Diese Silbereisen-Sendung war ein hartes Stück Abend für alle Beteiligten

Der Silbereisen Flori hat uns am Montagabend die Sendung „Alle singen Weihnachten – Das große Adventsfestsingen 2022“ beschert. Vereine, Clubs und Gruppen aus ganz Deutschland durften gemeinsam mit in Deutschland weltberühmten Stars wie der „Kelly Family“, dem Ötzi-DJ oder der Ella Endlich Weihnachtslieder jodeln. Und jetzt kommt’s: Darunter auch Münchner Dragqueens, motorradfahrende Superbunnies und „Die Zipfelbuben“. Zwischen den besinnlichen Songs gab es für die Zuseher das Kurzformat „Flori investigativ“, das ein paar Dreijährigen vermutlich schon gefallen hätte.

Eine SatirevonRobert Penz

Diese Satire stellt die Sicht von Robert Penz dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Der Florian Silbereisen geht ja in keine Clubs. Der besucht keinen Buchclub. Der ist nicht beim Deutschen Synchronschwimmer-Verband. Und der hat auch keine Zeit zum regelmäßigen Swingen, weil er ja eh schon dauernd mit dem Thomas Anders rocken muss. Bei einem Schachclub? Ist er auch nicht. Aber Obacht! Es ist nicht so, dass der Silbereisen Flori generell kein Club-Typ ist. Doch, doch, der ist schon ein Club-Typ, nur fehlt ihm halt einfach die Zeit für so Clubs, Gesellschaften, Vereine und Zirkel. Sein großes Glück aber ist, dass die Clubs, Gesellschaften, Vereine und Zirkel Zeit haben, zum Silbereisen Flori zu gehen.

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Und da hat sich der schlaue Blondfuchs dann wohl einfach „Mensch, lass uns das alles mal in einer meiner 53 Advents- und Weihnachtssendungen verknüpfen“ gedacht. Supersynergie! Vom Silbereisen Flori kannst einfach immer was lernen. Etwa so Dinge wie: Wenn du eben keine Zeit zum Swingen hast, check dir einfach „Die Zipfelbuben“ ein. Und wenn du deine Klientel ein bisschen verstören willst, dann lass auch gleich ein paar Dragqueens und Superbunnies in der Sendung einchecken.

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Cordalis, Katzenberger – und ein Handballclub

20:15 Uhr: „Wir machen Sie richtig fit für Weihnachten. Wir sorgen heute dafür, dass ihr Baum perfekt wird und dass er nicht zu früh nadelt“, lässt uns der Silbereisen Flori nach seinem Einzug in die Suhler Superhalle wissen. Das fängt schon mal sehr gut an. Viele von uns haben ja nur eingeschaltet, um zu erfahren, wie unser Weihnachtsbaum künftig nicht zu früh nadelt.

20:19 Uhr: Ah, sehr gut. Der erste Verein kommt. Handballerinnen aus Schleswig-Holstein dribbeln in rotweißen Trikots mit dem Ball ins Studio. Auch ihr Trainer ist dabei. Gemeinsam mit dem Silbereisen Flori hat sich der alte Schinder und Quälgeist, weil nicht alle seine Handballerinnen zu 100 Prozent austrainiert zu sein scheinen, überlegt, sie als Abhärtung das Lied „In der Weihnachtsbäckerei“ singen zu lassen. Dass sie dies mit Lucas Cordalis und seiner Frau Daniela Katzenberger tun müssen, ergibt für ein professionelles Handballtraining überhaupt keinen Sinn. Das ist nur mehr perfide.

„In der Weihnachtsbäckerei
Gibt es manche Leckerei

Zwischen Mehl und Milch
Macht so mancher Knilch
Eine riesengroße Kleckerei“

20:23 Uhr: Zwischen den musikalischen Acts gibt es traditionell immer das Kurzformat „Flori investigativ“. „Lucas, welche Aufgaben an Weihnachten sind traditionell deine?“, will der Silbereisen Flori, der immer alle Hintergründe und Zusammenhänge verstehen will, vom Cordalis Lucas wissen. „Ich bin für die Knödel zuständig. Meine Frau sagt, da kenn ich mich aus“, antwortet der. Der Silbereisen Flori kann die Information für sich sehr gut einordnen.

