Die Alternative-Rock-Band Blackout Problems aus München ist mit ihrem dritten Album zurück. Auf dem Longplayer „DARK“, der am 15. Januar erscheint, verarbeiten die vier Bandmitglieder Mario Radetzky, Marcus Schwarzbach, Michael Dreilich und Moritz Hammrich die Geschehnisse der letzten Jahre, kritisieren den zunehmenden Rechtsruck und Populismus. Welche Rollen die Klimaaktivistin Greta Thunberg (18) und der Mord an Politiker Walter Lübcke (1953-2019) in ihrer Musik spielen und ob es wichtig ist, dass Künstler politisch Stellung beziehen, hat Schlagzeuger Michael Dreilich im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news verraten. Außerdem spricht er über das vergangene Jahr 2020, die Corona-Krise und seine Hoffnungen für 2021.
„Alle guten Dinge sind drei“: Was ist das Besondere an Ihrem dritten Album?
Michael Dreilich: Dieses Album hat viel erlebt. Wir haben begonnen daran zu arbeiten, als die Welt noch eine andere war. Nie im Leben hätten wir gedacht, dass wir es unter solchen Umständen und in so einer besonderen Zeit fertigstellen und auch veröffentlichen. Wie kein anderes Projekt zuvor hat uns dieses an vielen Stellen fast gebrochen und wir sind sehr froh, es als Band bis an diesen Punkt geschafft zu haben.
Wie kann man einen Song „Murderer“ nennen, der mit „L.O.V.E. for everybody“ aufhört?
Dreilich: Nun ja, man muss Dinge beim Namen nennen und einen Lösungsvorschlag bieten können. „Murderer“ ist vielleicht im ersten Moment etwas schwer zu deuten, da er oft die Perspektiven wechselt und mit einer Direktheit kommt, die im ersten Moment schocken kann. Zugrunde liegt der Mord an dem Politiker Walter Lübcke, der uns geschockt hat und aufzeigt, wie skrupellos heutzutage von Rechts gehetzt und in letzter Konsequenz zum Mord angestiftet wird.
Auf Ihrem Album üben Sie auch viel Systemkritik. Welche Themen liegen Ihnen dabei besonders am Herzen?
Dreilich: Ich würde es weniger als Systemkritik bezeichnen, eher als Wertevermittlung. Werte, die uns als Band wichtig sind, tragen wir schon immer nach außen. Wir wollen als Band für etwas stehen, für eine Art mit Problemen umzugehen, sich zu informieren, Lösungsansätze zu diskutieren. Wir wollen im Grunde dazu anstiften, dass sich im Gehirn etwas bewegt, einen Denkanstoß geben und die Hörer/innen davon überzeugen, selber aktiv zu werden und in Themenfelder wie Klimaschutz oder „Black Lives Matter“ einzutauchen.
Ihr Song „Lady Earth“ wurde von Greta Thunberg inspiriert. Was halten Sie von ihr?
Dreilich: Ich halte wenig von Personenkult im Allgemeinen, bin aber überzeugt, dass es vor allem für jüngere Aktivist/innen wichtig ist, ein Vorbild wie Greta Thunberg zu haben. Ich finde es toll, wie sehr sie Firmen, Politiker/innen und uns allen die Dringlichkeit der Klimakrise klar machen konnte.
Auf dem Albumcover ist eine weiße Rose zu sehen, ein Symbol der Unschuld und Reinheit, aber auch das Symbol des Widerstands gegen den Nationalsozialismus. Welche Botschaft wollen Sie damit vermitteln?
Dreilich: Ich glaube, dass im November 2018 zum ersten Mal Blumen bei unseren Live-Konzerten auf die Bühne geworfen wurden. Wir fanden das irgendwie witzig und eine schöne Alternative zu den sonstigen Wurfgeschossen, aus denen man als Konzertbesucher/in wählen kann. Wir haben im Mai 2019 eine Single veröffentlicht, die mit einem Artwork aus Rosen unterlegt war und fanden auch da Zuspruch. Irgendwie haben wir nach und nach unsere Band mit Rosen verknüpft und fanden das einfach passend. Die weiße Rose auf „DARK“ ist in erster Linie eine visuelle Fortführung davon. Symbolisch spielen wir damit natürlich aber auch auf die von Sophie Scholl geführte Widerstandsgruppe an.
Halten Sie es für wichtig, dass Musiker politisch Stellung beziehen?
Dreilich: Ich persönlich mag Künstler/innen mit einer gewissen Haltung. Das muss nicht unbedingt politisch ausgelegt werden. Das können genauso gut Business-Entscheidungen oder ein bewusster Verzicht sein. FUGAZI finde ich hier erwähnenswert. Diese Band hat über ihre komplette Laufbahn durchgehend auf Merchandise verzichtet, um ein Zeichen gegen Materialismus und Kapitalismus zu setzen. You Are Not What You Own. Eine klare Haltung und Werte sind für mich wichtig, aber nicht jede Band muss politische Songs schreiben.
Ihre letzten beiden Alben haben Sie (fast) in Eigenregie veröffentlicht. Wie kam es, dass Sie nun bei einem Major Label unterschrieben haben?
