Legenden der Langeweile: Halbfinale im Dschungel-Trainingscamp

Das erste Halbfinale im Qualifikations-Camp für die im kommenden Januar geplante Kakerlaken-WM im Australischen Busch – und schon wieder ist es Mittwoch. Ausgerechnet an dem Abend, an dem sich entscheiden wird, ob Zoe Salome Saip, Mike Heiter, Lars Tönsfeuerborn oder Lydia Kelovitz das Finale erreichen werden, grätscht uns der Markus Lanz des Privatfernsehens in die Parade: Steffen Hallaschka und „Stern TV“.

Die Halbfinal-Show gestaltet sich also deutlich kürzer als die durchschnittlichen bisherigen Folgen und gilt damit als die Anti-Yotta-Show. Yotta? Nicht kurz? Also lang? Hä? Wenn Sie diese Anspielung nicht verstehen, haben Sie den Dschungel nie geliebt. Macht aber nichts, denn da sind Sie in guter Gesellschaft.

Viele lieben den Dschungel nicht und so etwa jeder Zweite aus dieser Kategorie schreibt mir gerne E-Mails, in denen er dann erklärt, wie man sein Leben so wegschmeißen könne, und sich jeden Abend die Dschungelshow reinziehen.

Die Antwort ist recht einfach: Ich mache das, weil ich sonst nie über die körperlichen Hauptmerkmale von Bastian Yotta Bescheid gewusst hätte. Falls Sie die auch interessieren: Frage Sie einfach mal bei Djamila Rowe nach.

„In der Kürze liegt die Würze“ sagte mein Mathelehrer früher oft. Okay, einige Friseure sagen das auch heute noch, aber andere Geschichte. Schnell wird jedenfalls klar: Im Falle der Halbfinal-Show trifft es in jedem Fall zu. Es gibt kein Tiny-House und keine Konfro, nicht mal Zickereien um Alkohol oder Zigaretten. Eigentlich gibt nur extrem fragwürdige Oberhemden (danke, Mike Heiter) und Tinnitus (danke, Lydia). Irgendwie ist heute jeder froh, dass die Show nur halb so lang ist.

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Immerhin, ein Trost bleibt: Es gibt eine Weltpremiere. Erstmals trägt jemand im deutschen Fernsehen ein geschmackloseres Hemd als RTL-Allzweckmoderator Daniel Hartwich. Das ist dann aber auch schon das einzige Highlight des Abends. Der Rest ist viel Gequatsche und eine uninspirierte Prüfung, gegen die selbst ein Vortrag von Rudolf Scharping zum Thema Briefmarken ein Actionkracher wäre. Offensichtlich ist das Tiny House bereits wieder abgebaut und arbeitet in seinem Hauptberuf als Briefkasten.

Aber mal im Ernst: Ich kenne Duschkabinen, die größer sind als das Tiny-House. Wäre es da nicht eine gute Variante gewesen, die vier Halbfinalisten einfach nochmal für ein, zwei Tage wegzusperren und auf weitere Perlen der Konfrontations-Dynamik zu hoffen?

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Andererseits: Alles wäre interessanter gewesen als diese Mischung aus „Ninja Warrior“ und „Schlag den Star“. Ich würde sogar lieber drei Tage lang dabei zugucken, wie Zoe alle Instagram-Bilder von Victoria Pavlas ausdruckt und auf jedes mit einem Edding „Ich habe doppelt so viele Follower wie Du, Du Hexe“ draufschreibt.

Prüfung bringt Zoe, Lara, Mike und Lydia auf ein Trapez in der Luft

Was ich aber stattdessen bekomme: Zoe, Lars, Mike und Lydia auf einem Trapez. Dort müssen sie dann in einigen Metern Höhe über einen schmalen Balken laufen, Sterne einsammeln und dabei möglichst schnell sein. Die beste Zeit gewinnt.

Was genau hier gewonnen werden kann, bleibt unklar. Vielleicht eine Einladung zur neuen RTL Late Night Show, bei der jetzt jemand, der optisch der ältere Bruder von Stefan Raab sein könnte, Herrenwitzchen erzählt, die schon 1999 zum Start von „TV Total“ nicht mehr lustig waren.

Warum die Zeit beim Sterne-Sammeln überhaupt genommen wird, das weiß keiner so genau, zumal am Ende ja ohnehin die Zuschauer entscheiden. Das ist ein bisschen so, wie nach einer Formel 1 Saison zu einem großen Zuschauer-Voting aufzurufen und statt Lewis Hamilton ist dann plötzlich Robert Habeck Weltmeister.

