Spannende Mediensatire im Bully-Style

Tausend Zeilen" von Michael Bully Herbig (54) startet am Donnerstag (29.9.) in den Kinos. Sehenswert ist die Mediensatire, die von den wahren Vorfällen um die Journalisten Claas Relotius (36) und Juan Moreno (49) – von ihm stammt die Buchvorlage "Tausend Zeilen Lüge" (2019) – inspiriert wurde, nicht nur für Medienleute.

Wenn ein großes Medienhaus wie damals der "Spiegel" auf einen Hochstapler hereinfällt, betrifft das den seriösen Journalismus an sich. Denn in Zeiten, in denen viele nur noch über ihre eigene Wahrheit schreiben oder sich in eindimensionalen Internet-Bubbles informieren, ist die Einordnung durch Journalisten, die sich wirklich der Wahrheit verpflichtet fühlen, umso wichtiger. "Wenn dann bei einem großen seriösen Nachrichtenmagazin so eine Bombe platzt, spielt das den falschen Leuten in die Hände", warnt auch Bully im Interview mit spot on news.

Romero vs. Bogenius – wem glaubt das Kinopublikum?

Doch bei allem gebotenen Ernst, wäre es kein echter Bully-Film, wenn die Moralkeule geschwungen würde. Und die fehlt auch tatsächlich. Im Gegenteil, in "Tausend Zeilen" durchbrechen der freie Journalist Juan Romero (Elyas M'Barek, 40) und der preisgekrönte Reporter Lars Bogenius (Jonas Nay, 32) immer wieder die vierte Wand und erklären dem Kinopublikum ihre Sicht der Dinge.

"Das war die erste Idee, die ich hatte, als ich von dem Vorfall gehört habe und aus dem Stoff meinen nächsten Film nach 'Ballon' (2018) machen wollte", schwärmt Bully. "Den Stil des Films hatte ich sofort vor Augen: dass zwei Journalisten um die Gunst der Zuschauer buhlen", sagt er weiter. Warum ihm das so wichtig war, hat einen einfachen Grund: "Ich wollte, dass es dem Zuschauer genauso geht, wie dem Umfeld des Hochstaplers."

Bullys Ansinnen klappt und das liegt nicht nur an der guten Idee und den pointierten Mono- und Dialogen, sondern auch an der Top-Besetzung. Vor allem Jonas Nay zieht einmal mehr alle Register und spielt den zunehmend zwielichtigen Bogenius, der als der "liebe Lars" vorgestellt wird, faszinierend vielschichtig. Elyas M'Bareks Rolle ist von Natur aus sympathischer angelegt und doch fiebert man auch mit ihm mit, wenn ihm keiner glaubt und er sich daraufhin auf eine spannende Enthüllungstour begibt.

Michael Ostrowski (49, Eberhoferkrimis), Jörg Hartmann (53, Dortmund-"Tatot") und Michael Maertens (58, "Girl You Know It's True") machen ihre Sache ebenfalls gewohnt gut – gleiches gilt für Kurt Krömer (47, "Chez Krömer") in seiner kleinen Berlin-typischen Gastrolle.

Roadmovie mit Easter Egg

Der Film, der durch gewitzte Schnitte und beschleunigende Techniken wie Split Screen glänzt, wird in einigen Szenen zum Roadmovie mit so reizvollen Destinationen wie Arizona, Mexiko, Kuba, Spanien etc. Dass allesamt in Spanien gedreht wurden, tut der Optik keinen Abbruch. "In der Ecke Almeria, Andalusien, konnte ich mir das meiste gut vorstellen. Bei Kuba war ich zwar gespannt, aber wir haben tatsächlich auch das in Spanien gefunden", erinnert sich Bully an das Locationscouting und verweist gleichzeitig auf die wegen der Corona-Pandemie erschwerten Drehbedingungen.

Passend dazu sei hier noch erwähnt, dass Fans des Bully-Klassikers "Der Schuh des Manitu" (2001) "ein kleines Easter Egg in 'Tausend Zeilen'" finden können.

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