Mit den zweiteiligen „Sommerspielen“ hat sich RTL am Freitag- und Samstagabend viel vorgenommen. Sehr viel. Wahrscheinlich sogar ein bisschen zu viel. Denn der fünfstündige Mammutauftakt, bei dem Promis im Ringen, Tischtennis und Co. gegeneinander antreten, hatte doch mehr als eine Länge. Dafür aber erhellende Momente darüber, was man so an russischen Schulen lernt.
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„Der Abend ist noch ganz, ganz lang und es gibt noch viel Edelmetall.“ Als Moderatorin Laura Papendick um 21 Uhr den ersten Zwischenstand beim Medaillenspiegel zeigt, klingt es zunächst wie eine Sportberichterstattungsfloskel, dass eben noch alles drin sei für die Kandidatinnen und Kandidaten. Als Papendick diesen Satz zweieinhalb Stunden später in leicht veränderter Form wiederholt, ist man sich allerdings nicht mehr so sicher, ob das nicht vielleicht doch eine Drohung gewesen ist: „Der Abend ist noch lange nicht zu Ende.“
Nun ist es ja nicht ungewöhnlich, dass Fernsehsender den TV-Abend gerne und bewusst in die Länge ziehen. Spätestens seit Thomas Gottschalk bei seinen „Wetten, dass …?“-Sendungen die Überziehung zu seinem Markenzeichen gemacht hat, ist man als Zuschauer gewohnt, dass es ein bisschen länger dauern kann. Kein Beinbruch, schließlich konnte Gottschalk seine Shows trotz Überlänge meist unterhaltsam gestalten. Stefan Raab wiederum hat mit seinen „Schlag den XY“-Shows bewiesen, dass man es mit einer langen Fernsehnacht auch etwas übertreiben kann.
Und genau zwischen diesem „Bisschen drüber“- und dem „Viel zu lang“-Fernsehen lag RTL am Freitagabend mit seinen „Sommerspielen“. Knapp vier Stunden hatte man sich im Programmplan reserviert, am Ende wurde es ein Stündchen länger – allerdings abzüglich zweier RTL-Nachrichtensendungen.
Die Zeit dazwischen hatte man sich für eine Art Olympische Spiele im Taschenformat reserviert. Prominente Hobbysportler und sportliche Hobbyprominente sollten in verschiedenen Disziplinen wie Tischtennis, Ringen, Schwimmen oder Weitsprung gegeneinander antreten und dabei für Unterhaltung sorgen.
„RTL Sommerspiele“: Mit Pizza zur Goldmedaille
Die erste Aufgabe haben alle Kandidaten erfüllt, die zweite, für den TV-Zuschauer viel wichtigere, mit eher durchwachsenem Erfolg. Dabei ging es ganz schön vollmundig los. „Es ist 2021. Das Jahr, in dem RTL wieder einmal Sportgeschichte schreiben möchte“, eröffnet Moderator Daniel Hartwich die „Sommerspiele“, verrät aber nicht, wann RTL jemals Sportgeschichte geschrieben hat. Auch seine Kollegin Laura Papendick bleibt nebulös, als sie behauptet, dass das Ganze als „das größte Sportereignis des Jahres bezeichnet wird“. Wer könnte denn so etwas tun?
Trotzdem, so viel kann man durchaus behaupten, hat sich RTL einigermaßen Mühe gegeben, einen angemessenen Rahmen zu schaffen. Die meisten Wettkämpfe finden in der Quarterback Immobilien Arena in Leipzig statt und starten mit ein bisschen Pyrobudenzauber, DJ, Orchester und dem Einlauf der Athletinnen und Athleten. 32 Promis aus 15 Nationen werden angekündigt, doch bei der Staatsangehörigkeit ist man bei RTL sehr großzügig. So tritt Joey Heindle beispielsweise für die Schweiz an, weil das seine Wahlheimat ist. Es geht also nicht um den Pass, sondern, ob’s passt.
