Filmkritik „Bones And All”: Frauenschwarm Timothée Chalamet als sexy Kannibale

Kinostart: 24.11.2022

Filmkritik „Bones And All”: Frauenschwarm Timothée Chalamet als sexy Kannibale

von Mireilla Zirpins

Bei der Filmpremiere von „Bones And All“ in Venedig sorgte Timothée Chalamet für Kreischalarm: mit einem scharfen rückenfreien Outfit auf dem roten Teppich. Der Frauenschwarm traut sich was – auch im neuen Film von Luca Guadagnino („Call Me By Your Name“). Da zeigt er uns nicht nur seinen Rücken, sondern läuft gern ganz oben ohne herum. Und macht als sexy Kannibale nicht nur seinem Ruf als Womanizer alle Ehre, sondern knabbert die Opfer nicht nur als Menschenfresser an, sondern durchaus vorher auch sexuell.

Guadagninos zweiter Film mit Timothée Chalamet

Für Wirbel um den Kannibalen-Filmstoff sorgte aber zunächst Regisseur Luca Guadagnino, der hier zum zweiten Mal mit seiner „Chala-Muse“ zusammenarbeitet. Er erklärte, von ihm aus wäre nicht Timothée Chalamet wieder dabei, wenn er eine Fortsetzung von „Call Me By Your Name“ dreht, sondern auch Armie Hammer. Wir erinnern uns: Hammer war wegen eher unappetitlicher Vorwürfe bei vielen in Hollywood in Ungnade gefallen. Mehrere Frauen reichen ihm sexuelle Nötigung bis zu kannibalistischer Neigung vor. Und nun kommt Luca Guadagnino ausgerechnet mit einem Film um die Ecke, in dem reichlich Menschenfleisch gefuttert wird.

Aber Guadagnino weist weit von sich, dass sein neuer Film und die vermeintlichen Vorlieben Armie Hammers etwas miteinander zu tun haben könnten. „Jeder Zusammenhang mit dieser Art von Anspielungen und Dummheiten ist absurd“, sagte er bei einer Masterclass in Zürich. Er habe den Wirbel in den sozialen Netzwerken gar nicht mitbekommen, der Film sei ohnehin schon viel länger geplant. Und er arbeite eben gern mit Schauspielern, die er schon kennt. Und schließlich war die schwule Sommerromanze von Armie Hammer und Timothée Chalamet in „Call Me By Your Name“ ein Kritiker- und Publikumsliebling.

Dass es einen zweiten Teil geben soll, ist für viele Filmfans grundsätzlich erst mal eine gute Nachricht. Und dass Timothée Chalamet im neuen Film von Luca Guadagnino wieder mit von der Partie ist, auch – was auch immer den Regisseur dafür begeistert hat, ausgerechnet den Kannibalen-Roman „Bones And All“ von Claire DeAngelis zu verfilmen. Der Film jedenfalls ist ein romantisches Roadmovie und kein splatteriger Horrorfilm, aber trotzdem nichts für Leute, die ein Problem damit haben, wenn schmatzend und bluttriefend Gedärme ausgeweidet werden.

Timothée Chalamet als Kannibale in "Bones And All"

Wilde Love Story unter Kannibalen: "Bones And All"

Die Hauptrolle spielt die kanadische Schauspielerin Taylor Russell („Lost In Space“, „Waves“) mit einer wilden Mischung aus Unsicherheit und Getriebenheit. Und sie holt uns als blutjunge Kannibalin Maren gleich mit einem echten Schockmoment in die Welt der „Eaters“. Das sind in „Bones And All“ diejenigen, die einen unbändigen Drang verspüren, ihre menschlichen Artgenossen zu verspeisen. Und da endet das Nägellackieren auf der Übernachtungsparty mit einem abgeknabberten Finger. Schnell wird uns klar, dass Maren das nicht zum ersten Mal gemacht hat. Aber ihr Vater hat es satt, alle naselang in einem anderen US-Bundesstaat unterzutauchen und lässt seine Tochter einfach sitzen mit ein paar Dollars und ihrer Geburtsurkunde. Also zieht die Schülerin los. Sie will ihre Mutter suchen, an die sie keine Erinnerungen mehr hat.

Dabei lauert ihr erst ein älterer Eater (echt creepy: Mark Rylance) auf, dann trifft sie den süßen Lee. Timothée Chalamet spielt ihn mit einer Mischung aus Bad-Boy- und Bubi-Charme, aber Vorsicht: Er hat es in puncto Fleischeslust faustdick hinter den Ohren. Da legt er auch schon mal in einem Maisfeld Hand an einen jungen Mann, bevor er ihn hinrichtet.

Zwischen den beiden Youngstern Maren und Lee entwickelt sich bald mehr als die gemeinsame Vorliebe für menschliches Frischfleisch. Doch natürlich ist das alles nicht ganz so einfach, wenn man sich als Outlaws an den Grenzen der Gesellschaft der Reagan-Ära bewegt.

Guadagnino gelingt das Kunststück, aus dem Romanstoff keinen Horrorfilm mit billigen Schockeffekten, sondern ein an vielen Stellen echt stimmungsvolles Eighties-Roadmovie zu schaffen, das gleichzeitig auch noch bitterböse Gesellschaftssatire, Coming-of-Age-Geschichte und jugendliche Love-Story ist. Das ist vielleicht von allem ein bisschen viel und stellenweise ein bisschen lang, aber doch intensiv und als Kinoerfahrung unglaublich anders.

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