Birthe Wolter: "Plötzlich stand ich oben ohne auf der Bühne"

Nach einer langen Durststrecke ist es endlich so weit: Das Theater öffnet wieder. Schauspielerin Birthe Wolter wird am Sonntag im Stück „Vorhang auf für Cyrano“ zu sehen sein und erzählt t-online bei dieser Gelegenheit von ihrem skurrilsten Erlebnis auf der Bühne. 

Was für viele wie ein Albtraum klingt, war für Birthe Wolter „wahnsinnig lustig“. Die Schauspielerin stand während einer Aufführung plötzlich oben ohne da, als ihr Bikinioberteil sich verselbstständigte. Die 39-Jährige nimmt es noch heute mit Humor, hat mit Nacktheit sowieso kein Problem. 

Ab Sonntag steht Wolter für das Stück „Vorhang auf für Cyrano“ im Schillertheater in Berlin auf der Bühne. Wie sehr ihr das Spielen gefehlt hat, worum es in dem Stück geht, die Geschichte mit dem schwindenden Bikinioberteil und was sie getan hat, als ein Gast einmal einen Herzinfarkt erlitten hat, verrät die Mimin im Interview. 

Birthe Wolter: Ich freue mich über alle Maßen, endlich wieder zu spielen. Ich bin ein Energiebündel. Es passte absolut nicht zu meinem Naturell, jetzt eineinhalb Jahre die Füße still zu halten. Mein Freund freut sich auch, wenn ich endlich wieder auf die Bühne darf und er das zu Hause nicht alles abbekommt (lacht).

Was haben Sie denn in dieser langen Corona-bedingten Pause gemacht?

Ich wurde erst einmal bei den Wühlmäusen gekündigt wegen Corona. Eigentlich hatten wir ein drittes Stück geplant, das ist alles ins Wasser gefallen, was wirklich schade war. Ich habe aber ein bisschen drehen können zwischenzeitlich. Außerdem habe ich versucht, den Fuß in die Synchronarbeit zu bekommen. Es ist natürlich schwierig, so viel Zeit mit sich selbst zu haben und sich mit sich selbst zu beschäftigen. Ich bin das als Schauspielerin aber gewöhnt. Ich habe trotzdem Monologe gelernt und mich mit anderen Dingen beschäftigt.

Haben Sie es in dieser Zeit bereut, Schauspielerin geworden zu sein?

Ja, das habe ich schon oft irgendwie auch mal bereut (lacht). Klar, manchmal ist das Warten auf den nächsten Job nicht leicht. Mit zunehmendem Alter wird das auch schwieriger. Ich gehe jetzt stramm auf die 40 zu, werde in diesem Jahr noch 40. Ich habe das Gefühl, dass es mir immer schwerer fällt, nicht zu wissen, was passiert, ob ich genug Jobs bekomme. Da denke ich schon manchmal, warum habe ich nichts Vernünftiges gelernt. Auf der anderen Seite macht mich der Beruf auch so glücklich. Ich bin jetzt im Schiller Theater, ich muss wirklich sagen, dass ist so ein besonderes Ensemble. Da gibt es nichts Schöneres und in solchen Momenten merke ich wieder: Darum mache ich das.

Wie ging es Ihnen denn finanziell in der Krise?

Nicht so gut. Ich bin durch alle Raster für Hilfsfinanzierungen der Bundesregierung gefallen. Das war richtig bescheuert. Bei dem einen durfte man nur beantragen, wenn man 51 Prozent aus selbstständiger Tätigkeit bekam, da lag ich glaube ich 300 Euro drunter, die ich mit einer Festanstellung mehr eingenommen habe. Bei einem anderen Angebot hätte man sich im Januar nicht arbeitslos melden dürfen. Ich denke mir, wer schafft es denn ein Jahr ohne Hilfe, wenn er sie denn schon einmal beantragt hat. Das kommt bei uns Schauspielern eh so gut wie nie vor. Ich habe jetzt extrem gemerkt, dass wir mit unserer Zunft ganz schön verloren haben. Wir haben auch keine Gewerkschaft. Wir haben niemanden, der sich für uns stark macht.   

Sind Sie von der Politik enttäuscht?

Ich glaube, dafür habe ich zu sehr den Blick über den Tellerrand. Ich schaffe es immer, meinen Blick auch auf andere Länder zu wenden und bin am Ende des Tages tendenziell immer dankbar, dass ich in Deutschland leben darf. Trotzdem war ich all die Jahre schon immer mal wieder enttäuscht von der Bundesregierung, weil wir freischaffende Künstler es bereits in vielen Bereichen nicht leicht haben. Dabei machen wir schon einen großen Teil der Bevölkerung aus. Es ging mir in der Corona-Krise nicht zum ersten Mal so, dass ich dachte: Warum wird nicht auch mal an uns gedacht.

Dabei ist die Kultur so wichtig für unser Land.

Genau und vor allem fragt man sich schon, woran es liegt. Wir zahlen ja auch die gleichen Sozialabgaben. Ich zahle seit 20 Jahren meine Steuern, kann mich aber nie arbeitslos melden oder Hilfe beantragen, weil ich dann immer irgendwie durch irgendein blödes Raster falle. Das ist schon sehr ärgerlich. Aber mein Gott, mir geht es trotzdem so viel besser als vielen Menschen da draußen. Deswegen finde ich dieses deutsche Meckern oft blöd. Ich möchte den Blick eher ins Positive wenden.

