East Coast vs. West Coast: Ein tragisches Stück Musikgeschichte

  • Mitte der 1990er-Jahre liefern sich amerikanische Rapper eine blutige Auseinandersetzung. Tupac Shakur und The Notorious B.I.G., der am Samstag 50 Jahre alt geworden wäre, werden in dem Konflikt ermordet.
  • Im Zentrum der East Coast vs. West Coast-Rivalität stehen zwei Hip-Hop-Labels: das New Yorker Label Bad Boy Records von Sean „Puff Daddy“ Combs und Death Row Records aus Los Angeles.
  • Keiner der Morde wurde aufgeklärt, weshalb die blutige Fehde die Hip-Hop-Szene bis heute beschäftigt.

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Am 9. März 1997 rollen zwei Chevrolet Suburbans durch die Straßen von Los Angeles. Die beiden riesigen SUVs kommen zum Stehen, als um 0:45 Uhr eine Ampel an der Straßenecke zwischen der Wilshire Road und der South Fairfax Avenue auf Rot springt. Auf dem Beifahrersitz des ersten Fahrzeugs sitzt Rapper Christopher Wallace, besser bekannt als The Notorious B.I.G.. Er wird begleitet von seinen Freunden und Kollegen von der Plattenfirma Bad Boy Records.

Die Straße ist voller Menschen, die von einer After-Party der Soul Train Music Awards kommen, auf der auch The Notorious B.I.G. und seine Entourage gefeiert haben. Plötzlich hält ein dunkler Chevrolet Impala neben dem Fahrzeug des Rappers, der Fahrer zieht eine Neun-Millimeter-Pistole und eröffnet das Feuer. Vier Kugeln treffen den auch als Biggie Smalls bekannten Rapper, ein Geschoss dringt durch die Hüfte des fast 180 Kilogramm schweren Mannes. Sie zerfetzt den Darm, die Leber, die Lunge und das Herz.

Seine Freunde, darunter Sean Combs, damals als „Puff Daddy“ bekannt, rasen mit dem schwerverletzten Biggie zum Cedars-Sinai Medical Center. Obwohl sie dort bereits wenige Minuten später eintreffen und die Ärztinnen und Ärzte noch eine Notoperation versuchen, wird Wallace gegen 1:15 Uhr für tot erklärt. Biggie, der am 21. Mai 50 Jahre alt geworden wäre, hatte keine Überlebenschance.

The Notorious B.I.G. und Tupac im Zentrum des Hip-Hop-Krieges

Die Ermordung von The Notorious B.I.G. ist ein trauriger Höhepunkt des sogenannten East Coast vs. West Coast-Beefs, einer blutigen Fehde zwischen den Plattenfirmen Bad Boy Records aus New York und Death Row Records aus Los Angeles. Neben Rappern und Produzenten waren auch Mitglieder von Straßengangs an der Auseinandersetzung beteiligt, die mutmaßlich als Auftragskiller fungierten. Und natürlich Tupac Shakur, der eine Schlüsselrolle in dem eskalierenden Rapper-Krieg spielte.

Tupac, der 1971 im New Yorker Stadtteil Manhattan zur Welt kam, war Anfang der 1990er-Jahre bereits als Rapper und Schauspieler erfolgreich. The Notorious B.I.G. und Puff Daddy zählten damals zu seinen engen Freunden, Tupac förderte zunächst die Karriere des noch unbekannten Biggie. Am 30. November 1994 änderte sich jedoch alles. An diesem verhängnisvollen Tag traf Tupac in den New Yorker Quad Studios am Times Square ein, um ein paar Zeilen für einen Song des Rappers Little Shawn aufzunehmen.

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Ein Überfall auf Tupac löste den East Coast vs. West Coast-Beef aus

Als Tupac das Gebäude betrat, wurde er von drei Männern überfallen und ausgeraubt. Der Rapper leistete Widerstand, die Männer eröffneten das Feuer. Tupac wurde von fünf Kugeln getroffen. Schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt, schleppte er sich in einen Aufzug.

Einige Stockwerke weiter oben traf Tupac auf Wallace und Combs. Aus deren Reaktion schloss er, dass die beiden hinter dem Überfall auf ihn stecken könnten. „Niemand kam auf mich zu. Mir fiel auf, dass sie mich nicht anschauen konnten“, sagte Tupac einige Monate später im Interview mit dem Musikmagazin „Vibe“. Aus Freunden wurden erbitterte Feinde. Vor allem Tupac, der wenig später eine Haftstrafe wegen sexueller Belästigung antreten musste, war auf Rache aus.

