"Kleidung ist für uns zu einem Wegwerfprodukt geworden." Diese harte Aussage stammt von Barbara Meier, 35. Sie muss es wissen: Die GNTM-Siegerin von 2007 beschäftigt sich seit Jahren nicht nur als Model mit dem Thema Mode. Sie ist auch als Botschafterin für Fair Fashion tätig, informiert über Produktionsbedingungen und arbeitet zusammen mit Entwicklungsminister Dr. Gerd Müller, 66, an einer Textilbranche der Zukunft.
Barbara Meier über faire Mode
Doch was ist Fair Fashion überhaupt? Auslegungssache, weiß Barbara Meier. Der Begriff ist nicht geschützt und daher verschieden zu interpretieren: "Das Thema ist so weitläufig, dass es schwer ist zu bestimmen, was Fair Fashion genau ist. Müssen alle Bedingungen zu hundert Prozent erfüllt sein oder reicht es schon, einen von den drei Bereichen vorbildlich abzudecken? Noch ist hier nichts staatlich festgelegt bzw. die EU oder andere Länder oder Ländergemeinschaften haben noch keine Mindeststandards vorgeschrieben."
Fair Fashion ist nicht klar definiert
Obwohl es noch keine standardisierte Definition der fairen Mode gibt, formuliert die 35-Jährige drei große Bereiche: Arbeitsbedingungen, Materialien und Produktion.
- "Die Arbeitsbedingungen: Werden Staatliche Mindestlöhne bezahlt oder – was das große Ziele wäre – existenzsichernde Löhne? Wird auf Kinderarbeit verzichtet? Werden Frauen bei Schwangerschaft weiter beschäftigt oder sofort entlassen? Gibt es einen sicheren Arbeitsplatz mit Mundschutz, sauberer Luft, Fluchtwegen? Wird sichergestellt, dass Frauen nicht belästigt, geschlagen oder verbal misshandelt werden? Gibt es eine ärztliche Grundversorgung?
- Aus welchen Materialien wird gefertigt: Wird zum Beispiel Bio-Baumwolle oder 'normale' Baumwolle verwendet? Welche Chemikalien werden auf den Feldern verwendet? Besteht das Kleidungsstück aus Polyester, das beim Waschen Mikroplastik in den Wasserkreislauf abgibt? Werden Tiere gequält, um an Leder oder Pelz zu kommen?
- Beim Fertigungsprozess ist es ähnlich undurchsichtig: Werden giftige Farben verwendet? In Indien färben sich Flüsse orange, wenn das gerade unsere Trendfarbe ist und zerstören damit die Wasserversorgung von Hunderttausenden Menschen! Welche Gärb-Stoffe werden zum Beispiel bei der Ledergärbung verwendet? Wie werden Jeans behandelt? Gibt es beispielsweise das gefährliche Sandstrahlen, um den Used-Look zu erzeugen?"
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Während sich der Begriff Fair Fashion noch viele Fragen birgt, ist sich Barbara bei einem ganz sicher: Wir alle müssen weniger Kleidung kaufen. "Wir tragen im Durchschnitt jedes Kleidungsstück nur viermal und 20 Prozent unserer Kleidung gar nicht. Wir kaufen oft ohne wirklich zu probieren, nur weil es im Angebot ist. Wir sollten als Konsumenten wieder viel mehr Wert auf Qualität und nicht so sehr auf Quantität legen." Die Qualität der Kleidung sei dabei entscheidend: "Ich versuche ganz bewusst nur noch Dinge zu kaufen, die ich zu hundert Prozent liebe und die ich auch in ein paar Jahren noch tragen möchte. Die Qualität muss so gut sein, dass das Kleidungsstück nicht nach ein paar Mal waschen kaputt ist."
Werbung und Social Media leben das Gegenteil vor
Leichter gesagt als getan, immerhin werden wir täglich von Werbung und den sozialen Medien dazu inspiriert, die neuesten Trends zu erwerben und täglich ein neues Outfit zu präsentieren. Apropos Trend: Barbara sieht eher eine Verschiebung hin zu wenigen Stücken als modern an: „Es ist viel 'cooler' sich bewusst für Kleidung zu entscheiden, die einem gut steht und die man gerne öfter trägt und somit die Umwelt schont.
Ihr selbst kommt dieser Trend gerade recht. Barbaras Wunsch: Eine entschleunigte Modeindustrie, die nur ein bis zwei Kollektionen pro Jahr auf den Markt bringt. Daran sollten sich auch die großen Fast-Fashion-Konzerne halten, die aktuell fast wöchentlich neue Teile in den Modekreislauf geben. Ein System, das katastrophale Bedingungen für Arbeiterinnen und die Umwelt zur Folge hat. Immerhin ist die Modewelt eine der Industrien, die die Umwelt mit am stärksten verschmutzt, wie unter anderem das Umweltbundesamt bekannt gab.
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Barbara Tipps lauten daher: Löcher in der Kleidung lieber nähen, anstatt kaputte Teile sofort wegzuwerfen und auf Schätze im Kleiderschrank setzen und diesen nicht mit Ramschware voll zu stopfen. Trotzdem dürfe die Modeindustrie ihre Kreativität und ihren Stellenwert nicht verlieren: "Die Modeindustrie sollte kein Feind werden. Aber sie muss sich radikal ändern."
Nachhaltige Labels liefern Produkte für jede Lebenslage
So hart das klingt, eine Hinwendung zu nachhaltiger Kleidung ist zu schaffen. Das beweisen einige Labels, die sich der fairen Produktion verschrieben haben. Dazu zählt zum Beispiel das Kölner Label Armedangels, dessen Mission ökologische und faire Kleidung ist. Dafür werden unter anderem Bio-Baumwolle, recyceltes Plastik und Bio-Leinen verwendet. Ähnlich handelt auch People Tree, das nach eigenen Angaben seit mehr als 20 Jahren "kollaborativ mit Fair Trade Handwerkern und Bauern in Entwicklungsländern zusammen [arbeitet], um unsere Kollektion ethischer und nachhaltiger Mode herzustellen."
Wer eine faire Jeans tragen möchte, der kann sich bei Everlane umsehen. Das amerikanische Label verkauft zahlreiche Denim-Modelle und verspricht, diese in fairen Fabriken produzieren zu lassen. Für Rucksäcke und Taschen kann man sich bei Melawear umschauen. Das Label bemüht sich, in der Textilindustrie einen geschlossenen Kreislauf zu schaffen und verkauft Produkte mit GOTS- und Fairtrade-Zertifizierungen.
Es gibt also zahlreiche Möglichkeiten, den eigenen Kleiderschrank mit fairen Stücken zu füllen. Was den Preis der Mode angeht, so gibt es – wie bei anderen Marken auch –verschiedene Kategorien. Sorgen machen, dass man sich faire Kleidung nicht leisten kann, muss man sich also nicht.
Verwendete Quellen:Eigenes Interview, Umweltbundesamt
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