Eine KritikvonChristian Vock Diese Kolumne/Dieser Kommentar/Diese Kritik stellt die Sicht des Autors/der Autorin dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.
Es gibt nicht viele wie ihn. Otto Waalkes hat sich in Deutschland einen Status erarbeitet, den nur ganz wenige genießen. Udo Lindenberg vielleicht noch. Oder Thomas Gottschalk. Bei Otto weiß man immer, was man bekommt.
Wo Otto draufsteht, ist Otto drin, das war schon immer so. Keine Überraschungen, keine Experimente. Da kann man nun den Vorwurf der fehlenden Weiterentwicklung erheben, man kann es aber auch Konstanz nennen. Und egal, was Otto macht, ob Gutes oder Nicht-so-Gutes, am Ende beschwichtigt man in der Regel mit dem Satz: Ist halt Otto.
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Wenn die ARD nun am Freitagabend eine Weihnachtsshow mit Otto Waalkes zeigt, dann muss man eigentlich nur den Titel „Otto Fröhliche – Advent, Advents mit Otto und Friends“ lesen und man weiß genau, wie die 90 Minuten ablaufen werden. Es wird erstens Otto da sein, mit zweitens Otto-Humor, drittens Otto-Wortspielen und viertens Otto-Freunden, um die sich wiederum die Punkte zwei und drei drehen.
Im Grunde geht es also nur noch um die Frage: Welche Wortspiele und welche Freunde? Frage Nummer eins ist schnell geklärt und schon nach wenigen Minuten das Niveau abgesteckt. Otto hat sich das Studio weihnachtlich einrichten lassen, natürlich mit Christbaum und Lichterketten. Und damit er nicht aus diesem weihnachtlichen Rahmen fällt, trägt Otto einen Ottifanten-Strickpullover und eine dieser rot-weißen Weihnachtsmannmützen, mit denen angetrunkene Glühweinstandbesucher außerhalb von Corona-Jahren auf Weihnachtsmärkten unangenehm auffallen, weil sie glauben, das alleine sei bereits witzig.
Anderer Adventskalender: 24 Film- und Streaming-Formate verkürzen Wartezeit Laue Gags und Lacher, wo sie nicht hingehören Bei Otto gibt es an diesem Abend keinen Glühweinstand, dafür aber einen Tresen, auf dem zwei Ottifanten-Handpuppen so eine Art Sidekick geben. Doch was da so über den Tresen geht, ist erst einmal nicht wesentlich lustiger als die Weihnachtsmannmützen: „Was passiert eigentlich, wenn man einen grünen Apfel ins Rote Meer wirft? Er wird nass“, kalauert einer der Ottifanten und legt nach: „Weißt du, was der Hammer ist?“ – „Was denn?“ – „Ein Werkzeug.“
Ja, der Start ist humoristisch holprig, offenbar konnte man den Erfinder der Häschen-Witze als Gagschreiber für die Show gewinnen. Aber zum Glück hat Waalkes ja eine ganze Reihe Gäste aus dem Bereich Fernsehunterhaltung eingeladen, die werden das Ding schon wuppen. Oder? Nun ja, gleich der erste Gast erweist sich an dieser Stelle wenig kooperativ, den Humor ein bisschen auf ein höheres Niveau zu hieven. Im Schlagabtausch mit vorbereiteten Witzen haut jedenfalls Comedian Bülent Ceylan Kalauer diesen Kalibers raus: „Mein Opa war so geizig, der hat seine dritten Zähne gebraucht gekauft.“
Nein, ein humoristischer Zugewinn sind die wenigsten von Ottos Gästen, dabei hat sich der Komiker nicht lumpen lassen und glänzt durchaus mit A-Prominenz auf der Gästeliste: Florian Silbereisen, Tahnee, Judith Rakers, Oliver Pocher, Stefanie Heinzmann, Uschi Glas, Matze Knop, Mirja Boes, Hugo Egon Balder, Mark Forster, Martin Schneider, Hans Werner Olm oder Max Raabe unterstützen Waalkes bei seiner Weihnachtsshow nach Kräften, allerdings mit eher niedrigschwelligem Humor. Da helfen auch die Lacher vom Band nichts, sie irritieren sogar eher, weil sie dort kommen, wo es eigentlich nichts zu lachen gibt.
„Otto Fröhliche“: Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Zum Beispiel beim Auftritt von Florian Silbereisen. Der kommt im feinen Zwirn und singt mit Otto eine Waalkes-Version von Sinatras „Winter Wonderland“: „Hinterm Deich wird es leise, Winter zieht seine Kreise, von Sternen bewacht, zieh’ ich durch die Nacht, Waalkes in the Winter Wonderland“, beginnt Otto und Silbereisen zieht nach: „Kalter Wind, sonst nur Stille, heißer Grog bringt Promille, du nimmst noch ’nen Schluck, du kriegst ja nie genug, Waalkes in the Winter Wonderland.“
Nicht lustig, sondern wild, reiht sich in den Rest des Programms ein: Handpuppen, Nachrichten mit Harry Hirsch, eine Parship-Persiflage und eine von „Deutschland sucht den Superstar“, ein wirklich schlimm zusammengeschnittener Palim-Palim-Auftritt von Dieter Hallervorden, ein Lied auf einer Schnapsflaschen-Panflöte mit Mirja Boes, eine Bundestagsrede, ein musikalisches Hörspiel mit dem Palast Orchester. Es ist wirklich wild, was Otto und das Erste da zusammengebraut haben und man hat ein wenig das Gefühl, dass da das Brainstorming zu früh abgebrochen wurde. Das einzige Bindeglied: Otto und seine Art von Humor.
Aber wen nur will Waalkes mit diesem wilden Mix erreichen? Einen „vorweihnachtlichen Spaß, Überraschung, Musik und Sketch-Comedy für die ganze Familie von und mit Otto Waalkes“, verspricht die ARD dem Zuschauer. Musik und Sketch-Comedy liefert Otto, vorweihnachtlichen Spaß nur punktuell und eine Überraschung gar nicht.
Und bei der Sache mit der ganzen Familie darf diese Familie zu Recht fragen, warum das Erste die Otto-Weihnachtsshow dann erst um 22:15 Uhr ausstrahlt. Für einen Familienabend mit kleineren Kindern ist das zeitlich eher nichts und mit größeren Kindern humoristisch nichts. Und so steht am Ende wieder eine typische Otto-Waalkes-Show. Wem das schon immer gefallen hat, wird auch am Freitagabend seinen Spaß gehabt haben. Alle anderen dürften es wie immer mit Nachsicht betrachten. Ist halt Otto.
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