In den sozialen Medien gibt es zu einem solchen Konzept erwartungsgemäß eigentlich flächendeckend nur eine Kommentar-Richtung: „Danke, ich schalte ab!“ Hätte ich auch gemacht – geht aber nicht. Ich muss diese Kolumne schreiben und daher bis zum bitteren Ende durchhalten. Da bewahrheitet sich mal wieder die alte Volksweisheit: Augen auf bei der Berufswahl.

Nach diesem Halbfinale mit der Spritzigkeit einer Büttenrede von Annegret Kramp-Karrenbauer auf Valium (geschrieben von Philipp Amthor) dürfe der Anteil der Zuschauer, die am Donnerstag zur zweiten Runde erneut einschalten, geringer sein als der Anteil von Erstwählern, die sich bei der Bundestagswahl im September für die Zukunftspartei CDU mit ihrem dynamischen Jungspund-Anführer Armin Laschet entscheiden werden. Das wird eine Quote, da würde selbst die Normalo-Version von „Big Brother“, die Sat.1 letztes Jahr an die Wand gefahren hat, als TV-Highlight durchgehen.

Lucas Cordalis zu Gast im Studio

Um wenigstens ein bisschen Glamour zu versprühen, ist Lucas Cordalis zu Gast im Studio. Gegen das Ensemble der Dschungelshow ist Lucas Cordalis natürlich A-Promi-Gold, auch wenn seine Popularität sich weitestgehend aus familiären Verbindungen rekrutiert: Der Sohn von Costa Cordalis. Der Mann von Daniela Katzenberger.

Sein Vater Costa war 2004 der allererste Dschungelkönig und euphorisch kündigen Daniel, Sonja und Lucas in der Live-Sendung exklusiv an, Lucas würde 2022 in die Fußstapfen seines Papas treten und im Dschungelcamp um das Zepter kämpfen. Costa war der erste Dschungelkönig und wenn sich die Quoten so weiterentwickeln, könnte sein Sohn Lucas der letzte werden. Das letzte Mal, als etwas erst mit Cordalis begann und dann mit Cordalis endete, gab es noch die große U40 Schlagerparty in der Westfalenhalle.

Wenn RTL jetzt dazu übergeht, das Dschungelcamp generationsübergreifend mit den Kindern ehemaliger Gewinner zu besetzen, können wir uns ja schon auf Thomas Müller freuen. Das ist doch der Sohn von Melanie Müller, oder?

So frühzeitig verkündet RTL übrigens erstmals einen finalen Teilnehmer für das Dschungelcamp. Und um davon abzulenken, dass im Moment der Bekanntgabe die zwölf Dschungelshow-Qualifikanten durch die Bank denken: „Was hat denn dieser Lucas, was ich nicht habe, außer dass er mal Blümchen flachgelegt hat?“ droppt Daniel Hartwich noch schnell, dass am Freitag noch ein weiterer Kandidat für 2022 verkündet würde. Einer, der „wahrscheinlich mit dem Privatjet anreist“. Vermutlich also Marcel Remus.

Wenigstens in den Werbepausen sieht man echte Promis

Das also zumindest an Premieren nicht arme erste Halbfinale hat dann tatsächlich noch eine weitere Neuerung zu bieten: Es ist die erste Folge IBES in 15 Jahren, bei der man sich auf die Werbepausen freut. Dort sieht man dann wenigstens hin und wieder ein paar echte Promis.

Alena Gerber zum Beispiel. Obwohl meine Moderations-Partnerin bei unserem neuen Sensations-Format „Zwei Blondinen sprechen über Dinge, von denen sie keine Ahnung haben – und Fußball!“, das schon ganz bald Quotenrekorde einfahren wird, gegen die sogar die schönsten Bahnstrecken Nordfrieslands als Zuschauermagnet zählen, mir in ihren TV-Spots ziemlich auf die Nerven geht.

Denn zum einen sieht sie besser aus als ich (und das ist eigentlich nicht erlaubt) und zum anderen wirbt sie für Besuche im Friseursalon, während ich aufgrund des Lockdowns auf dem Kopf aussehe wie Horst Lichter unter der Nase.

