- Im neuen „Tatort“ aus Bremen wird ausgerechnet ein besonders hilfsbereiter Arzt ermordet.
- Jeder ist zum Bösen fähig, behauptet Linda Selb. Die BKA-Ermittlerin überrascht das Bremer Team nicht nur mit ihren pragmatischen Sprüchen, sondern auch mit ihrer Unterkunft.
- Linda Selb ist übrigens nicht die einzige, die gerade in ein Tiny House gezogen ist.
- Hintergründe zu „Und immer gewinnt die Nacht“.
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Das falsche Goethe-Zitat
„Ich habe nie von einem Verbrechen gehört, das ich nicht selbst hätte begehen können“, sagt Linda Selb zu Beginn des neuen „Tatort“. Das sei ein Zitat von Johann Wolfgang von Goethe, informiert die BKA-Ermittlerin ihre Kollegin Liv Moormann.
Für eine gebildete Genauigkeitsfanatikerin wie Linda Selb ist das aber ein peinlicher Fehler: Seit Jahrzehnten geistert der markante Spruch durch Aphorismensammlungen, aber seit Jahrzehnten wird von Goethe-Forschern darauf hingewiesen, dass er sich in dieser Form beim Dichter nicht finden lässt.
Am nächsten kommt der Aussage ein Satz in Goethes „Maximen und Reflexionen“, die posthum herausgegeben wurden. Darin findet sich die Lebensweisheit: „Man darf nur alt werden, um milder zu sein, ich sehe keinen Fehler begehen, den ich nicht auch begangen hätte.“ Es geht nicht um Mord, sondern um Nachsicht gegenüber jungen Künstlern.
Der Schriftsteller Thomas Mann allerdings lässt in seinem historischen Roman „Lotte in Weimar“ von 1939 tatsächlich Goethe den Satz vom Verbrechen sagen, das dürfte zu der weit verbreiteten Fehlannahme beigetragen haben.
Wie die Darsteller sich zum Bier trafen
Am Ende seines ersten Bremer Falles war Mads Andersen auf dem Rückweg in seine Heimat, jetzt sehen wir ihn wieder und erfahren etwas mehr über den Mann: Der Däne Andersen war Undercover-Ermittler und offenbar so erfolgreich und wichtig, dass ihn sein ehemaliger Kollege zu sich zu einem neuen Job ins Innenministerium holen will. Aber natürlich ist Mads Andersen kein Büromensch und kehrt nach Bremen zurück. Dort ist er anders als seine Kolleginnen kein Beamter, sondern Angestellter im Polizeidienst.
Die Dreharbeiten in Kopenhagen fand Darsteller Dar Salim „super“, wie er in den Presseinformationen der ARD erzählt: „Es war der pure Luxus, im eigenen Bett schlafen zu können. Und ich glaube, das Team hat den Dreh in Kopenhagen auch genossen. Zeit für einen Stadtbummel war leider nicht. Aber immerhin konnte ich sie am Abend auf ein Bier bei mir zu Hause einladen, und das war sehr nett.“
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Was hat es mit Linda Selbs neuer Unterkunft auf sich?
Drehbuchautor Christian Jeltsch hat für die pragmatische Ermittlerin eine effiziente Wohnung er- beziehungsweise gefunden: Linda Selb lebt in einem „Tiny House“, also in einem Mini-House. Das genügsame Wohnen geht auf die US-amerikanische Tiny-House-Bewegung zurück, die sich bis in die siebziger Jahre zurückverfolgen lässt und für eine umweltfreundliche Abkehr vom Materialismus plädiert.
Nach der Finanzkrise von 2007, die als Immobilienkrise begann und bei der viele Familien ihre Häuser verloren, gewannen Tiny Houses aus der Notwendigkeit heraus neue Popularität.
Der amerikanischen Bauordnung wurde 2018 ein Tiny-House-Anhang zugefügt, der sie als Wohnungen bis zu 40 Quadratmeter Größe definiert und Sicherheitsvorkehrungen regelt. So ist zum Beispiel ein Dachfenster notwendig, um der Vorschrift nach einem Notausgang zu genügen.
Darstellerin Luise Wolfram kann sich so eine Unterkunft nur bedingt vorstellen: „Ich finde die Idee, auf kleinstem Raum effektiv alles zu integrieren, was man zum Leben braucht, innovativ und würde das mal für einen Urlaub anvisieren. Aber für längere Zeit bin ich noch skeptisch.“
In Deutschland haben Tiny Houses es schwer – aber sie helfen
In Deutschland können sich laut des Markt- und Meinungsforschungsinstituts YouGov vom August 2019 zufolge rund ein Drittel aller Befragten vorstellen, in einem Tiny House zu leben. Wegen der noch geringen Verbreitung scheitern viele Projekte allerdings: „In Deutschland interessieren sich über 20.000 Menschen für ein Tiny House, tatsächlich werden nach unseren Marktinformationen aber nur 300 bis 500 Tiny Häuser realisiert“, sagt Christian Brecht, Gründer der Webseite „Livee.com“, die deutschen Interessenten bei der Verwirklichung ihrer alternativen Wohnvorstellungen helfen will.
Laut „Livee.com“ kann man sich aus einem Bausatz ab 24.000 Euro selbst ein Tiny House bauen, im Durchschnitt belaufen sich die Kosten allein für das House aber auf 1.800 Euro und 2.400 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Wichtig sei es, ein Tiny House wie jedes andere Bauprojekt zu behandeln – baurechtlich gilt es als Einfamilienhaus mit den entsprechenden Vorschriften, was auch bei der Grundstückssuche beachtet werden müsse.
Übrigens: Die von der Flutkatastrophe im Ahrtal betroffene Gemeinde Grafschaft in Rheinland-Pfalz beschaffte im November 25 mobile Tiny Houses, um Betroffenen eine Unterkunft zu ermöglichen. Die komplett ausgestatteten Häuser kosteten jeweils rund 50.000 Euro, die Siedlung soll vorerst zwei Jahre lang stehen bleiben.
Dieser "Tatort" aus Bremen ist klug konstruiert – vielleicht zu klug
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