Mental Health: Diese 3 Gewohnheiten schaden uns nicht so sehr, wie wir immer dachten

Bei einigen Dingen können sich die meisten recht schnell darauf einigen, ob sie uns guttun oder eher schaden. Fast Food etwa, das ist eindeutig schlecht für die Gesundheit. Oder zu wenig Wasser zu trinken – oder zu viel Alkohol. Dagegen stehen beispielsweise grüner Tee, regelmäßiges Meditieren und Bewegung in der Natur eindeutig auf der "Pro"-Seite.

Aber können wir wirklich bei jedem dieser Punkte mit 100-prozentiger Sicherheit sagen, dass sie uns in wirklich jeder Situation schaden oder guttun würden? Denn so einfach ist es nicht immer: Wer nur meditiert und damit der Realität entflieht, tut seiner mentalen Gesundheit damit genauso wenig einen Gefallen wie es krankhaft werden kann, zu viel Sport zu treiben. Und Pommes mögen dank der Transfette und Co. auf physischer Ebene alles andere als förderlich für unser Herz sein. Aber wenn sie uns als Comfort Food auf emotionaler Ebene guttun, kann diese Wirkung den organischen Schaden vielleicht zumindest vertretbar machen. Und hier macht es ohnehin einen großen Unterschied, ob wir 50 Gramm Pommes essen oder gleich ein ganzes Kilo.

Es geht also immer ums Abwägen und um das richtige Maß. So ist es auch in Sachen Mental Health. Denn die öffentliche Meinung ist sich meist schnell einig, welche Angewohnheiten auf die "gute" Seite gehören oder welche auf die "böse". Aber so schwarz-weiß funktioniert die Welt nun mal nicht immer – schon gar nicht in Sachen psychischer Gesundheit. Diese drei Beispiele zeigen, dass nicht immer alles so schlecht ist, wie wir auf den ersten Blick glauben.

3 Gewohnheiten, die unserer mentalen Gesundheit nicht so sehr schaden, wie wir glauben

1. Binge-Watching

Unsere Mütter haben immer gesagt, man bekomme viereckige Augen vom Fernsehen. An wissenschaftlichen Beweisen zu dieser steilen These mangelt es allerdings. Aber dass es für die Gesundheit nicht unbedingt förderlich ist, 24 Stunden täglich vor dem Fernseher zu verbringen, würden sicher die meisten Wissenschaftler:innen so unterschreiben.

Aber ist Fernsehen immer schädlich? Hier gilt es zu differenzieren. Das Binge-Watching lässt sich nämlich nicht unter allen Umständen als ungesund abtun. Ob unsere Gesundheit darunter leidet, hängt von einigen Faktoren ab – vor allem von der Kontrolle. Dr. Emil Steiner ist Assistenzprofessor für Journalistik an der Rowan University in Philadelphia und gehört zu den führenden Expert:innen rund um das Thema Medienkonsum. Er unterscheidet zwischen Cringe-Watching und Feast-Watching.

Cringe kommt aus dem Englischen und heißt so viel wie "schaudern, zurückschrecken, sich schämen". Das Cringe-Watching ist tatsächlich ziemlich ungesund. Denn dabei schauen wir meist etwas nebenbei und surfen vielleicht parallel auf dem Smartphone oder erledigen noch etwas anderes. Was wir auf jeden Fall nicht tun, ist bewusstes und kontrolliertes Konsumieren von Serien oder Filmen. Und genau dieser Aspekt macht es laut Dr. Steiner so schädlich.

Dem gegenüber steh das Feast-Watching – Feast heißt auf Englisch "Feierlichkeit" oder auch "Festmahl". Dabei behalten wir nämlich die Kontrolle, wir schauen ganz bewusst unsere Lieblingsserie oder zumindest etwas, auf das wir uns vorher wirklich gefreut haben. Wenn wir auf diese Weise einige Folgen binge-watchen, leidet laut Dr. Steiner unsere Gesundheit nicht darunter.

