zum Start in diese Woche erst einmal eine kleine Einführung in das Standard-Vokabular bei „Der Bachelor“. Nummer eins: „Wuuuuuh!!!“ erfolgt immer dann, wenn es etwas zu trinken gibt, also oft. Nummer zwei: „Aaaaahhhhhhh!“, auszuführen in einer möglichst hohen, kreischigen, geradezu Glas zersplitternden Tonlage, kommt in Situationen zum Einsatz, in denen der Bachelor erscheint. Was nicht so oft vorkommt. Ausnahme von der Regel: ein „Stripper“ betritt die Villa. In der zweiten Folge von „Der Bachelor“ ist das Claudio, der aber eigentlich kein Muskelmann in Feuerwehrkostüm ist, sondern „Instructor“.

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Es geht nämlich zum ersten Date dieser Staffel, wie in der letzten Folge schon subtil angedeutet, ein Fallschirmsprung. Henrietta ist begeistert: „Perfektes erstes Date!“, sagt sie. Nirgends lernt man sich schließlich besser kennen, als laut schreiend aus 3.000 Meter Höhe stürzend, angegurtet an einen vollkommen Fremden. Der gehaltvollste Dialog dieser Aktion: „Ahhhhhhh!!!“. Ganz ohne Bachelor.

Tammy lüftet ihr spektakuläres Geheimnis

Im folgenden Einzeltermin soll dieser kommunikative Missstand behoben werden. Tammy macht den Anfang und muss ihren wirklichen Namen verraten, aus dem sie in Folge eins so ein Geheimnis gemacht hat. Moment, lassen Sie mich raten: Tameka? Tamina? Tamaja? Tamya? Tamsin??? Nein, Tammy heißt eigentlich Tamara. Na, das ist ja mal eine Überraschung.

Dann lieber weiter zu Angelina, die der Bachelor nach dem Gruppendate für den Rest des Tages erwählt. Die beiden dürfen Babyschildkröten in die Freiheit entlassen. „Ein Erlebnis, das verbindet“, säuselt der Sprecher aus dem Off. Die Schildkröten jedenfalls können nicht schnell genug wegkommen. Eine kluge Entscheidung, wie sich kurz darauf herausstellt.

Angelina ist voller Weisheit: „Nur wenn man sich selbst lieben kann, kann man jemand anderes lieben“, philosophiert sie. Psychologie sei ihr Hobby, erklärt sie. Auch wenn ihre Kalenderweisheiten eher nach dem Fragebogen eines Frauenmagazins klingen. Egal, der Bachelor ist „mega happy“, und Angelina vergibt „12 von 10“ Punkte. Vielleicht sollte sie statt der Psychologiebücher öfter mal ein Matheheft in die Hand nehmen.

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Der Bachelor erlebt eine „ganz neue Ebene von Intimität“

Weiter zu Chiara, die auf ein „ganz spezielles Date“ geht. Sie lernt eine Tanzchoreografie, die sie dann mit dem Bachelor aufführen muss, ohne ihn vorher gesehen zu haben. Die zurückgebliebenen Frauen in der Villa lassen sich davon anstecken. Als Musik ertönt, beginnen sie wild zu twerken und „Ich bin vielschichtig!“ zu brüllen. Der Beweis: Multitasking ist nicht nur eine Legende. Die Kandidatinnen des „Bachelors“ können tanzen und gleichzeitig betrunken sein. Chapeau!

Zurück zu Chiara, die zusammen mit dem Bachelor beweist, dass selbst die unbeholfenste Choreografie mit genug Weichzeichner und schnulziger Musik irgendwie ganz okay aussieht. „Es war unbeschreiblich schön“, sagt sie danach. „Eine ganz neue Ebene von Intimität“, „ohne sprechen, nur mit Anziehung“. Die Hoffnung auf ein wortloses Date wird allerdings sofort zerschlagen. Stattdessen handeln die beiden den üblichen Fragenkatalog ab: „Wann hattest du die letzte Beziehung?“, „Was ist Liebe für dich?“. „Wir hatten wirklich krasse Momente“, schlussfolgern beide nach dem Date. Nur welche, das bleibt wohl das Geheimnis der beiden.