Für die Show ist es am Ende aber völlig wurscht, wer woher kommt, schließlich soll es hier um Unterhaltung gehen – und genau das ist das Problem. RTL trimmt die Spiele auf Unterhaltung, nimmt das Ganze aber dann aber völlig ironiefrei viel zu ernst. So erzählt man, mit wie viel Akribie und Fleiß sich die Promis auf die Spiele vorbereitet haben und stellt dann 105-Kilo-Mann Evil Jared mit 30 Kilo leichteren Gegnern auf die Ringen-Matte. Wenig überraschend, dass der Musiker erst Fußballer Thorsten Legat und dann Tänzer Valentin Lusin ohne Mühe zusammenfaltet. Sein Erfolgsrezept in der Wettkampfvorbereitung: „So viel Pizza und so viel McDonald’s wird ein Vorteil sein.“
Das besondere Talent von Ekaterina Leonova
So viel Unwucht bei der Chancengleichheit führt zwar zu Kürze, aber nicht zur Kurzweiligkeit der Veranstaltung. Das gilt leider auch für die etwas faireren Wettkämpfe. RTL hatte peinlich genau darauf geachtet, dass die Sportler in anderen Sportarten antreten, als die, in denen sie berühmt geworden sind. So trat der ehemalige Gewichtheber Matthias Steiner zum Beispiel beim Tischtennis und beim Schwimmen an und traf dort unter anderem auf Fußballer David Odonkor. In puncto Fairness ehrenwert, in puncto Unterhaltung eher nicht. Denn für wen mag man sich in diesem Hobbywettkampf als Zuschauer denn entscheiden?
Für Unterhaltung sollten am Freitagabend andere Momente sorgen, zwei von ihnen geben dabei aber eher Anlass zur Sorge. Zum Beispiel der Umstand, dass Joey Heindle sich vor dem Schwimmen rühmt, erst vor kurzem die Ausbildung zum Rettungsschwimmer gemacht zu haben – um dann im Wettkampf Letzter zu werden. Vielleicht sollte man also erst den Dienstplan anfordern, ehe man sich in Heindles Revier ins Wasser wagt.
Die russische „Let’s Dance“-Tänzerin Ekatarina Leonova sorgte wiederum beim Schwimmen für große Zuschaueraugen. Im Gegensatz zu Deutschland gebe es in Russland nämlich keinen Schwimmunterricht in der Schule, stattdessen werde dort Wert auf andere Dinge gelegt: „Dafür kann ich Kalaschnikow einbauen und ausbauen in einer Minute. Habt ihr bestimmt nicht gelernt.“
Daniel Hartwich: „Morgen wird’s genauso toll“
Auch die ehemaligen Profis, die die Promis trainiert haben, sorgen, zumindest manchmal an diesem Abend, für launige Momente. Etwa, als Jennifer Oeser den 200-Meter-Sprint mit den Worten „Schöne Bilder voller Schmerzen“ kommentiert. Oder als Ex-Tischtennisprofi Steffen Fetzner die Leistung von Handballer Pascal Hens so einordnet: „Das ist seine einzige Chance, dass er das Spiel heute noch gewinnt: Dass er seinen Gegner verletzt.“
Und so schwanken die „RTL Sommerspiele“ fünf Stunden lang zwischen lustigen Sprüchen, wortwörtlich zähem Ringen bei einigen Wettkämpfen und einem etwas zu lang geratenen Show-Konzept. Neben den Wettkampfsiegern gibt es aber an diesem Abend noch andere Gewinner. RTL will nämlich sämtliche Gewinne aus seinem showbegleitenden Gewinnspiel den Opfern der aktuellen Flutkatastrophe spenden.
Eine schöne Aktion, trotzdem endet der Abend mit einer weiteren mutmaßlichen Drohung. Mit Blick auf den zweiten Teil der Sommerspiele, der am Samstagabend ansteht, verspricht Daniel Hartwich nämlich „Und morgen wird’s genauso toll.“ Und Laura Papendick ergänzt „Vielleicht sogar noch toller.“
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