Es kommt natürlich auf die richtige Dosis an – denn ein Zuviel von praktisch allem ist ungesund. In Maßen und sehr bewusst konsumiert, kann uns aber auch ein Serienmarathon guttun.

2. Vergleiche mit anderen

Ständig hören wir, dass wir uns bloß nicht mit anderen vergleichen sollen. Denn wer sich vergleicht, wird unglücklich. Nun gut, wenn wir uns ständig dem Vergleich mit Menschen stellen, die vermeintlich mehr haben als wir, mag das stimmen. Aber die wichtigere Frage ist doch: Hat die Person dafür vielleicht etwas anderes nicht oder zumindest weniger? Der eine Kollege mag ja einen sehr wichtigen Job haben und viel Geld verdienen, dafür arbeitet er aber vielleicht auch viel mehr und fühlt sich häufiger gestresst. Grundsätzlich ist daran nichts verkehrt, es ist nur wichtig zu differenzieren, was einem selbst wichtig ist. In diesem Fall: Geld und Prestige oder mehr freie Zeit und ein entspannteres Leben?

Vergleiche mit anderen sind also an sich nicht das Problem, sondern dass wir uns häufig nur einen Aspekt der Sache anschauen. Wir müssen also die Scheuklappen abnehmen und wirklich schonungslos ehrlich "the bigger picture" betrachten. Denn haben wir das Gefühl, dass unser Leben ähnlich gut läuft und vergleichbare Rahmenbedingungen hat wie das der Menschen um uns herum, trägt das sogar zu unserer Zufriedenheit bei, sagt der Neurobiologe Dr. Martin Korte. "Unser Stirnlappen bezieht das Grundgefühl der Zufriedenheit maßgeblich aus dem Vergleich mit anderen Menschen", erklärt der Hirnforscher.

3. Aufgeben

Never give up! Das Aufgeben hat in unserer Gesellschaft einen sehr schlechten Ruf. Vollkommen zu Unrecht, denn es kann unheimlich befreiend sein, etwas loszulassen, das uns nicht (mehr) guttut. Das gilt sowohl für Menschen als auch für Jobs, Träume, Gewohnheiten oder Ziele, die nicht mehr zu unseren Werten passen.

In unserer Leistungsgesellschaft wird uns suggeriert, dass wir nichts wert seien, wenn wir nicht ständig etwas leisten. Und dazu gehört es auch, dass wir unsere Ziele um jeden Preis und mit möglichst viel harter Arbeit erreichen. 

Aber ist das wirklich so? Könnte es nicht manchmal sogar sehr viel mehr Mut und Kraft erfordern, sich einzustehen, dass die Position im Job, auf die wir jahrelang hingearbeitet haben, nicht mehr das Richtige für uns ist? Oder dass wir, wenn wir ganz ehrlich sind, eigentlich nicht mehr auf das große gesellschaftlich anerkannte Ziel – Kleinfamilie, Eigenheim, sicherer Job – hinarbeiten möchten? Vielleicht ist es aber auch genau andersherum: Wir wollten immer etwas Kreatives, vermeintlich Sinnvolles machen, müssen aber irgendwann feststellen, dass uns genau das nicht mehr erfüllt und wir als Buchhalterin viel zufriedener wären und mehr Zeit für Dinge in unserem Leben hätten, die uns wirklich wichtig sind.

Das eigene Bauchgefühl mit Durchhalteparolen ruhigzustellen, tut niemandem gut. Das kann uns langfristig sogar krank machen. Viel gesünder ist es, ehrlich mit sich selbst zu sein und sich genau anzuschauen, ob es sich noch lohnt, an diesem einen Plan, dem Glaubenssatz, dem Ziel festzuhalten. Denn Aufgeben ist manchmal gar nicht so schlimm, wie wir glauben – für uns und unsere Gesundheit kann es in manchen Fällen sogar das einzig Richtige sein.

Verwendete Quellen: psychologytoday.com, zeit.de, spektrum.de, Deutsche Welle

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