"Hart aber fair": "Heuchlerisch, respektlos, unehrlich": Heftiger Zoff um Benzinpreis bei Plasberg

Wie teuer darf der Klimaschutz für autofahrende Bürger:innen zu Buche schlagen? In der Debatte um die geplante Benzinpreis-Erhöhung redete sich Gründen-Vizechefin Ricarda Lang bei „Hart aber fair“ in Rage – und bekam Rückendeckung von unerwarteter Seite.

„Klare Kante gegen die AfD“, aber zugleich auch immer wieder Verständnissignale für von der Bundespolitik enttäuschte Bürger: Das wurde am Montagabend bei „Hart aber fair“ als Erfolgsmethode des Ministerpräsidenten Reiner Haseloff identifiziert. Ein Tag nach der für die Union unerwartet triumphalen Landtagswahl in Sachsen-Anhalt wurde im Talk von Moderator Frank Plasberg erörtert, wie Politik verloren gegangenes Vertrauen wieder zurückgewinnen kann.

Maskenaffäre der CSU, geschönter Lebenslauf von Annalena Baerbock

Dabei ging es neben der jüngsten Wahl auch um ostdeutsche Befindlichkeiten im Allgemeine, um womöglich abgehobene Berliner Diskurse, die Maskenaffäre der CSU und den geschönten Lebenslauf der Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Und ganz am Ende ging es noch um ein Thema, das mustergültig zeigt, wie Wahlkampf funktioniert und wie wenig er bisweilen mit Aufrichtigkeit zu tun zu haben scheint: die Debatte um die geplante Erhöhung des Benzinpreises.

GroKo hat höheren Benzinpreis selbst beschlossen

Um 16 Cent pro Liter Benzin sollen die Spritpreise bis 2023 steigen – so steht es im Wahlprogramm der Grünen. Das findet nicht nur der Großteil der deutschen Bevölkerung unangebracht, es gibt auch leidenschaftlich empörte Kritik aus den Reihen der Großen Koalition. Frappierend jedoch: Die hat im Klimaschutzpaket etwas ganz ähnliches selbst festgelegt: eine sukzessive Benzinpreiserhöhung um 15,5 Cent pro Liter bis 2025. „Wie fair ist es, die Grünen für etwas anzugreifen, was Sie in der Koalition selbst ähnlich beschlossen haben“, konfrontierte Frank Plasberg den CSU-Generalsekretär Markus Blume mit diesem Manöver.

Markus Blume wirft Grünen Feldzug gegen Autofahrer vor

Der argumentierte im ARD-Studio in Berlin mit „unterschiedlichen Zeitachsen“, aber vor allem einer „unterschiedlichen Intention“: Bei den Grünen gehe es „seit Jahren im Grunde um einen Feldzug gegen Autofahrer, gegen Mobilität“, wähnt Blume. Er bekomme das Gefühl, „die Grünen leben alle in den großen Städten, und was im ländlichen Raum passiert, ist egal“. Aus dem Grund habe man in der Koalition zum Ausgleich für berufliche Vielfahrer auch die Pendlerpauschale erhöht. „Wir müssen am Ende immer schauen, dass Klimaschutz nicht gegen die Menschen, sondern mit den Menschen funktioniert.“

Seine Sitznachbarin fuhr da wie auf Kommando aus der Haut. „Diese Debatte zeigt doch, warum wir beim Klimaschutz nicht vorangekommen sind“, schimpfte Ricarda Lang, stellvertretende Bundesvorsitzende der Grünen. Ihre Partei habe für den steigenden CO2-Preis einen „konkreten sozialen Ausgleich“ vorgeschlagen, nämlich die Senkung der Strompreise über die EEG-Umlage sowie die Einführung eines „Energiegelds“. Über Letzteres würden „die Einnahmen aus dem CO2-Preis pro Kopf zurückgezahlt an die Bürgerinnen, wovon insbesondere Familien mit geringem Einkommen profitieren“.

„WELT“-Journalist Robin Alexander findet grünes Konzept „einfach schlüssiger“

Lange griff CSU-Mann Blume frontal an: „Ihre Große Koalition hat eine Erhöhung des Benzinpreises bereits beschlossen, aber ohne sozialen Ausgleich. Und dann stellen Sie sich hin und beschreiben unsere Vorschläge als unsozial. Das ist ehrlich gesagt heuchlerisch. Und es ist respektlos und unehrlich gegenüber Menschen mit wenig Geld, die ernsthafte Sorgen haben. Aber diese Sorgen nimmt man nicht ernst, indem man die Menschen verarscht.“

Unerwartete Rückendeckung bekam die Grünen-Frau von „WELT“-Journalist Robin Alexander: „Auf die Gefahr, die Erwartung in der Runde zu enttäuschen, finde ich, dass das Konzept von Frau Lang das intelligentere ist.“ Der stellvertrende Chefredakteur des konservativ geprägten Springer-Blatts: „Über die Pendlerpauschale kriege ich für lange Strecken mehr zurück. Bei Frau Lang kriegt jeder das gleiche.“ Wenn man sich der Logik stelle, über Preispolitik die Menschen weg vom Auto zu bewegen, sei das grüne Konzept „einfach schlüssiger“. Die Grünen müssten es nur besser verkaufen. An der Stelle stimmte sogar Ricarda Lang lachend zu.

Sascha Lobo: „Wechselstimmung ist sehr viel größer“, als viele glauben

Ob die Ehrlichkeit bei der Klimapolitik den Grünen das gute Wahlergebnis am 26. September kosten wird? „Spiegel“-Kolumnist und Autor Sascha Lobo hält das längst nicht für ausgemacht. „Die Wechselstimmung ist sehr viel größer, als viele in der Bundesregierung das sehen“, glaubt der Journalist. In welche Richtung diese Stimmung umschlagen wird, wird sich aber wohl erst in den „letzten vier bis sechs Wochen direkt vor der Wahl“ weisen. Erst dann würden viele derzeit noch Unentschlossene in der Gesamtschau eine Bilanz der politischen Leistungen fällen.

Dieser Inhalt wurde news.de von swyrl.tv zur Verfügung gestellt.

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