Eine KritikvonChristian Vock Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.
Wenn eine Show „Die schönsten Weihnachts-Hits“ heißt, dann darf man gerne einmal nachfragen, warum man denn eine Fernsehshow für Weihnachtslieder macht. Denn wie alle anderen Lieder, sind auch Weihnachtslieder ja eher für die Ohren und nicht für die Augen gemacht. Ein Phänomen, das im Übrigen auch die Existenz von Musikvideos ernsthaft und zu Recht infrage stellt.
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Warum also eine Musik-Show im Fernsehen? Zwei der vielen Antworten auf diese Frage liefert der Nachname der Show: „Spendengala mit Carmen Nebel live aus München“. Es geht also nicht nur um „Die schönsten Weihnachts-Hits“, sondern auch darum, dass die Show von Carmen Nebel moderiert wird, was die wiederum sehr schön findet: „Jetzt weiß ich, was ich vermisst habe die letzten zwei Jahre“, befindet Nebel, als das Münchener Publikum ihren Einlauf euphorisch beklatscht.
Doch bei all der berechtigten Kritik, die dieser Tage auf die öffentlich-rechtlichen Sender einprasselt: Das ZDF hat diese Weihnachtslieder-Gala, so charmant sie diese auch moderiert, natürlich nicht alleine für Carmen Nebel arrangiert, was zum zweiten Grund im Titel der Show führt: „Spendengala“. Mit den Liedern sollen also nicht nur die Ohren, sondern auch die Geldbeutel der Zuschauer geöffnet werden.
„Die schönsten Weihnachts-Hits“: Musik gegen Geld Ein ebenso nobles wie nötiges Vorhaben, das seltsamerweise vermehrt in der Weihnachtszeit umgesetzt wird, wo doch Not und Elend ganzjährig Saison haben. Damit aber wenigstens in dieser Show Geld für den guten Zweck zusammenkommt, hat Nebel eine illustre Truppe an Prominenten zusammengetrommelt, die die Spendenanrufe der Zuschauer am Telefon entgegennehmen: Robin Pietsch, Pasquale Aleardi, Antje Pieper, Matze Knop, Hannes Jaenicke, Frank Buschmann , Nina Eichinger, Bettina Böttinger, Arne Friedrich, Natalia Avelon, Georg Kofler oder Mark Keller.
Die Telefone sind also prominent besetzt, was zum dritten Grund für eine Show für Weihnachtslieder führt. Denn die werden nicht vom Dinslakener Kneipenchor, sollte es einen solchen geben, gesungen, sondern natürlich von ebenso prominenten Sängerinnen und Sängern. Oder wie Carmen Nebel es formuliert: „Die Quittung bekommen sie bei uns sofort in Form von toller Weihnachtsmusik.“
Den Anfang machen die Krachleder-Buxen-Herren von „voXXclub“ mit der „Rock mi – Weihnachtsedition“, was sich angesichts einer gewissen musikalischen Zweifelhaftigkeit der Version hoffentlich nicht negativ auf die Spendenbereitschaft der Zuschauer niederschlägt. Die anderen Künstlerinnen und Künstler gehen ihren Auftrag da schon wesentlich traditioneller an.
Plätzchen, Mätzchen und Werbung: Sei’s drum Ross Antony singt „Es schneit“, Ella Endlich hingegen „Tannenbaum, ich schmück dich“. Mark Keller lässt mit „Have Yourself A Merry Little Christmas“ ein bisschen Frank-Sinatra-Atmosphäre durch den Saal schweben, Ronald Kaiser setzt mit „Happy Xmas (War Is Over) eher auf John Lennon und Annett Louisan singt „The Christmas Song“.
Doch obwohl bei einer Show, die „Die schönsten Weihnachts-Hits“ heißt, der Fokus naturgemäß auf den Liedern ruht, gibt es zwischen den Songs auch noch ein bisschen Programm und das fängt recht niedrigschwellig an.
Sportmoderator Frank Buschmann soll in seiner typischen „Ninja-Warrior“-Moderationsart zum Spenden animieren. Das macht er auch einigermaßen lustig, aber nicht so sehr, dass es das euphorische Lachen von Carmen Nebel rechtfertigen würde.
Ross Antony hingegen bringt Nebel ein paar Plätzchen mit, die die Moderatorin an Robin Pietsch weiterreicht: „Selber gebacken oder mogelt er?“, fragt Nebel den TV-Koch. „Schmeckt wie bei meiner Oma“, antwortet Pietsch und lässt damit offen, ob die Plätzchen auch gelungen sind. Man kennt ja die Backkünste seiner Oma nicht.
Doch am Ende ist es egal, ob es eine Weihnachtsedition von „Rock mi“ braucht oder die Plätzchen von Antony oder ob es nervt, dass alle Künstler Werbung für ihre neuen Alben, Bücher oder Touren machen. Am Ende ist bei einer solchen Gala nur wichtig, was auf dem Spendenkonto landet. Da heiligt der gute Zweck einfach mal die Mittel.
Und damit möglichst viel Geld zusammenkommt, blendet das ZDF nicht nur, wie in solchen Fällen üblich, die eingegangenen Spenden per Laufschrift ein, sondern zeigt auch anschaulich, wofür die Gelder verwendet werden.
Zwei Großspenden à 500.000 Euro Ganz allgemein gehen die Spenden an Brot für die Welt und an Misereor, doch Carmen Nebel stellt vier konkrete Projekte vor, mit denen die beiden Hilfswerke zusammenarbeiten. So kommt das Geld einem Kunstprojekt in einem südafrikanischen Township, Kindern, die in Paraguay Müll sammeln müssen, einem Nähprojekt in einem Rohingya-Flüchtlingslager und einem Permakultur-Projekt in Malawi zugute. Das erweitert nicht nur den eigenen Wohlstandstellerrand, sondern motiviert auch, den vier Projekten helfen zu wollen und genau dafür ist die Show ja gedacht.
Trotzdem ist es überraschend, dass bereits um kurz nach 21 Uhr schon 382.000 Euro gespendet wurden. Noch überraschender ist da nur die Nachricht, dass ein anonymer Spender kurz darauf satte 500.000 Euro gibt. Am Ende des Abends kommt dann mit Johannes Zurnieden, dem Geschäftsführer von Phoenix Reisen, nicht nur „einer der Lieblingsgäste der Show“, wie Nebel ihn nennt, auf die Bühne, sondern auch jemand, der den vorläufigen Spendenendstand noch einmal um 500.000 Euro in die Höhe treibt.
Und so steht die Spendenuhr nach knapp zwei Stunden bei 2.659.025 Euro. Da dürfen „voXXclub“ gerne noch einmal ihre Weihnachtsedition singen.
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