20:26 Uhr: „Haben Sie daheim schon alle Weihnachtsgeschenke?“, fragt er jetzt, der Silbereisen Flori, der nach 41 Jahren offenbar noch immer nicht ganz kapiert hat, dass man die Geschenke erst am Heiligabend bekommt.

„Geil, oder?“

20:27 Uhr: Der Antony Ross rollt sich im knallroten Weihnachtsanzug und einer Schubkarre mit angeblich guten „Last Minute“-Geschenken auf die Bühne. Mit einem kleinen Massagegerät fährt er dem Silbereisen Flori sanft über den Arm. „Wie fühlt sich’s an? Geil, oder?“, fragt er den Moderator, dem das als Nicht-Massageclub-Geher eher unangenehm ist. Auch „Ross Antony„-Socken stellt der Antony Ross vor. Sie eigenen sich für Leute, die in naher Zukunft entmündigt werden wollen.

20:30 Uhr: Die Karnevalstänzer vom „1. Tanzsportverein Bottrop EV“ tanzen jetzt an. Karnevalstänzer, die mit dem Ross Antony Weihnachtslieder singen? Es kann irgendwie keinen Gott geben. Und obwohl man jetzt weiß, dass man in gar keinen Himmel kommen kann, möchte man jetzt trotzdem sterben, zuvor aber noch seinen Eltern für das mit der Geburt schwere Vorwürfe machen.

20:36 Uhr: Das Nürnberger Christkind, das wie der Silbereisen Flori und ein paar andere leidenschaftliche Camper nach dem „Adventsfest für 100.000 Lichter“ vor rund zwei Wochen gleich in der Suhler Halle geblieben ist, zieht Zahlen für ein Gewinnspiel, bei dem man einen Tag auf dem „Traumschiff“ gewinnen kann. Der Silbereisen Flori nimmt einen dort als Kapitän mit auf die Brücke und zu den Originalschauplätzen. Nicht jeder kann sich für so Scheiß-Mutproben Urlaub nehmen.

Biker in Häschenkostümen

20:42 Uhr: „Was ist an Weinachten naheliegender als rosa und weiße Osterhasen“, bringt der Silbereisen Flori, kurz bevor die „Streetbunnycrew“ auf die Bühne hoppelt, endlich seinen ersten begnadeten Gag. „Streetbunnycrew“? Ernsthaft jetzt? Was nach Protagonisten eines Straßenstrichs im Hagener Industriegebiet klingt, ist eigentlich nur fantastisch. Die „Streetbunnycrew“ ist eine Motorrad-Clique, die in pinken und weißen Häschenkostümen durch die Lande glüht, um Spenden für Hilfsbedürftige zu sammeln. In „Flori investigativ“ wird es zum ersten und zum letzten Mal in diesem Leben interessant: „Warum in Hasenkostümen?“, will der Moderator wissen. „In normalen Motorradklamotten kann’s ja jeder. Und wir fallen auf und bekommen dadurch mehr spenden“, so ein Streetbunny, das danach auch mit Anna-Maria Zimmermann „Letzte Weihnacht“ singen muss.

20:50 Uhr: Die Speakerin und Trainerin Cordula Nussbaum gibt dem Silbereisen Flori Tipps, wie sich in der Weihnachtszeit Stress vermeiden lässt. Einer davon: eine Checkliste machen. Im Internet gebe es welche zum Runterladen. Super, danke! Weihnachten ist gerettet.

Tipps für die Zahnhygiene und Schlager-Gangsterrap

20:54 Uhr: Das Team der „Zahnarztpraxis Hoffmann“ taucht jetzt auf, um mit Virginia und Matteo Bocelli „Tschoi tu se Wörld“ zu singen, wie uns die Frau Doktor verrät. Der Silbereisen Flori offenbart, dass er es sich überhaupt nicht vorstellen könne, wurzelbehandelt zu werden, während alles um ihn herum singt. „Wie können wir in diesen süßen Tagen unsere Zähne am besten pflegen“, will der alte Humorbolzen jetzt wissen. „Am besten regelmäßig Zähneputzen“, antwortet die Zahnärztin. Viele Zuseher notieren sich das. Die, die schon ihre Dritten haben, nicht.