Da ist die Laune natürlich gleich schon wieder tiefer im Keller als Schalke 04. Eigentlich kann mich da nur noch eine Sache aufheitern. Wenn RTL jetzt schon damit anfängt, Kandidaten für das Dschungelcamp 2022 zu rekrutieren und anzukündigen, möchte ich an dieser Stelle öffentlich die Frage aufwerfen: Liebe Alena Gerber, wann gehst Du in den Dschungel?

Falls auch Sie die sensationelle Alena Gerber unbedingt im Dschungelcamp sehen möchten, unterstützen Sie gerne meine Petition „Alena for Dschungelcamp“ und schreiben Sie eine Mail mit dem Betreff „ICH WILL ALENA“ an: [email protected].

Aber zurück zum aktuellen Promistatus bei den Dschungelgästen von Daniel Hartwich und Sonja Zietlow. Beim weitestgehend sinnfrei bleibenden Interview-Geplänkeln mit den heutigen Halbfinalisten vergibt Lars Tönsfeuerborn leider sogar einen Matchpoint. Ich bin schwer enttäuscht, dass er auf die Johannes B. Kerner Gedächtnis-Frage von Sonja Zietlow „Lars, wie war der Empfang so nach dem Tiny-House?“ nicht mit „geht so, nur 3G!“ antwortet.

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Zoes österreichische Galanz bleibt im Gedächtnis

Ansonsten bleibt von diesem Abend eigentlich nur die angenehme Höflichkeit von Zoe Saip im Gedächtnis. Selbst im Angesicht eines möglichen Absturzes vom Prüfungs-Trapez bleibt sie charmant wortgewandt und verkündet: „So hoch oben, da werde ich ja vom Wind davongetragen, so eine halbe Portion, wie ich bin“. Toll. Wie lange ich die Vokabel „davongetragen“ nicht mehr gehört habe. Einfach herrlich, wie aristokratisch und galant sich Österreicherinnen zumeist ausdrücken. Küß‘ die Hand, gnä‘ Frau Saip, fesch schaun S‘ aus.

Wiener Schmäh kommt beim klassischen RTL-Publikum allerdings weniger gut an als bei mir. Für Zoe ist im Halbfinale Endstation. Kein Goldenes Ticket für Österreichs größte Trash-TV-Hoffnung seit Helmut Berger. Ins Finale gewählt werden stattdessen Mike und Lars. Neben Zoe ist die Reise in den Kölner Dschungel also auch für Lydia beendet.

Lars und Mike sind weiter, Zoe und Lydia sind raus. Es bestätigt sich mal wieder: Diese Gesellschaft hofiert alte weiße Männer. Gut, Heiter braucht die Gage dringend. Wie der Boulevard kolportiert, schuldet er seiner Ex-Freundin Elena Miras 12.000 Euro. 12.000 Euro, oder wie Sam Dylan sagt: 1.500 Flaschen Weißweinschorle.

Wie es um die finanzielle Situation von Lars Tönsfeuerborn bestellt ist, dazu findet sich im Klatschpresse-Blätterwald kein eindeutiger Hinweis. Dafür hat er aber einen Nachnamen wie eine Kleinstadt an der Küste von Schleswig-Holstein und sieht ein bisschen aus wie ein unehelicher Sohn von Boris Becker.

Morgen treten Djamila, Filip, Christina und Sam im zweiten Halbfinale an

Morgen treten dann Djamila Rowe, Filip Pavlović, Christina Dimitriu und Sam Dylan im zweiten Halbfinale gegeneinander an. Auch sie müssen die hochdramatische Schnarch-Prüfung auf dem Trapez absolvieren, deren Spannungsfaktor knapp über einem Tennismatch von Roger Federer gegen Herbert, das sprechende Stoff-Murmeltier von Theresia Fischer liegt.

Fischer kennen Sie doch, oder? Die blickt ja auch schon auf eine beachtliche Trash-TV-Karriere zurück. 2019 wurde sie durch ihre Live-Heirat im Finale von „Germany´s Next Topmodel“ bekannt und steht seither auf der Wunschliste einiger IBES-Fans für eine Teilnahme am Dschungelcamp ganz oben.

Aber egal, wie groß die Vorfreude auf das zweite Halbfinale auch ist – ich werde für Sie dabei sein und genau an dieser Stelle wieder meine wissenschaftliche Fachanalyse präsentieren. Bis morgen!

Überraschung nach großer Langeweile: Einer hat das Dschungelcamp-Ticket schon sicher!

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