"Claudias House of Love": Fremdscham, Schnaps – und kein Kandidat auf Augenhöhe

Man kann auch ohne Spaß Alkohol haben. Dass Claudia Obert gerne ein bisschen pichelt, hat sie in ihren bisherigen Trash-TV-Auftritten reichlich bewiesen. Doch bei ihrer eigenen Show „Claudias House of Love“ zeigt der Streamingdienst Joyn, dass es für gutes Trash-TV mehr braucht, als nur massenweise Schnaps.

Claudia Obert ist selbst unter den schillerndsten Trash-TV-Vögeln noch einer der buntesten. Wo andere sich eine Rolle als Nervensäge, Lästermaul, Aggro-Prolet oder Blitzbirne gesucht haben, um für Reality-Formate gebucht zu werden, hat Obert sich bei ihren bisherigen Show-Auftritten vor allem mit drei Dingen einen Namen gemacht: krakeelen, über Sex reden und trinken. In beliebiger Reihenfolge und gerne auch alles auf einmal.

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Für den Münchener Streamingdienst Joyn reichen diese drei Attribute, um Obert von ihrem eigentlichen Beruf als Mode-Unternehmerin abzulenken und ihr nun eine eigene Show zu widmen. Hatte sie bei anderen Formaten wie „Promis unter Palmen“ noch Konkurrenz, die mit ihr um Sendezeit und den Spruch des Tages kämpften, hat „die Oberin“ nun freie Fahrt. Eigentlich. Denn in Folge eins von „Claudias House of Love“ geriet alles ein bisschen außer Kontrolle.

Grund dafür ist, dass man es bei der Produktionsfirma bei der Auswahl der Kandidaten ein bisschen zu gut gemeint hat. Doch von vorne: In „Claudias House of Love“ hat man Frau Obert eine Behausung zur Verfügung gestellt, in der sie unter zehn Kandidaten ihren Traummann herausfiltern soll. Damit tritt sie die Nachfolge von Cora Schumacher an, die vor kurzem in „Coras House of Love“ Ähnliches bewerkstelligen sollte.

Claudia Oberts Wunschliste: essen, trinken, Sex

Damit das Ganze unter so etwas wie Wettbewerbsbedingungen abläuft, hat man sich ein paar Programmpunkte ausgedacht. Die geben dem Treiben zwar nicht Sinn und Verstand, aber immerhin Anfang und Ende. So müssen die Kandidaten in sogenannten „Love Challenges“ die Umworbene mit Gaga-Aufgaben beeindrucken. Nach und nach wählt die Obert dann Kandidaten aus dem Haus, die ihren Anforderungen nicht genügen.

Dieses Nicht-Genügen ist allerdings gar nicht so leicht, denn Oberts Anforderungen an Männer sind äußerst niedrigschwellig: „Es gibt drei Sachen, denen sie zugetan sein müssen: gut essen, gut trinken und Sex.“ Das müsste doch mehr als ein Kandidat hinbekommen und weil sonst nicht wesentlich mehr gefordert ist, sollte die Auswahl der Kandidaten jeden Trash-TV-Fan hoffnungsfroh stimmen.

Da ist zum Beispiel Aytunc. Der hat zwar Schwierigkeiten, sein eigenes Oberarmtattoo vorzulesen, hat dafür aber mindestens ein Kriterium fest im Visier: „Mein Ziel ist, Sex zu haben und dass die anderen das mitbekommen.“

Ähnliches hat auch Thomas Mario vor: „Wir können das komplette Alphabet durchbumsen“, gibt sich der selbstständige Barkeeper generös, sieht sich selbst aber trotz solcher Äußerungen als „Diamant“, wenn auch als „ungeschliffener“.

Dass ihm, Obert und vor allem dem Zuschauer diese Form der alphabetischen Zuneigungsbekundung zumindest in Folge eins erspart bleibt, liegt daran, dass sich Thomas Mario erst einmal auf Punkt zwei, das Trinken, konzentriert. Selbst wenn der Schnitt seinen Tribut fordert, hat der 35-Jährige offenbar relativ zügig ein paar Promillchen auf dem Tacho. Und was macht man als junger Mann, wenn der Alkohol unter Wettbwerbsdruck die Zunge lockert: man pöbelt und gockelt herum.

