"Die Gewerkschafterin": Politthriller mit Isabelle Huppert

Paris – Maureen Kearney (Isabelle Huppert) ist eine bekannte und entschlossene Gewerkschafterin bei Areva, einem großen französischen Nuklearindustriekonzern. Ihr werden Dokumente über geheime Vereinbarungen in der Atomindustrie gesteckt, die für Areva massive Entlassungen zur Folge haben könnten.

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Maureen alarmiert hohe politische Entscheidungsträger. Ihr Aktivismus wird unbequem. Sie erhält erste Drohanrufe. Am 7. Dezember 2012 wird sie von ihrer Putzfrau im Keller aufgefunden: gefesselt an einen Stuhl und mit dem Griff eines Messers in der Vagina.

Verhör wird zum Alptraum

„Die Gewerkschafterin“ von Jean-Paul Salomé basiert auf einer wahren Geschichte und dem gleichnamigen Buch der investigativen Journalistin Caroline Michel-Aguirre. Was auf dem Bildschirm gezeigt werde, sei im Vergleich zu dem, was sie erlebt habe, eher leichte Kost, sagte sie in einem Interview der Zeitung „20 Minutes“. So sei die Verhör-Szene in Wirklichkeit viel schlimmer gewesen. Sie sei nur von Männern umgeben gewesen.

Das Verhör stellt auch in dem Film einen Wendepunkt dar. Salomé taucht die Geschichte in eine paranoische, sexistische Atmosphäre. Die Ermittler finden keinerlei Spuren eines Angreifers und fangen an, sie für eine krankhafte Lügnerin zu halten. Für sie verhält sich Maureen nicht wie ein typisches Opfer. Sie wirkt kalt und distanziert und verfügt über eine belastende Vorgeschichte: eine Vergewaltigung als 20-Jährige und Alkoholprobleme.

Die Vernehmungen werden zum Alptraum: Sie muss sich demütigenden gynäkologischen Untersuchungen unterziehen und stundenlangen, erniedrigenden Befragungen. Erschöpft legt sie schließlich ein Geständnis ab, dass sie sich alles nur ausgedacht habe. Wegen Vortäuschung einer Straftat wird sie 2013 zu fünf Monaten Gefängnis auf Bewährung und zu einer Geldstrafe von 5000 Euro verurteilt.

Das Urteil wird aufgehoben

Das Urteil wurde 2018 von einem Berufungsgericht wegen Justizirrtums und mehrfachen Mängeln bei den Ermittlungen aufgehoben. Zwischen Areva und China kam es tatsächlich zu Verträgen und bei dem Konzern zu Sozialplänen.

Salomé hat aus der unglaublichen Geschichte einen spannenden Politthriller und ein packendes Psychodrama gemacht. Es ist der zweite Film, den der 62-Jährige nach „Eine Frau mit berauschenden Talenten“ mit Huppert dreht. In „Die Gewerkschafterin“ scheint die Schauspielerin eine weitere Paraderolle gefunden zu haben. Mit ihrem ganz eigenen Spiel aus Stärke, Zerbrechlichkeit und Mysterium trägt sie maßgeblich zum Nervenkitzel bei.

Die Gewerkschafterin, Frankreich, Deutschland, 2022, 122 Min., FSK ab 16, von Jean-Paul Salomé, mit Isabelle Huppert, Gregory Gadebois, Yvan Attal © dpa

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