Alpha Dia: Das Topmodel über Diversität und Rassismus in der Modebranche

In der Modebranche gehört Alpha Dia seit geraumer Zeit zu den erfolgreichsten Models weltweit. Mit seiner direkten Art und professionellen Arbeitseinstellung wurde er im Nu zum Liebling der Designer:innen. Doch der sympathische 30-Jährige schreckt nicht davor zurück, die Probleme der Branche offen anzusprechen. Im Interview mit GALA spricht der über die Verbundenheit zu seinem Heimatland, Diversität und die problematischen Seiten der Branche.

Alpha Dia im GALA-Interview

GALA: Wie bist du zum Modeln gekommen?

Alpha Dia: Ich habe nie übers Modeln nachgedacht. Ich war auch nie von meinem Aussehen überzeugt. Ich wurde von einem Fotografen angesprochen, ob ich Lust auf ein Shooting habe. Darin habe ich eine Chance für mich gesehen. Ich wollte wissen, ob es funktioniert. Modelwerk hat mich gleich unter Vertrag genommen, aber ich habe anfangs viele Absagen von anderen Agenturen bekommen. Nicht nur in Deutschland, sondern auch international.

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Du kommst aus dem Senegal und bist mit elf Jahren nach Hamburg gekommen. Wie verbunden fühlst du dich mit deinem Heimatland?

Sehr verbunden! Meine meisten Nachrichten kommen immer noch aus dem Senegal via WhatsApp und Ähnlichem. Es ist ein Ort, den ich auf keinen Fall missen möchte. Er war sehr wichtig für mich und für das, was aus mir geworden ist.

Du hast die Alpha Dia Fondation gegründet. Was möchtest du damit bewirken?

Ich hatte als junger Afrikaner Möglichkeiten, die sich andere gewünscht haben. Ich wollte den Leuten etwas zurückgeben und ihnen zeigen: „Hey! Man kann nach Europa gehen, erfolgreich sein, aber nicht vergessen, wo man herkommt.“ Wenn ich auf meine Kindheit im Senegal zurückblicke, waren die schönsten Momente immer die des Teilens, des Miteinanders. Selbst zur Schule sind wir als Gruppe gegangen. Als ich dann die Möglichkeit hatte, nach Deutschland zu gehen, wurde ich viel unterstützt. Es war ein sehr großes Privileg und eine riesige Chance.

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Dann kam dein großer Durchbruch und du wurdest für Prada gebucht. Was ging damals in dir vor?

Du bekommst anfangs gar nicht mit, die wichtig das ist, was du gerade machst. Diversität kannte ich gar nicht. Auf einmal stand ich Backstage bei Prada und die Leute haben Fotos von mir gemacht und waren so froh, dass ich da war. Es war neu, dass ein junger Afrikaner für solche Jobs gebucht wird. Mir haben Leute geschrieben, wie toll sie finden, was ich tue. Also dachte ich: „Ok, du musst Gas geben!“ – und das habe ich.

Du bist ein Vorbild für so viele Afrikaner:innen. Das hast du eben sehr positiv dargestellt. Übt das auch Druck auf dich aus?

Ja, auf jeden Fall! Mir ist es sehr wichtig, die besten Fußabdrücke zu hinterlassen, damit der Nächste diesen Weg folgen kann. Ich versuche meine Erfahrungen zu teilen, in der Hoffnung Motivation geben zu können. Druck kommt auf, wenn man weiß, dass man schon eine gewisse Verantwortung und auch Vorbildfunktion hat.

Findest du die Modewelt denn divers genug?

Ich glaube, man muss herausfinden, was Diversität für den Kunden bedeutet. Nur das Model auf dem Laufsteg oder auch die Leute hinter den Kulissen?

Es ist schwierig, wenn man das Gefühl hat, der Kunde möchte einfach nur einem Shitstorm entgehen und einem Trend folgen. Viele möchten nur eine Außenwirkung. Was hat das mit echter Diversität zu tun?

Wie filterst du deine Kunden dann?

Ich achte sehr auf die Geschichte der Marke. Viele Modehäuser sind konservativ. Ich finde es gut, wenn versucht wird, etwas Positives zu bewegen.

Meine Stammkunden buchen mich wegen meines Charakters, weil es angenehm ist, mit mir zu arbeiten. Da muss ich mir keine Gedanken über meine Hautfarbe machen.

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Nach der „Black Lives Matter“-Bewegung sind deine Anfragen in die Höhe geschossen, weil viele Unternehmen Druck verspürt haben. Hat sich das für dich ehrlich angefühlt? Oder dachtest du, du wirst für die Quote angefragt?

Es hat sich nicht immer ehrlich angefühlt. Speziell in den Zeiten von „Black Lives Matter“ war es für mich wichtig zu sehen, ob der Kunde mitgedacht hat. Wenn mein Aussehen passt, dann möchte ich gebucht werden. Ich möchte aber keine Show mit 30 Schwarzen Models und fünf weißen Models, nur um eine Message zu senden, die nicht der Realität entspricht.

Es ist also „überkorrekt“ geworden?

Ja genau! Ich gehöre seit vier Jahren zu den Top Ten Male Models. 2020 haben drei Schwarze die ersten drei Plätze belegt. Das war zu der Zeit von „Black Lives Matter“. Wir hatten es alle drei verdient, aber das hat niemand mehr gesehen. Die meisten Menschen dachten: „Oh ja, macht Sinn, dass da jetzt drei Schwarze Models auf der Liste stehen.“ Für viele haben die Fakten und die Anzahl unserer Jobs nicht mehr gezählt. Die Leute dachten, es wäre einfach nur wegen „Black Lives Matter“-Bewegung gewesen.

Es gab Shootings, bei denen die Make-up- und Hair-Artist:innen nicht mal Make-up in deiner Hautfarbe hatten. Wie bist du damit umgangen?

Ich hatte mal einen großen Kunden, der zu mir kam und meinte: „Wir mögen dich so gern!  Kannst du vielleicht dein eigenes Make-up mitbringen?“ Das war sehr schockierend für mich. Das bedeutet automatisch wieder, dass ich härter als andere für meine Karriere arbeiten muss. Viele nehmen es sehr persönlich, wenn man anmerkt, dass der Hautton nicht stimmt und geben dir das Gefühl, etwas falsch zu machen. Du brauchst sehr viel Geduld und Selbstvertrauen, nichts Falsches zu sagen. Sonst wirst du als eitel abgestempelt. Als Model wird immer erwartet, dass du auch unter Druck immer funktionierst. Da musste ich mich schon oft innerlich sammeln.

Du hast mal gesagt, dass du die Aussage der Menschen, die sagen, dass sie keine Farbe sehen, problematisch findest. Kannst du das erläutern?

Für mich ist wichtig, dass man den kulturellen Unterschied sieht. Ich sehe jahrelange Ausbeutung. Wenn man am Flughafen sieht, dass Schwarze Leute öfter angehalten werden, und häufig mit Problemen konfrontiert werden, muss dies wahrgenommen werden. Wenn du das nicht sehen kannst, dann macht das keinen Sinn. Es ist gefährlich, sehr gefährlich.

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