Kevin Feige vs. James Gunn: Die Herrscher hinter Marvel und DC
Gleich und doch verschieden
Was früher als simple und zumeist alleinstehende Comic-Verfilmung den Weg ins Kino gefunden hat, ist inzwischen längst zum einzelnen Puzzlestück eines gigantischen Film- sowie Serien-Kosmos geworden. Die Entscheidung, ein zusammenhängendes Marvel Cinematic Universe zu schaffen, das 2008 mit „Iron Man“ seinen Anfang fand und kommende Woche in Form von „Ant-Man and the Wasp: Quantumania“ (Kinostart: 15. Februar) gar schon seine fünfte Phase einläutet, war ein Geniestreich.
So sehr renommierte Filmemacher wie Francis Ford Coppola (83) oder Martin Scorsese (80) die Nase darüber rümpfen: Entgegen erster Annahmen hält sich das MCU auch 15 Jahre nach seiner Entstehung ganz oben in der Gunst seines Publikums. Der Mann, der wie kein anderer für den Leinwand-Erfolg von Captain America, Thor und Co. verantwortlich zeichnet, ist Filmproduzent Kevin Feige (49). Als Präsident – manche würden sagen als Alleinherrscher – der Marvel Studios lenkt er seit Beginn an und maximal erfolgreich die Geschicke des milliardenschweren Goldesels.
Namhafte Konkurrenz wäre eigentlich vorhanden. Denn auch DC Comics brachte sich schon vor einer ganzen Weile in Stellung: 2013, fünf Jahre nach dem Urknall im MCU, startete mit dem Superman-Streifen „Man of Steel“ auch das DC-Universum. Deutlich ernster, düsterer und vermeintlich erwachsener als die Konkurrenz wollte man sein, selbstredend mit mindestens ebenso großem Erfolg.
Auch hier schien von Beginn an ein Mann gefunden, dessen Schultern diese gewaltige Verantwortung aufgelastet wurde: Regisseur, Drehbuchautor und Filmproduzent Zack Snyder (56) führte bei „Man of Steel“ Regie, produzierte „Wonder Woman“ mit und saß auch bei „Batman v Superman: Dawn of Justice“ sowie ursprünglich bei „Justice League“ auf dem Regiestuhl – DCs Antwort auf die „Avengers“-Streifen, in denen die Superheldinnen und Superhelden gemeinsame Sache machen.
Doch im Gegensatz zu Marvel, wo Produzent Feige mit der womöglich exakt richtigen Distanz auf das Franchise blicken kann, versanken die Heldenreisen im DC-Universum zunehmend im Chaos. Snyder schied aufgrund einer familiären Tragödie aus. „Justice League“ wurde notdürftig von Joss Whedon (58) fertiggestellt. Und insgesamt verhärtete sich der Verdacht, dass sich die Entscheidungsträger beim Filmstudio Warner Bros. Discovery ihr „World-Building“ irgendwie leichter vorgestellt hatten.
Zwar hatte man auch hier bereits 2014 einen zehn Filme umfassenden Zukunftsplan entworfen, Realität wurden davon aber nur sieben. So beachtlich derweil die Erfolge einzelner Filme auch waren: Während sich Marvel mit „Avatar“ um die Spitze der kommerziell erfolgreichsten Filme aller Zeiten balgt, steht beim DCU der erfolgreichste Film auf Platz 26 – „Aquaman“ mit überraschenden 1,15 Milliarden eingespielten Dollar.
Ein ebenso radikaler wie rabiater Neuanfang im DC-Universum musste her – er trägt den Namen James Gunn (56). Der Filmemacher kennt sich bestens im Comic-Kosmos aus, steuerte für Marvel die „Guardians of the Galaxy“-Filme bei. Auch für DC war er schon tätig: „The Suicide Squad“ und die Serie „Peacemaker“ gehen seither auf sein Konto. Alleinherrscher ist Gunn jedoch nicht, er arbeitet bei der DCU-Neuausrichtung eng mit Filmproduzent Peter Safran (57) zusammen, gemeinsam sind sie Co-CEOs der DC Studios.
Gemeinsam haben sie unlängst einen umfangreichen Fahrplan für die nächsten Jahre auf die Beine gestellt, der sich stark am Vorbild Marvel orientiert und Kinofilme mit TV-Serien vereint. Nach dem bereits abgedrehten und bald erscheinenden „Shazam! 2: Fury of the Gods“ (Kinostart: 16. März 2023) und mit „The Flash (Kinostart: 15. Juni 2023) steht der „Universum-Neuanfang“ an. Im August dieses Jahres feiert derbrandneue Held „Blue Beetle“ seine Leinwand-Premiere, ehe im Dezember Jason Momoa (43) seinen zweiten Solo-Auftritt als „Aquaman“ hinlegt.
Statt Phasen setzt DC künftig auf Kapitel: Das erste davon trägt den Titel „Götter und Monster“ und startet mit der animierten Serie „Creature Commandos“. Auch der Superman-Film „Superman: Legacy“ (ohne Henry Cavill, 39) und ein Film über den Dark Knight namens „Batman: The Brave and the Bold“ fallen unter anderem in diesen Auftakt. Batman hat noch keinen Termin, Superman soll 2025 ins Kino düsen.
Doch trotz Fahrplan bleibt es kompliziert bei DC: Abseits des Hauptstrangs gibt es noch die sogenannten „DC Elseworlds“. Darunter fallen etwa „Joker“ mit Joaquin Phoenix (48) und „The Batman“ mit Robert Pattinson (36) sowie deren jeweilige Fortsetzungen, die für 2024 und 2025 angekündigt sind.
Wo so rigoros gehobelt wird, fallen bekanntlich Späne. Klangvollster Reibungsverlust war der im Grunde fertiggestellte Film „Batgirl“, der zum vermeintlichen Wohl des Neuanfangs komplett gestrichen wurde. Diese Entscheidung war jedoch noch von David Zaslav (63), CEO von Warner Bro. Discovery, getroffen worden. Durch die Ausbootung von Henry Cavill als Superman, der gerade noch in „Black Adam“ sein Comeback gefeiert hatte, zogen hingegen auch Gunn und Safran den Unmut zahlreicher Fans auf sich – Boykott-Aufrufe inklusive.
Dass diese Hauruck-Manöver Früchte tragen werden, ist also noch nicht gesichert. Mit dem organischen Wachstum bei Marvel – ob man deren kommerzialisiertes Phasen-System nun mag oder nicht – hat es jedenfalls nichts zu tun. Auch als Doppelgespann wird es für Gunn und Safran eine Mammutaufgabe, die 15 Jahre Vorsprung von Kevin „Mr. Marvel“ Feige aufzuholen.
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