21:05 Uhr: „Die treuen Schlagerfans“ schieben sich im Weihnachtspulli zum Silbereisen Flori auf die Bühne. Die Schlager-Gangsterrapper „Die Zipfelbuben“ folgen ihnen. Gemeinsam sorgen sie für ein neues Tief in der „Silbereisen Flori“-Ära. Sie singen „Eine Muh, eine Mäh, eine Tätärätätä. Eine Rute. Eine Tute“. Der Ötzi-DJ und die Band „Scooter“ erstarren gerade in Ehrfurcht.

Fragen rund ums Nadeln

21:18 Uhr: Dass der Silbereisen Flori aber irgendwie auch ein Pfundskerl ist, beweist er in dem Moment, als er die „United Queens of Munich”, acht bunte Dragqueens, die dem Moderator später den Stylingtipp „Besser geht immer“ mitgeben, auf die Bühne holt. Die ersten Zuseher drehen jetzt vermutlich den Fernseher ab und wechseln wieder auf „Telegram“, wo Wladimir Putin gerade für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen wird. „Ladys, ihr seht fantastisch aus“, sagt der Silbereisen Flori indes zu den humorvollen Diven aus München, die mit Ella Endlich „All I want for Christmas is you“ von der Carey Mariah zwitschern. Die Endlich Ella sagt dann, dass die Dragqueens mega seien. Das gibt Probleme!

21:26 Uhr: YouTube-Gärtner Markus Radscheit pflanzt sich ins Studio. Er muss dem Silbereisen Flori erklären, wodurch sich Nadelbäume unterscheiden. So ein Weihnachtsbaum sei nichts anderes als eine Schnittblume im Großformat, sagt der YouTube-Gärtner zum TV-Moderator. Apropos: Sind Nadelbäume eigentlich giftig? Und wenn man, sagen wir mal, so eine Schnittblume im Großformat auf einen Sitz isst, bekommt man dann diese Gefühle, die einen gewisse TV-Formate leichter ertragen lassen?

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Oli P. singt mit Sumo-Ringern

21:30 Uhr: Nach dem Song „Kleine Taschenlampe brenn‘ von Markus, dem nach „Killing Strangers“ von Marilyn Manson wohl bekanntesten Weihnachtslied der Welt, legt Oli P. noch mit dem, no Joke, „Deutschen Sumo-Ringer Bund“ den Track „Es schneit“ nach.

21:47 Uhr: Das Team des Supermarkts Burgsdorf will auch singen, muss aber zunächst dem Anders Thomas und dem Silbereisen Flori, die jetzt fix zusammen sind, dabei zusehen, wie sie ihren gemeinsamen Song „Das schönste Geschenk“ singen. Nachher dürfen sie mit dem Ex vom Bohlen Dieter dann aber eh noch „Mary’s Boy Child/Oh my Lord“ von Boney M. in einer gelungenen Google-Übersetzung trällern.

Ein Hammer-Genitiv folgt auf den „Drummer Boy“

22:05 Uhr: Auftritt des Bart- und Kulturclubs „Belle Moustache“. „Das sind mal Bärte. Da schau ich mit meinem Dreitagebart aus wie ein kleiner Junge vorm Stimmbruch“, begrüßt sie der Silbereisen Flori. Bevor die Bärtigen mit dem Ötzi-DJ „Winter Wonderland“ singen, performt der österreichische Schlager-Calimero noch irgendeinen anderen Track. „Es ist so eine tolle, tolle Sendung, ich bin total begeistert“, sagt der Ötzi-DJ, der zum ersten Mal ein Weihnachtsalbum mit seinen ganz persönlichen Weihnachtsliedern aufgenommen hat. Warum? Weil er so ein Weihnachtsfan sei, sagt er. Der Bartclub und der Ötzi-DJ machen ihre Drohung wahr und singen noch den „Drummer Boy“. Man kann es jetzt echt fast nicht mehr erwarten, gestorben zu sein. Obwohl die Bärtigen immer brav das „Parampampampam“ trällern, blenden sie dauernd eine Frau ein, die genau null Damenbart hat. Es mangelt in dem Format schon auch ein wenig an Stringenz.