„Vorhang auf für Cyrano“: Birthe Wolter im Schiller Theater.(Quelle: IMAGO / Future Image)

Blicken wir auf das Positive. Worum geht es im Stück „Vorhang auf für Cyrano“?

Es geht um die Entstehungsgeschichte von „Cyrano de Bergerac“. Das ist ja der französische Theaterklassiker. Es geht darum, wie der Autor dazu gekommen ist, das Stück zu schreiben. Er war sehr lange Zeit erfolglos und landete dann mit „Cyrano“ den großen Durchbruch. Wir sind zwölf Schauspieler und spielen um die 45 Rollen. Das Stück besteht teilweise aus ganz kleinen Szenen und dann wird das komplette Bühnenbild von uns wieder umgebaut. Wir tragen sehr klassische Kostüme und ich glaube, das wird ein wunderschöner klassischer Theaterabend. Ein richtiges Bonbon für Theaterliebhaber.

„Vorhang auf für Cyrano“ feiert am 13. Juni in der Komödie am Kurfürstendamm im Schillertheater Premiere. Tickets gibt es hier.

Sie standen lange nicht auf der Bühne, spielen nun in einem Stück, in dem Sie auch noch mehrere Rollen verkörpern. War das besonders schwierig?

Nein, überhaupt nicht. Ich habe auch ein bisschen gedreht während der Pandemie und ich beschäftige mich immer mit meinem Beruf, damit das Instrument nicht kalt wird. Ich hatte so viel Spielfreude, wie ein Welpe, der endlich wieder Auslauf bekommt. Ich probe total gern und hatte überhaupt keine Probleme.

Bekommen Sie als Schauspielerin eigentlich viel von dem mit, was im Publikum passiert?

Ich bekomme alles mit. Ich sag dann danach auch zu meinen Kollegen: Boah, habt ihr das gesehen, in Reihe drei, fünfter Platz ist einer eingeschlafen. So etwas bekomme ich alles mit.

Was stört Sie dann besonders im Publikum?

Ich hatte mal einen Typen in der ersten Reihe sitzen, der hatte zwei Frauen dabei, mit denen er abwechselnd geknutscht hat. Das hat nicht nur mich gestört, sondern auch die anderen Zuschauer. Da habe ich dann unterbrochen und gesagt, dass er gern draußen weiterknutschen kann, weil uns das alle ein wenig ablenkt. Ich hatte auch schon mal einen in der ersten Reihe sitzen, der einen Herzinfarkt hatte. Aber ich glaube, es gibt schlimmere Orte für einen Herzinfarkt. Wir können dort natürlich in schnellster Zeit für Hilfe sorgen.

Was ist dann passiert?

Er hat zum Glück überlebt. Meine Kollegin und ich standen allein auf der Bühne. Ich habe noch gedacht, warum lacht der so. So witzig war mein Witz auch nicht. Dann habe ich ihn angeschaut und gesehen, dass er ganz grün war. Seine Frau fing dann an, ganz laut seinen Namen zu schreien. Das geht mir heute noch durch Mark und Bein. Meine Kollegin hatte eine Ausbildung zur Krankenschwester gemacht und wusste sofort, was zu tun ist. Ich bin dann nach hinten gelaufen und habe mich darum gekümmert, dass ein Krankenwagen gerufen wird.

Welches Stück war das?

Das war in Frankfurt. Ich glaube bei dem Stück „Hier sind Sie richtig“, aber ich bin mir nicht sicher. Bei diesem Stück ist so einiges passiert. In einer Vorstellung stand ich auf der Bühne und mein Bikinioberteil ist geplatzt.

Wie bitte?

Plötzlich stand ich oben ohne auf der Bühne. Die Zuschauer haben gebrüllt vor Lachen. Danach wurde die Vorstellung erstaunlich voller, wahrscheinlich dachten die, dass passiert jetzt jedes Mal (lacht). Das war kurz nach Weihnachten und auf einmal ist der Träger gerissen und dieses Bikinioberteil ist mir während einer Szene einfach über den Kopf geflitscht. Meine Kollegin hat sich vor Lachen nicht mehr eingekriegt und meinte: Du tust wohl alles für dein Publikum. Das werde ich nie vergessen. Ich habe dann gesagt: Naja, wir haben Weihnachten. Süßer die Glocken nie klingen. Die Leute lagen auf dem Boden vor Lachen. Das war eine wahnsinnig lustige Vorstellung.

Und sehr spontan gekontert!

Ja, ich war ja auch mal in der TV-Show „Schillerstraße“, da geht es ja auch ums Improvisieren. Da habe ich allerdings gemerkt, dass ich nichts bin gegen die Kollegen.  

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War es Ihnen denn peinlich oben ohne auf der Bühne zu stehen?

Nein, gar nicht. Ich komme aus einer Großfamilie, ich habe vier Geschwister. Bei uns war Nacktheit nie ein Thema. Meine älteren Geschwister sind auf Sylt groß geworden, auch nach meiner Geburt waren wir dort oft und haben FKK gemacht. Deswegen habe ich mich gar nicht geschämt.

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