„Claudias House of Love“: Nikolai läutet „die Glocke der Peinlichkeit“

Zuerst und dann immer wieder gerät er mit Gastronom Antonio aneinander, weil der ihm rät, es mit dem Alkohol doch ein bisschen ruhiger anzugehen. Später dann ist es der 73-jährige Nikolai, mit dem sich Thomas Mario in die Wolle kriegt. Es ist nicht wirklich ersichtlich, was genau Thomas Mario immer wieder auf die Palme bringt, aber es scheint ihm wichtig zu sein, dass alle wissen, dass er sich erstens nichts gefallen lässt, weil er zweitens ja nicht irgendwer ist: „Ich hab‘ zwei Eigentumswohnungen. Also mein Vater.“

Nikolai wiederum hat nur sich selbst, aber das reicht dem Senioren völlig: „Vor mir wird sie Angst haben“, prophezeit der Bildhauer bei seiner Ankunft und was genau er damit gemeint haben könnte, zeigt er bei der ersten „Love Challenge“. Dort sollen die Herren in Kostümen ein bisschen für die Obert tanzen oder wie es der Off-Sprecher ausdrückt: „Die Glocke der Peinlichkeit läuten.“ Und diese Glocke am kräftigsten geläutet hat dann eben Nikolai.

Weil vor ihm von der Konkurrenz bereits alles aufgetanzt worden war, lässt Nikolai mangels anderer Ideen einfach Hose und Schlüpper fallen. „Da hab‘ ich halt runtergelassen. Ich darf’s ja“, erklärt der 73-Jährige seinen Geistesblitz. Doch seine Aktion ruft bei Obert weniger erotische, als vielmehr mütterliche Gefühle hervor: „Erkält dich nicht, zieh dir mal was an!“

Es ist nicht schwer zu erraten, dass Nikolai die „Love Challenge“ nicht gewonnen hat. Als Preis hätte es eine kurze Weinverkostung mit der Obert gegeben, denn „zu Vino sag‘ ich nie No!“, wie Claudia Obert erklärt. Das ist an sich völlig wurscht, die „Tanzeinlage“ zeigt aber, dass sich die Kandidaten nur an eine einzige Regel halten müssen, noch nicht einmal an die Regeln des Anstands. Welche Regel das ist, zeigte Obert kurz zuvor an Kandidat Gerd.

Die Goldene Regel der Claudia Obert

Laut Sendungswaschzettel will Claudia „den Mann fürs Leben“ finden. Das ist zugegebenerweise nicht die originellste Ausrede, um ein bisschen Sendezeit zu füllen, aber Gerd hat es offenbar geglaubt. Dass es hier aber nicht um eine wirkliche Partnersuche geht, erklärt die Obert dem 72-Jährigen höchstpersönlich, als Gerd beim Plaudern über gemeinsame Bekannte der Satz rausrutscht, dass es ja hier nicht um andere Personen gehe, sondern „um uns“.

Da weist ihn die Obert ohne Umschweife auf seinen Irrtum hin: „Es geht um mich. Es geht nicht um uns, es geht um mich.“

Maximal-Eskalation zwischen Nick und Obert: "Du wirst sowas von plattgemacht“

Und genau das ist das Problem an „Claudias House of Love“, zumindest an der ersten Folge. Nach ihren bisherigen TV-Auftritten konnte Joyn tatsächlich guter Hoffnung sein, dass eine Claudia Obert für unterhaltsames Trash-TV reicht. Dem ist aber – bisher – nicht so. Obert fehlt nämlich noch der passende Gegenpart, der ihr auf Augenhöhe Paroli bietet. Mit Désirée Nick hat das, wenn auch auf einem sehr niedrigen Niveau, funktioniert, hier versanden die Sprüche der Obert weitgehend.

Das liegt zum einen daran, dass die Kandidaten ihr entweder sofort nachgeben, etwa, als sie den pöbelnden Thomas Mario mit einem „Sei jetzt mal ruhig und setz dich hin!“ zum Schweigen bringt. Oder aber die Kandidaten, wie Nikolai, scheren sich zu wenig darum, was die Obert denkt. Kurzum: Die Dosierung stimmt noch nicht.

„Claudias House of Love“, seit dem 7. Januar beim Streamingdienst Joyn immer donnerstags eine neue Folge.

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