Tupac veröffentlicht Diss-Track „Hit ‚Em Up“ und droht mit Gewalt

Als Combs und Biggie den Song „Who shot ya?“ veröffentlichten, bezog Tupac den Songtitel auf sich und antwortete mit dem legendären Diss-Track „Hit ‚Em Up“. Er drohte darin Combs und Wallace Gewalt an und behauptete, mit Biggies Frau Faith Evans geschlafen zu haben. Biggie selbst war zu diesem Zeitpunkt zumindest öffentlich um Deeskalation bemüht, er bestritt immer wieder seine Beteiligung an dem Überfall in den Quad Studios.

Tupac stand damals bereits bei Death Row Records in Los Angeles unter Vertrag. Marion Hugh Knight, Boss des Labels und besser bekannt als „Suge Knight“, hatte Tupac 1995 gegen eine Kaution von 1,4 Millionen Dollar aus dem Gefängnis geholt. Knight war ein Intimfeind von Sean Combs. Er beschuldigte den heute unter dem Namen „Diddy“ auftretenden Musikproduzenten, an der Ermordung seines Freundes „Big Jake“ Robles beteiligt gewesen zu sein, der nach einem Schusswechsel bei einer Geburtstagsparty in Atlanta verstarb.

Keiner der Morde wurde bis heute aufgeklärt

Suge Knight war es auch, der am 7. September 1996 den BMW steuerte, in dem Tupac tödlich verwundet wurde. Nachdem sich die beiden einen Boxkampf ihres Freundes Mike Tyson in Las Vegas angeschaut hatten, eröffnete ein bis heute unbekannter Täter an einer roten Ampel das Feuer. Tupac verstarb einige Tage später im Krankenhaus. Im Jahr darauf trafen sich einige an der Fehde beteiligte Rapper, darunter Snoop Dogg und Bizzy Bone von Bone Thugs-N-Harmony, auf Einladung der Nation of Islam. Sie einigten sich darauf, die blutige Rivalität zwischen East Coast und West Coast ruhen zu lassen.

Aufgeklärt wurde keiner der Morde. Dass The Notorious B.I.G. wenige Monate nach Tupac bei einem fast identischen Drive-by-Shooting getötet wurde, legt den Verdacht nahe, dass Suge Knight seine Finger im Spiel gehabt haben könnte. Knight sitzt mittlerweile eine 28-jährige Haftstrafe ab, er wurde 2018 wegen Totschlags in einem anderen Fall verurteilt. Ob Biggie tatsächlich ein Drahtzieher der beiden Anschläge auf Tupac war, wird sich vielleicht nie beweisen oder widerlegen lassen.

The Notorious B.I.G. und Tupac veränderten Hip-Hop für immer

Gerade deshalb sind die Nachwirkungen des East Coast vs. West Coast-Beefs so groß. Der Rapper-Krieg ist ein Teil der Hip-Hop-Geschichte. Kinofilme, Dokumentationen, etliche Podcasts, Bücher und Texte drehen sich um die Vorfälle und ihre Hintergründe.

Der Preis, den alle Beteiligten zahlten, war viel zu hoch. Die Hip-Hop-Szene verlor mit Tupac und Biggie zwei ihrer größten Stars und kreativen Köpfe. Immerhin lebt ihr musikalisches Vermächtnis weiter. Fast alle Rap-Stars der letzten beiden Jahrzehnte nennen Tupac und The Notorious B.I.G. als Einfluss. Ihre Musik hat Hip-Hop für immer verändert. Und so verbindet die beiden erbitterten Rivalen doch etwas über ihren Tod hinaus.

Verwendete Quellen:

  • Vibe.com: „Revisit Tupac’s April 1995 Cover Story: ‚Ready to live'“
  • The-sun.com: „Biggie Smalls murder may be cracked by new witnesses claiming ‚five dirty cops‘ behind ‚revenge hit over Tupac slaying'“
  • CNN.com: „Notorious B.I.G. autopsy released, 15 years after his death“
  • LAtimes.com: „Possible Link of ‚Puffy‘ Combs to Fatal Shooting Being Probed“

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