"Das Ziel liegt mehr in der Akzeptanz, als in der Selbstliebe"

Wer an Werbung für Hautprodukte denkt, denkt in der Regel an die makellose Haut vieler Models. Ein Standard, der von den wenigsten erfüllt werden kann. Der Beautyriese "Dove" hat es ich zur Aufgabe gemacht, mit unrealistischen Schönheitsidealen aufzuräumen und jungen Frauen zu mehr Selbstakzeptanz zu helfen. Im Interview mit GALA spricht die preisgekrönte Psychologieforscherin Professorin Phillippa Diedrichs über den ständigen Vergleich auf Social Media und wie man sich selbst davor schützen kann.

GALA: Wie glauben Sie, haben Medien und der ständige Vergleich mit anderen Menschen auf den sozialen Netzwerken die eigene Körperwahrnehmung verändert?
Professorin Phillippa Diedrichs: Wir haben über 200 Studien über die Auswirkung sogenannter „idealisierten Bilder“ von Models und Influencern. Sie zeigen, dass das ständige Betrachten dieser Fotos negative Auswirkungen auf die Körperwahrnehmung und das eigene Selbstwertgefühl hat. Menschen sehen sich schneller als Objekt. Man sieht so viele Fotos, während man durch Instagram und Co. scrollt. Es ist sehr besorgniserregend, wenn man beachtet, dass junge Mädchen heutzutage im Durchschnitt fünf Stunden auf den sozialen Netzwerken verbringen. Jeder ist anders empfänglich, was den Vergleich mit anderen angeht. Was die einen Menschen kalt lässt, kann andere stören.

Glauben Sie, dass junge Frauen heutzutage strenger mit sich sind und sich häufiger vergleichen als früher?
Wir haben keine Studien, die belegen, wie oft sich junge Frauen vergleichen. Ich denke, der brennende Punkt ist, mit wem sie sich vergleichen. In der Regel vergleichen wir uns mit den Menschen, die für uns das Nonplusultra verkörpern, wie zum Beispiel Models und Schauspieler:innen. Was sich im Vergleich zu früher verändert hat, ist die Häufigkeit. Während wir früher aktiv TV schauen oder ein Magazin durchblättern mussten, passiert das nun ganz nebenbei beim täglichen Scrollen. Durch die sozialen Netzwerke wird vor allem die Illusion gefördert, dass die perfekten Schönheitsideale für jede:n erreichbar sind. Wir sind heutzutage alle „Content Creator“. Mädchen und Frauen schießen ca. 14 Selfies, bevor sie eins überhaupt hochladen, 80 Prozent der Userinnen bearbeiten ihre Fotos, bevor sie online gehen. Während professionelle Fotobearbeitung früher den Profis überlassen wurde, ist sie heutzutage für alle zugänglich.

Wie kann man sich vor einer verzerrten Körperwahrnehmung schützen, ohne Social Media verlassen zu müssen?
Man muss bedenken, dass Social Media auch einen positiven Effekt auf das Selbstwertgefühl haben kann! Vor allem, wenn wir uns Fotos von verschiedenen Körperformen und Hautfarben anschauen. Social Media gibt uns die Möglichkeit, viele verschiedene Menschen zu entdecken. Ich bin anfangs sehr vielen Plus-Size-Blogger:innen gefolgt. Es ist wichtig, sich klarzumachen, wem man folgt. Es ist auch sehr wichtig, mit jüngeren Menschen in seinem Umfeld über das Social-Media-Nutzverhalten zu sprechen. Ihnen klarzumachen, dass es eben nicht diese zufällig entstanden Fotos sind, die perfekt aussehen. Diese Fotos gehören meist zu einem Fotoshooting und wurden mit Filtern und weiteren Apps bearbeitet. Deswegen ist es nicht fair sich mit diesen Fotos zu vergleichen.

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Was würden Sie jemandem raten, der Bodyshaming erfahren hat und unter einer negativen Körperwahrnehmung leidet?
Man kann Menschen, Kommentare oder Belästigung auf Social Media melden, sie blockieren oder stumm schalten. Eine andere Möglichkeit ist, den Körper für das wertzuschätzen, was er leistet und nicht dafür, wie er aussieht. Die Möglichkeiten, die er bietet, das Leben so zu lieben, wie wir es tun. Sei das die Tatsache, dass er uns ermöglicht zu riechen, zu schmecken, zu tanzen oder zu rennen. All das reduziert den Gedanken, dass der Körper ein Objekt ist, das andere Menschen anschauen. Er ist ein Instrument und er ist multidimensional.

Glauben Sie, man kommt jemals über diese Selbstzweifel hinweg, wenn man sie einmal hatte?
Es kommt darauf an, was das Ziel ist. Wir befürworten nicht, dass jede:r jeden Aspekt seines Körpers leben muss.

Es mag ruhig sein, dass man nicht jeden Teil seines Körpers mag, aber man sollte sich in ihm zu Hause fühlen, nach ihm schauen und ihn respektieren. Ihn als mehr wahrzunehmen, als etwas zum Ansehen.

Verwendete Quellen: eigenes Interview

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