Mit Energie, Liebe und Unterstützung

Noch einmal ganz von vorne anfangen, sich beruflich komplett neu orientieren. Irgendwie klingt es einfach, und doch erfordert es jede Menge Mut. Doris Jäger und Veronika Maretic-Hinteregger haben es gewagt und die Chance „Selbstständigkeit“ ergriffen.

Tafel, Kreide, Schüler:innen, Klassenbuch – das ist die Weltvon Doris Jäger. Bis sich die leidenschaftliche Volksschullehrerin im Jahr 2008dazu entschließt, in die Welt der Naturheilkunde hineinzuschnuppern. „Ichwollte einfach etwas für mich persönlich tun und dieser Bereich hat mich schonimmer interessiert. Dass ich im Anschluss den Beruf wechsle, war so nichtgeplant“, erinnert sie sich zurück. Doch wie es das Glück will, ist diedreifache Mutter so begeistert von dem Erfahrungsschatz der TraditionellenChinesischen Medizin, dass sie sich dazu entschließt, sich vom Schuldienstfreistellen zu lassen, um mehr Ausbildungen absolvieren zu können. Keineleichte Entscheidung. „Ich bin ein absoluter Sicherheitsdenker. Darum habe ichlange abgewägt. Doch ich hab gemerkt: Mein Herz brennt für die Sache. Und alsmein Mann sagte: ‚Du machst das jetzt, in den Lehrberuf kannst du ja immerwieder zurück‘, war die Sache für mich klar.“ Es folgten Wochen und Monate derAus- und Weiterbildung, „die ich ganz klar ohne die Rückendeckung meinerFamilie nicht hätte meistern können. Meine Eltern und meine Schwiegermutterkümmerten sich um die Kinder (damals zehn, 16 und 18 Jahre alt), mein Mann sichum die Finanzen.“ Ein weiterer Punkt, an dem der Berufswechsel nämlich beinahegescheitert wäre. „Das hat mich total verunsichert und unter Druck gesetzt:Buchhaltung, Handwerkliches, Technisches – kann ich nicht. Doch auch da meintemein Mann nur: ‚Lass das andere für dich machen.‘ Und das befolge ich bisheute: Wenn jemand in etwas besser ist, schneller ist und es lieber macht, danngeb ich es ab.“ Ein Beschluss, der jedoch erst möglich wird, wenn Geld verdientwird. „Das war von vornherein klar. Soll das Hobby zum Beruf werden, mussirgendwann auch was reinkommen.“

Und so investiert Doris Jäger viel Zeit und Kraft, umsichtbar zu werden. Während sie im Keller ihres Hauses mit der Arbeit alsNaturheiltherapeutin beginnt, organisiert sie Vorträge, lädt Referent:innenein, steht selbst auf der Bühne. „Das war schon eine Riesenherausforderung fürmich, da ich getrieben war von Selbstzweifeln: Bin ich gut genug? Reicht meineRhetorik aus? Ich war immer am Grübeln.“ Etwas, das man heute im Gespräch mitihr nicht mehr glauben möchte. „Ja, das kam alles im Laufe der Zeit und ist einErgebnis der Arbeit an mir selbst. Ich habe erkannt, dass ich mich nicht mitanderen Menschen vergleichen kann. Und ich habe gelernt, niemanden auf einenSockel zu stellen. Ich bin ich und ich kann nur weiterkommen, wenn ich meineeigene Spur verfolge.“ Und so ist Doris Jäger heute nicht nur Inhaberin einesNaturheil- und Coachingzentrums mit einer Akademie für Präventive MentaleFitness sowie system. Master of Healthcoaching und Resiliencetraining, sieschreibt auch Fachartikel und betreibt einen mit dem European Awardausgezeichneten Blog – und reißt mit Begeisterung die Zuhörer:innen bei ihrenVorträgen im Cubus mit. „Wenn dir dann klar wird, dass die alle wegen dirkommen, ist das ein tolles Gefühl. Das macht mich dankbar und stolz.“