Dreilich: Das hatte mehrere Gründe. Wir kannten die Menschen, mit denen wir jetzt zusammenarbeiten, bereits davor und teilweise auch sehr gut. Ohne diese persönliche Komponente hätten wir es auch nicht in Betracht gezogen, bei einer großen Maschine wie Sony zu unterschreiben. Wir haben ein gemeinsames Ziel formuliert und wollen die Band über die Grenzen von Deutschland, Österreich und die Schweiz hinaus bekannter machen, damit wir auf lange Sicht dort touren können. Das geht mit bereits bestehenden Strukturen natürlich etwas leichter als komplett DIY.
Vor der Corona-Pandemie waren Sie fast ständig auf Tour. Wie war für Sie der plötzliche Lockdown?
Dreilich: Im ersten Moment war es eine Live-Pause, die wir alle sehr nötig hatten, was man aber erst merkt, wenn man genügend Zeit hatte, aus dem Rhythmus rauszukommen. Mittlerweile kribbelt es aber bei jedem und überall. Man will wieder raus und auf die Straße. Ein Album im Lockdown rauszubringen, ohne die Möglichkeit dieses live spielen zu können und eine direkte Publikumsreaktion zu fordern, fühlt sich sehr unrund an. Wir sind aber Musiker und passen unsere Kunst nicht an wirtschaftlichen Strategien und Zeitplänen an, sind dafür vielleicht ärmer, aber können uns später sagen, dass wir immer das gemacht haben, was sich für uns richtig angefühlt hat.
Wie blicken Sie auf das Jahr 2020 zurück?
Dreilich: Obwohl man in erster Linie an Stillstand denkt, finde ich, dass gedanklich im Jahre 2020 vieles vorwärts ging. Bei uns als Band, bei jedem Einzelnen und überall auf der Welt. Auch wenn es schwer ist und schwer war, bin ich sehr froh, auch in dieser schweren Zeit noch irgendwie kreativ arbeiten zu können und Musik machen zu können.
Was ist Ihnen in besonderer Erinnerung geblieben, negativ wie positiv?
Dreilich: Positiv finde ich, dass ein jahrelanges Problem wie Rassismus nun endlich Einzug in unser aller Köpfe gefunden hat und scheinbar jetzt so richtig angepackt wird. Als negativ empfinde ich die Art, wie in diesem Jahr das Gut der Meinungsfreiheit missbraucht wurde und viele nicht spüren, wie wichtig eigentlich Solidarität ist.
Wie geht es Ihnen als Band in der Corona-Krise?
Dreilich: Uns geht es wie allen in der Veranstaltungsbranche beschissen. Sich einfach so 50 Prozent unseres Bandalltags wegzudenken, fällt einem nicht leicht. Wir lieben es live zu spielen und natürlich ist es für uns die größte und wichtigste Einnahmequelle. Wir versuchen diese Krise als Test zu sehen, wie sehr wir das alles wirklich machen wollen. Wenn man will, gibt es immer einen Weg und wir geben gerade alles, uns gegenseitig aufzufangen und weiterhin motiviert zu bleiben.
Welche Hoffnungen haben Sie für das Jahr 2021?
Dreilich: Ich hoffe der Impfplan geht auf und wir können ab dem dritten Quartal wieder etwas Richtung Normalität gehen. Am meisten erhoffe ich mir aber einfach die Gewissheit, dass es überhaupt wieder so wird wie vorher. Ich denke, sobald ein ungefährer Stichtag in Reichweite kommt, lösen sich viele Knoten. Ich hoffe, wir schaffen es alle bis dahin.
Im April 2021 starten Sie eine große Headliner-Tour. Glauben Sie, dass die Konzerte wie geplant stattfinden können?
Dreilich: Um ehrlich zu sein gehe ich nicht davon aus. Es gibt aber bereits Ersatztermine im Dezember, die weitaus wahrscheinlicher wirken.
Im nächsten Jahr feiern Sie bereits ihr zehntes Jubiläum. Wie blicken Sie auf die vergangenen Jahre Ihrer Karriere zurück?
Dreilich: Hätten Sie mich nicht danach gefragt, wäre es mir wahrscheinlich gar nicht aufgefallen. Man steckt so tief in seiner Blase und gibt so viel, dass einem Jubiläen wie dieses manchmal gar nicht bewusst sind. Ich bin unglaublich stolz auf alles, was wir bisher kreiert und erlebt haben. Auch, wenn wir zurzeit kämpfen müssen, habe ich unglaublich viel Lust auf die Zukunft – vor allem wenn ich an Ideen denke, die jetzt schon herumschwirren. Wir können noch sehr viel mehr erleben und kreieren und darauf freue ich mich sehr.
Trotz Corona-Pandemie wollen Blackout Problems ihren Fans ein Releasekonzert zum neuen Album bieten, das am Samstag (16. Januar) um 20 Uhr via Digital-Stage startet. Auch in der Folgewoche sind einige Streaming-Events geplant, etwa die Dokumentation „Dark Days“ (ab 17. Januar, 19 Uhr via YouTube) oder der „Dark Music Movie“ (19. Januar, 19 Uhr via YouTube).
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