Eine KritikvonIris Alanyali Diese Kritik stellt die Sicht von Iris Alanyali dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.
Der Kölner „Tatort“ feiert in diesem Jahr seinen 25. Geburtstag, und eigentlich wäre das nicht groß der Rede wert, weil die Jubiläumsfeierei allmählich lächerlich wird – mal ist es der 50. Fall von Kommissarin X, dann vielleicht das 100-jährige Dienstjubiläum des Teams aus Stadt Y, oder Kommissar Z ist seit 500 Jahren dabei. Es dürfte nicht mehr lange dauern, und der 1.000. Auftritt einer Kaffeetasse im „Tatort“ bekommt ebenfalls seine eigene Pressemeldung.
Kommissare Max Ballauf und Freddy Schenk seit 25 Jahren ein Team Aber die Tatsache, dass die Kommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt ) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) jetzt seit 25 Jahren zusammen arbeiten, ist für „Die Spur des Blutes“ insofern bemerkenswert, als dieser Fall das Jubiläum auf genau jene Art feiert, die das Kölner Team zu einem der beliebtesten der Reihe gemacht hat: Mit selbstbewusstem Vertrauen auf seine Stärken, und gleichzeitig mit genau jener Prise frischem Wind, die dafür sorgt, dass ein Ballauf-und-Schenk-Krimi nicht zum Altherren-„Tatort“ gerät.
Außerdem ist hier nichts esoterisch, unheimlich oder unerklärlich: Die letzten zwei „Tatorte“ waren (durchaus reizvoll) auf die okkulte Oktoberzeit zugeschnitten, aber für die Kölner Fälle ist eine Bodenhaftung typisch, die auch in diesem Fall Buch (Jan Martin Scharf und Arne Nolting) und Regie (Tini Tüllmann) auszeichnet.
„Die Spur des Blutes“ ist einfach nur ein richtig guter Krimi, der mit einer Freundschaft beginnt, die jener von Ballauf und Schenk durchaus ähnelt: Kim (Greta Bohacek) und Lara (Charlotte Lorenzen) vertrauen einander, sie lachen zusammen, hören aufeinander und passen aufeinander auf. Nur sind sie keine etablierten Kriminalkommissare, sondern zwei 19-jährige Mädchen, die für ihren Lebensunterhalt und ihre Drogen auf den Strich gehen und von einem Neuanfang träumen.
20 Jahre Boerne und Thiel: Wie gut kennen Sie sich mit dem "Tatort" Münster aus? Doch dann liegt Lara im schlammigen Wasser des Kölner Randkanals. Schwer misshandelt und vergewaltigt. Ballauf und Schenk beginnen ihre Ermittlungen im Zuhälter- und Prostitutionsmilieu mit der gewohnten Gelassenheit und trockenem Humor. Sie sind unaufgeregt, ohne abgebrüht zu wirken, und bei allem Realitätssinn ist immer klar, dass sie auf der Seite der Schwächeren stehen.
Die Kommissare mögen seit 25 Jahren im Kriminalgeschäft sein, aber dessen Opfer mit einem Schulterzucken abtun können sie eben doch nicht. Manchmal kommt dieses soziale Engagement im Kölner „Tatort“ ziemlich plakativ daher, in diesem Fall agiert das Paar jedoch mit genau dem Understatement, das man sich leisten kann, wenn man darauf vertraut, dass das Publikum einen kennt und liebt.
Kriminaltechnikerin Natalie Förster in spannender Parallelhandlung Während Ballauf und Schenk sich auf die Suche nach den letzten Freiern der toten Lara machen, beginnt die spannendere Parallelhandlung: Kriminaltechnikerin Natalie Förster (Tinka Fürst) ermittelt auf eigene Faust. Denn im Labor hat sich herausgestellt, dass die DNA-Proben, die Förster am Opfer sichergestellt hat, dabei von ihr verunreinigt wurden. Keine große Sache, passiert öfter: Spuren seiner DNA, erzählt Freddy Schenk dem Kollegen Ballauf, seien bereits fünf Mal an einem Tatort „gefunden“ worden.
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Die Probe muss eben noch einmal ins Labor. Aber das Ergebnis ist dasselbe. Und Natalie Förster hat plötzlich verstörende Flashbacks. Zwischen ihr und einem der Verdächtigen besteht eindeutig eine Verbindung. Eine, die die sonst so vernünftige Wissenschaftlerin ziemlich dumme Dinge tun lässt. Gemeinsam mit dem Publikum lernen Ballauf und Schenk ihre Kriminaltechnikerin, die ja erst seit letztem Jahr mit dabei ist, etwas besser kennen.
Unverkrampft und glaubwürdig verwebt „Die Spur des Blutes“ die professionellen Ermittlungen der alten Hasen mit dem persönlichen Feldzug Natalie Försters. Das Team wird nicht nur aufgewirbelt, es wird zugleich stärker zusammengeschweißt. Dieser stimmige Jubliäums-„Tatort“ unterstreicht das inoffizielle Motto, das über allen Fällen der Kölner Kommissare stehen könnte: Freundschaft und Loyalität geht auch ohne Blutsverwandtschaft.
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