Und dann kam Saskia

Zeit für den wirklich unangenehmen Teil dieser Folge. Sieben der Frauen gehen auf ein Gruppendate. Als erste fällt Colleen unangenehm auf. Sie war bereits in einer Fernsehshow, als Maulwurf in „The Mole“. Ein Sat.1-Format, das 2020 außer den Moderatoren The Boss Hoss, Colleen und dem Bachelor wohl kaum jemand gesehen hat. Letzterer ist auf jeden Fall wenig begeistert.

Es wäre vollkommen okay, ein Fernsehformat zu nutzen, um Reichweite für seine Social-Media-Kanäle zu erzielen, sagt er. Nur eben nicht IN SEINER VERDAMMTEN SHOW! GENAU DAS WOLLTE ER DOCH MACHEN! MENNO! Colleen jedenfalls ist guter Dinge. „Ich hoffe, er hat erkannt, dass ich für ihn da bin.“ So wie jede Frau in diesem Format. Die sich beworben hat, ohne zu wissen, wer der Bachelor in dieser Staffel ist.

Noch schlimmer wird es mit Saskia. Der Bachelor nähert sich der Frauengruppe und fragt, ob jemand ein Eis möchte. Wildes Durcheinanderreden, „Schoko“ und „Vanille“ sind im Angebot. Dann sagt Saskia: „Dich als Schokolade!“. Betretenes Schweigen. Sie versucht es zu retten mit: „Oh Gott, hab ich das gerade gesagt?“, aber der kann ihr jetzt auch nicht mehr helfen. Er schaut gerade im ZDF „Aktenzeichen XY… Ungelöst“. Der Bachelor nimmt Saskia zur Seite, um mit ihr zu reden, doch eigentlich starrt er sie nur so an, als wünschte er sich den Laserblick von Superman. Kann das alles noch schlimmer kommen? Na klar, Jana erzählt, dass sie verheiratet ist. Happy Date Day!

„Wie gehts dir?“ „Gut. Und dir?“ „Gut.“

Dann doch lieber wieder zurück zu Druckbetankung und echten Gesprächen in der „Nacht der Rosen“. Kleiner Auszug gefällig? „Wie geht’s dir?“ „Gut. Und dir?“ „Gut.“ „Grundsätzlich hab ich ein tolles Gefühl.“ Willkommen in der Welt des „Bachelors“, in der selbst Fußballer-Floskeln wie philosophische Abhandlungen wirken und alle vom Feeling her ein gutes Gefühl haben.

Der Bachelor kommt an diesem Abend jedenfalls nicht zur Ruhe. Im Minutentakt stellen sich die Frauen bei ihm an, als steckten in seiner Hosentasche die Eintrittskarten für das Käfer-Zelt auf dem Oktoberfest. Was irgendwie ja auch stimmt. Dass Kandidatin Danielle irgendwann mitten in der Folge die Show freiwillig verlassen hat, „weil keine Gefühle kommen“, fällt niemandem auf. Am wenigsten dem Bachelor. Der verteilt lieber an alle Frauen, die kein Date hatten, eine Rose. Was viel über die Qualität der Rendezvous aussagt.

Wie aufs Stichwort erscheint Saskia, um sich auszusprechen. Der Bachelor hat mittlerweile seinen Superman-Blick auf Krypton geparkt und erklärt, dass er in dieser Hinsicht viel erlebt hat. „Ich hab schon zu viel gelitten“, sagt er. Das Wörtchen „Alltagsrassismus“ wird elegant umschifft. Stattdessen wirft David Jackson Saskia am Ende zusammen mit Pamela aus der Staffel.

Er schaut sie noch einmal lange an, um ihr zu versichern, dass sie nicht wegen ihrer Aussage aus der Show fliegt. Aber eigentlich wartet er darauf, dass Gott ihm endlich mit einem Laserblick segnet. Tut er nicht. Es ist nicht leicht, der Bachelor zu sein. Aber ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss. Sonst hält ihm RTL den Knebelvertrag vor die Nase.

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