"Der Preis ist heiß": Harry Wijnvoord ist zurück und alles dreht am Rad

Die Retrowelle hat also auch vor „Der Preis ist heiß“ nicht Halt gemacht. Nach 25 Jahren durfte die Moderatoren-Legende Harry Wijnvoord wieder ins Rampenlicht und in der Neuauflage seiner Kult-Show der 1990er-Jahre bei RTL das Publikum in Ekstase versetzen und die KandidatInnen Preise schätzen lassen. Der Gewinner des Abends war eindeutig Kevin, der ein neues Chromjuwel und obendrein eine „Traumküche“ gewinnen konnte. Dass die legendäre Dauerwerbesendung zwischenzeitlich von Werbung unterbrochen wurde, war wieder etwas irritierend, verschaffte einem aber auch stets ein wenig Erleichterung.

Eine KritikvonRobert Penz

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„25 Jahre hab ich auf diesen Moment gewartet. Ich darf Ihnen wieder herrliche Preise anbieten“, freute sich Harry Wijnvoord zu Beginn seines großen Comebacks. Die Retrowelle hat nach „Wetten, dass?“ oder „Geh aufs Ganze!“ auch seine in den 1990er-Jahren beliebte Produkteshow „Der Preis ist heiß“ zurück ins Fernsehen befördert. Sie machte den in den Niederlanden geborenen Wijnvoord sowie Moderationspartner Walter Freiwald, der 2019 verstarb, in Deutschland populär. Vor 25 Jahren musste Wijnvoord die Show dann dennoch an den Nagel hängen. So ganz weg war der Preisbewusste danach aber nie, sah man ihn schließlich noch in Formaten wie etwa „Stars gegen Stars“, der Kochsendung „Der Reis ist heiß“ oder mit Show-Dinos wie Karl Dall auf dem Jakobsweg. Auch als Pferde-Auktionator verdingte er sich. Und natürlich, daran werden sich wohl die meisten erinnern, musste sich der Niederländer 2004 durch die Fauna des australischen Dschungels futtern. Doch nur kurz, denn er stieg freiwillig aus.

Publikum zuckt völlig aus

„Der Preis ist heiß“ ist also zurück im deutschen Fernsehen. Nostalgiker konnten ihr Glück ob des Revivals der berühmtesten Dauerwerbesendung kaum fassen. Wo begegnet einem denn sonst so ein mit lieblich gefertigtem Modeschmuck und Reißnägeln besetzter Rückenkratzer aus Palisander, mit dem man sich, wenn man ihn zuvor zwei Minuten in der Sonne lädt, auch in das eigens programmierte Rückenkratzer-Intranet einwählen kann, um sich mit anderen Rückenkratzer-Affinen auszutauschen? Eben! Schon der erste Preis, den es am Mittwochabend bei „Der Preis ist heiß“ zu erraten galt, ließ das Publikum, das ohnedies unter Starkstrom stand, regelrecht auszucken: ein riesiger aufblasbarer Flamingo-Pool mit Getränkehaltern und eingebautem Kühler. Ein Superding!

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„Du bist der Held meiner Kindheit“

Kandidatin Nadine, leicht angespannt und aufgewühlt, aber auch angenehm fanatisch, schätzte ihn beispielsweise auf 120 Euro, was sie doch glatt zur Gewinnerin werden ließ. Schon zuvor machte sie den Eindruck, als wollte sie immer schon exakt so einen aufblasbaren Flamingo-Pool mit den Getränkehaltern und dem eingebauten Kühler. „Du bist der Held meiner Kindheit“, ließ sie kurz vor ihrem Abgang Wijnvoord noch wissen, der in lässigen Sneakers moderierte und von Adlatus Thorsten Schorn, der seit 2018 auch schon bei „Denn sie wissen nicht, was passiert“ an der Seite von Barbara Schöneberger, Günther Jauch und Thomas Gottschalk abstinkt, unterstützt wurde. Was „Der Preis ist heiß“ natürlich extrem interessant macht: Nicht immer müssen Preise einfach nur geschätzt werden. Manchmal gilt es sie auch Produkten zuzuordnen. Wahnsinn!

Hilfreiche Zahlenakrobaten im Publikum

Auch Kandidatin Ariane war fürchterlich aufgeregt, als es darum ging, für das Fitnessgerät mit Spezialflüssigkeit (sic!) einen Preis zu finden. Mehrmals drehte sie sich verzweifelt und hilfesuchend zum Publikum um, das reichlich Möglichkeiten offerierte und ihr alle Zahlen bis in die Unendlichkeit zurief. Mit 180 Euro schätzte Ariane letztlich nur haarscharf am realen Preis von 170 Euro vorbei, lag aber darüber. Und die eiserne Regel von „Der Preis ist heiß‘“ natürlich, die vom Fließbandarbeiter bis zum Generaldirektor schlichtweg jeder kennen sollte: Du darfst niemals, aber wirklich niemals überbieten, sonst bist du automatisch draußen. Anne schätzte den Preis zu hoch ein und war daraufhin völlig desperat, wie man sich vorstellen kann. Nicht so der eigens aus Hamburg angereiste Reza, der kurze Zeit später eine Audio-Sonnenbrille, einen Lautsprecher, zwei faltbare Fußballtore, die laut Werbefuzzi Schorn noch pünktlich zur Weltmeisterschaft kommen würden, und einen Saugroboter abräumte. Der vielleicht schönste Tag in Rezas Leben.

