Jenny Jürgens: "Mein größter Luxus ist, dass ich Nein sagen kann"

Wer Jenny Jürgens, 55, auf Mallorca besucht, wird freundlich begrüßt. Hollybolly und Stinkiwinki, ihre beiden Hunde, kommen fröhlich wedelnd die Anhöhe hoch gerannt, sobald sich das Tor öffnet. Hühner gackern, und Esel recken neugierig die Köpfe. Schließlich kommt Jenny Jürgens selbst. Strahlend. In Sóller, im Nordwesten der Insel, hat sie mit ihrem Mann, dem Regisseur David Carreras, ihren Glücksort gefunden.

Jetzt kann sie auch endlich wieder positiv in die Zukunft blicken. Der Streit um das Erbe ihres 2014verstorbenen Vaters mit dessen Ex-Manager Freddy Burger ist entschieden. Die Rechte an seinen Songs gehen an die Familie. Ein Urteil, das Arbeit und Verantwortung mit sich bringt, bei Jenny aber auch Energie für Neues freisetzt. Gerade bereitet sie ihre erste Fotoausstellung vor.

Jenny Jürgens: „Mein Tag ist ausgefüllt“

Gala: Sie wirken glücklich. Ist dieser Eindruck, den Sie auch in den sozialen Medien erwecken, richtig?
Jenny: Das ist ein Kompliment, danke. Ja, ich empfinde mich selbst so. Obwohl es immer Themen gibt, an denen ich arbeite.

Zum Beispiel?
Einige Kommentare beschäftigen mich. Andeutungen, die sich auf meine materielle Situation beziehen. Etwa, dass ich nicht arbeiten würde. Dabei habe ich vier Berufe. Ich fotografiere, ich leite mit der Familie das Lebenswerk meines Vaters und gemeinsam mit dem DRK Düsseldorf mein Projekt Herzwerk gegen Altersarmut. Ich habe eine Familie und bewirtschafte eine kleine Farm. Mein Tag ist ausgefüllt.

Sie sind jetzt also keine Millionen­erbin, die shoppen geht?
Als ich neulich bei Swiss Air in die Erste Klasse upgegradet worden bin, habe ich mich gefreut wie ein sechsjähriges Kind. Auf Kommentare wie "Den Erste-Klasse-Flug kannst du dir doch selbst leisten!", antworte ich: Darum geht es nicht. Die Möglichkeit, etwas zu tun, bedeutet nicht, dass man es auch tut. Ja, ich könnte mir einen 2000-Euro-Flug leisten, aber ich will es nicht. Warum auch? Ich fahre hier auch nur Gebrauchtwagen. Ich bin überhaupt nicht geizig, aber manches passt nicht zu mir. Das ist ein rechtmäßiges Erbe. Man hat das Recht, dieses Geld zu genießen, muss es aber nicht demonstrativ zur Schau stellen.

Was ist für Sie Luxus?
Freiheit zu fühlen. Mein größter Luxus ist, dass ich Nein sagen kann, nichts muss. Diese Unabhängigkeit hat mir mein Vater geschenkt. Jeden Morgen, wenn ich mit meinem Kaffee auf die Terrasse gehe, schicke ich einen Gedanken zu ihm. Das hätte ich mir als Schauspielerin nie leisten können, da war eher immer die Panik: Wie geht es weiter? Sich darüber keine Sorgen machen zu müssen ist großartig.

Aber Sie waren als "Tochter von …" doch immer privilegiert.
Ja, ich hatte ein Backup, wäre nicht auf der Straße gelandet, hätte zähneknirschend meinen Vater anrufen und um Geld bitten können. Aber er war streng. Er hat signalisiert, dass er das nicht gut findet. Ich habe 30 Jahre für mich gesorgt und hart gearbeitet.

Wie schwer war der Weg bis zum Erbe?
Wir haben sehr anstrengende Jahre hinter uns – jetzt ist der Erbstreit vorbei. Das zu verteidigen hat uns viel gekostet, finanziell und emotional. Jetzt wird ein neues Kapitel aufgeschlagen. Ich kann den Fans versichern: Wir sind diesen Weg für unseren Vater gegangen, um die Rechte in der Familie zu lassen, wo sie hingehören. Das haben wir geschafft. Der Gedanke, dass es an andere Menschen geht, war unerträglich. Es wird einiges passieren. Der Künstler Udo Jürgens wird wieder in vielerlei Hinsicht zum Klingen gebracht. Wir haben gerade den Vertrag mit Sony Music Deutschland unterzeichnet, das war ein ganz großer Schritt. Wir werden gemeinsam mit Sony entscheiden, wie Udos Musik wieder auf den Markt gebracht wird.

Hat dieser Kampf die Familie näher zusammengebracht?
Auf jeden Fall. Wir waren schon vorher eng, aber jetzt hatten wir fast täglich Kontakt. Wir sind auch in engem Austausch mit der Sonja. (Udo Jürgens’ uneheliche Tochter; Anm. d. Red.) Wenn das der Vater sehen würde, würde er mit Freude und Stolz auf uns schauen.

Die Fotografie ist ihre Leidenschaft

Statt zur Ruhe zu kommen, planen Sie gerade Ihre Fotoausstellung. Ich habe immer gern fotografiert – das liegt in der Familie. Mein Onkel Manfred Bockelmann ist ein guter Fotograf, und meine Mutter ist eine große Künstlerin in dieser Hinsicht. Es ist neben dem Film die einzige Form, Erinnerungen zu konservieren, das finde ich schön. Im Laufe der vergangenen schwierigen Jahre hat sich mein Bedürfnis danach intensiviert. Die Fotografie wurde ein Ausgleich zu meinem Stress. Du fotografierst allein, bist eins mit der Kamera, das kommt mir sehr entgegen.

Haben Sie Lieblingsmotive?
Nein, ich will mich nicht festlegen lassen, sondern die Freiheit haben zu experimentieren. Ich bezeichne mich auch weiter als Hobbyfotografin. Aber ich habe mir gesagt: Erfreue dich an den Dingen, die möglich sind, und halte dich nicht am Vergangenen fest.

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Meinen Sie die Schau­spielerei?
Ja, das muss man ohne Schmerzen erkennen. Ich merkte ja, seit ich Ende vierzig war, dass kaum noch Angebote reinkommen. Aber es hat sich alles gefügt, ich muss nicht mehr um jeden Preis Schauspielerin sein. Es ist auch eine Befreiung, nicht mehr auf die Bühne zu müssen. Man braucht eine starke seelische Natur für diesen Beruf. Ich hatte immer wahnsinniges Lampenfieber, habe sogar eine Angststörung entwickelt. Schon Wochen vor den Premieren hat es mich zerlegt.

Und wie blicken Sie nun der Vernissage entgegen?
Voller Vorfreude. Und glücklich, meine Kreativität jetzt anders kanalisieren zu können.

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