Mit Essen begeistern. Und sollte es bei den VorträgenCatering geben, könnte es von einer ihrer ehemaligen Schülerinnen kommen. Alsjunges Mädchen träumt Veronika Maretic-Hinteregger davon, einen Hotelmanager zuheiraten und Gastgeberin zu sein. Aus der Sache mit dem Hotel wird nichts, aberden Traum vom Gastgeben hat sie sich erfüllt. Jedoch auf Umwegen. Denn nicht indie Profiküche führt sie ihr Weg, sondern zum Studium am Management CenterInnsbruck. Und dann kommt eine tolle Chance. Eine Stelle im Marketing beiSwarovs­ki in Liechtenstein. „Ein supercooler Job. Ich habe viel erlebt undgelernt. Aber als ich nach meinen zwei Schwangerschaften in Teilzeitzurückkehrte, merkte ich schnell, dass die Arbeit mich nicht mehr erfüllt. Ichspürte, diese Energie kann ich auch woanders reinstecken.“ Sie kündigt ihrenJob und geht auf Spurensuche. In einem Coaching kommen die Leidenschaften vonfrüher ans Tageslicht. „Wer bin ich? Was mag ich? Und was kann ich mit Kindernmachen? Fragen wie diese wurden beantwortet. Und da stießen wir sehr schnellaufs Kochen.“ Aus diesem Blick in die Vergangenheit ergibt sich so 2017 dieGeschäftsidee von Veronika Maretic-Hinteregger: ihr eigenesCatering-Unternehmen, die BeGeisterei. Es folgt eine Zeit des Ausprobierens.„Meine ersten ‚Kunden‘ waren meine Eltern und deren Gäste. Da sie neben unswohnen, hab ich sie von meiner Privatküche aus bekocht.“ Und dann kommt dieFrage des Vaters: Du willst dich damit also selbstständig machen – wo ist deinBusinessplan? „Hatte ich nicht. Denn genau das und die Behördengänge haben michtotal abgeschreckt. Darum war ich am Ende sehr dankbar, dass er mich begleitethat. Zudem hatte ich das Glück, einen Kontakt in der Gastro-Branche zu haben,der mir beim Erstellen des Plans geholfen hat. Ich war schließlich Quereinsteigerin.“Ein gutes Netzwerk und Kontakte sind es schließlich auch, die der Wolfurterindie ersten Aufträge außerhalb von Familie und Verwandtschaft bringen. „Es warschon ein tolles Gefühl, als plötzlich Privatpersonen und Firmen kamen, die vonmir gehört hatten“, erinnert sie sich zurück. Schnell wird klar, dass diePrivatküche nicht lange als „Firmensitz“ fungieren kann. „Wir haben schließlichdas Gästezimmer in unserem Haus zur Betriebsküche umgebaut.“ Hier wird heutefleißig geschnippelt, gekocht, gebacken – vorzugsweise vegetarisch, regionalund saisonal. „Nur keine belegten Brötchen, das war von Anfang an meinFokus.“   

Immer an ihrer Seite weiß Veronika ihren Mann. „Ohne ihnwäre das nicht möglich.“ Er hilft von Anfang an mit, übernimmt die Jungs, holtschmutziges Geschirr von Feiern ab … Und die Kinder? Die sind heute acht undneun Jahre alt. Betreut werden sie unter anderem in der Schule, dort essen sieauch. „Und damit habe ich wirklich lange gehadert, habe mir auch ein schlechtesGewissen gemacht bzw. machen lassen. Aber heute weiß ich, dass das ein Fehlerwar. Es ist völlig o. k. Für sie gehört die BeGeisterei zu unserer Familieeinfach dazu, sie helfen auch schon gerne mit.“ Und auch wenn die Arbeitstageoft geballt sind, der Rücken schmerzt – Veronika Maretic-Hinteregger istglücklich: „Es war die richtige Entscheidung. Ich bin angekommen.“

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