„Plinko! Plinko! Plinko!“

Angesichts der berauschten Verhältnisse auf der Tribüne und des knallbunten Kirmes-Settings im Studio verschafften einem die kurzen Werbepausen in dieser Dauerwerbesendung ein wenig Erleichterung. So konnte man etwa seinen Kopf für fünf Minuten in ein schwarzes Loch legen, auf YouTube ein paar kalmierenden Walgesängen lauschen oder einfach dem Alkohol mit Verve zusprechen, ehe das Publikum beim Spiel „Mehr oder weniger“ wieder unangenehm laut „Mehr!“ oder „Weniger!“ brüllte. Oder Wijnvoord und Schorn ein Schulranzenset und eine Fritteuse wie die Krone Karls des Großen bejubelten. Marvin, der beim Spiel „Plinko“ nicht zuletzt dank dem Publikum, das ihn leidenschaftlich mit „Plinko! Plinko! Plinko!“ anfeuerte, ein Wasserfahrrad gewinnen konnte, hätte dieses, so wie er strahlte, niemals gegen Karls Krone getauscht.

Kevin – der Abräumer des Abends

„War die Sendung früher auch schon so scheiße?“, wollte indes jemand aus der jüngeren Generation, dessen hohe Erwartungen offenbar leicht enttäuscht wurden, auf Twitter wissen. Vermutlich konnte der junge Kritiker nicht einmal die Windmühle mit Solarbeleuchtung zu schätzen wissen, deren Flügel sich laut Schorn dank einem Kugellager schon bei leichtem Wind drehen würden – ein unfassbares Asset. Nach den Preis-Spielen läutete natürlich auch in der Neuauflage des Formats „Das Rad“ die letzte Runde ein, das einst von Freiwald stets mit den Worten „Meine Damen und Herren…das Rad!“ angekündigt worden war. Heißt: Die Gewinner der Preis-Spiele mussten an einem Glücksrad drehen und konnten, wenn dieses bei der Zahl „100“ stehenblieb, ein Auto gewinnen, was bei Kevin auch tatsächlich der Fall war. Er durfte mit seinem neuen Boliden auch gleich die „Traumküche“, die er zuvor abgestaubt hatte, heimwärts transportieren.

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Sascha verschätzt sich beim Schuh-Erfrischer

„Was ist die typische Dachwinkelneigung in Hamburg?“, wollte Wijnvoord noch von Kandidat und Dachdecker Tobias wissen. „Flachdach“, antwortete dieser knapp, unmittelbar bevor er einen Grillsmoker und einen Bar-Trolley einheimsen konnte. Auch ein automatischer Schuh-Erfrischer wurde kurz vor dem Finale von Thorsten Schorn noch inszeniert. So wie der neue Kandidat Sascha angelaufen kam, hätte er den auch relativ bald gut gebrauchen können. Doch Sascha dachte allen Ernstes, der automatische Schuh-Erfrischer würde nur 49 Euro kosten. Wie konnte er nur?

Das große, aber kurze Finale

Im Großen Finale um den Superpreis wurden den drei Finalkandidaten Nicole, Marvin und Kevin dann „viele schöne Sachen“ wie etwa eine E-Gitarre, eine Hollywoodschaukel und eine USA-Rundreise, deren Preise sie schätzen und im Kopf addieren mussten, während – und das machte die Sache etwas schwieriger – Thorsten Schorn ohne Punkt und Komma über die „Sachen“ laberte. „Der von uns gesuchte Gesamtpreis ist 23.376 Euro. Sie beide haben zu viel geboten und Marvin ist zu weit“, machte es Harry Wijnvoord im angeblich großen Finale extrem kurz, ehe er seine überlange Dauerwerbesendung, die in diesem Jahr noch zweimal ausgestrahlt werden soll, beendete. „‚Der Preis ist heiß‘ mit einem bestens aufgelegten Harry Wijnvoord ist einfach ne tolle Gute-Laune-Sendung. Erinnert mich ein bisschen an den sonntäglichen ‚Bingobären‘ beim NDR“, meinte jemand auf Twitter. Also: Wer die erste Ausgabe des legendären Formats mit Harry Wijnvoord verpasst hat und auf den NDR-Bingobären steht: Die nächste „Der Preis ist heiß“-Folge ja nicht versäumen! Alle anderen: Unbedingt auslassen!

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