22:38 Uhr: Der Abi-Leistungskurs „Deutsch“ von Frau Lehrerin Jörg aus Wiesloch flektiert sich auf die Bühne zum Silbereisen Flori, der beim Vorstellen gleich einen Hammer-Genitiv setzt und auch echt ein paar sehr gute Gliedsätze bildet, die Modalverben dann aber völlig verkackt. Auch „Die Prinzen“ schieben sich jetzt auf die Bühne. Sie singen mit dem Deutsch-Leistungskurs „Happy Xmas (War Is Over)“ von John Lennon, dessen Brille es unterirdisch gerade zerreißt.

22:30 Uhr: Der internationale Kochverein „Über den Tellerrand“ topft sich auf der Bühne ein, um mit der „Kelly Family“ einen Chor zu bilden. Die will zuerst aber alleine einen ihrer Jahrhundertsongs singen und schenkt uns den Song „Christmas in our Hearts“, in dem auch wirklich alle Geschwister eine Zeile singen dürfen. Also fast alle. Der ganz rechts im karierten Anzug mit der dichten Gesichtsbehaarung, der bei den Gigs an sich immer nur die Glocke spielt oder seinen Bart zupft, hat natürlich nicht mitgesungen. Oder ist der gar keiner von den Kellys und einfach vom Bartclub zuvor vergessen worden? Nein, das ist eher unrealistisch, weil der Bart jetzt im Vergleich zu jenen von den Clubmitgliedern doch sehr abstinkt, also hässlich ist. Zu erfahren, wer der karierte Bartwal ist, wäre natürlich Sache von „Flori investigativ“ gewesen, aber der Silbereisen Flori muss die Kellys ja wieder deppat fragen, wer bei ihnen die Plätzchen backen würde.

Sind wir nicht alle „ein bisschen Kelly Family“?

22:35 Uhr: Der Kochverein und die „Kelly Family“ singen jetzt „Feliz Navidad“. Das Besondere daran: Die „Kelly Family“ steht gerade zum ersten Mal in ihrem Leben vor einer Gruppe von Menschen, die mehr sind als sie. Moment! Ja sag einmal, hat da jetzt der Bärtige auch kurz etwas gesungen oder lediglich laut aufgejault, weil sich die Gitarre vom Extremkelly, also dem Kelly Joey, gerade vorhin in seinem Bart verfangen hat? Die Wut auf das Kurzformat „Flori investigativ“ steigt da gleich wieder, wird der Silbereisen Flori danach im besten Fall vermutlich wissen wollen, welche Farbe der Baum der Kellys in diesem Jahr hat.

22:42 Uhr: „Heute Abend sind wir einfach alle ein bisschen ‚Kelly Familie‘. Wir sind alle eine Familie. We are all a part of God’s great Family“, sagt der Silbereisen Flory noch. Ich weiß nicht, wie es Ihnen mit dieser Aussage geht, aber ich bin kein bisschen „ein bisschen ‚Kelly Family‘“ und hoffe für Sie, Sie auch nicht. Jetzt nichts gegen die Kellys allgemein. Die sind sicher ganz nett. Und singen jetzt übrigens „We are the World“, wobei der Extremkelly den „We can‘t go on“-Part vom Rogers Kenny im lässigen Irish-Südstaaten-Hybridslang und die Kelly Ann Kathe die Line von der Lauper Cindy gibt. Wow, und schon wieder ist der Bärtige am Singen. Und wir Idioten dachten bis dato, der würde nur Glocke und Bart können.

22:50 Uhr: „Ich bedanke mich ganz herzlich, dass wir heute alle zusammen singen konnten“, verabschiedet sich der Silbereisen Flori an diesem für uns alle sehr harten Stück Abend, der uns jetzt allerdings keinesfalls mit dem Glauben, dass wir alle „ein bisschen Kelly Family“ seien, alleine lassen soll. Lassen wir uns nichts einreden! Was glaubt der eigentlich, der plötzlich liberale Authentizitätsweltmeister mit den Gliedsätzen?

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