„The Biggest Loser“ hat einen neuen Ableger. Jetzt schinden sich Eltern und Kinder im Duo auf dem Weg zum Gewichtsverlust. Die Mischung ist klassisches Reality-TV: nur echt mit einem Tanklaster voller Tränen.
Die Deutschen sind zu dick. Das sagen zumindest die Statistiken seit Jahren. Mehr als die Hälfte ist übergewichtig, Tendenz steigend. Schuld daran ist vor allem die Ernährung. Zu viel Zucker, Fast Food, zu große Mengen, kaum Bewegung, das hinterlässt Spuren.
Den inneren Schweinehund und eingefahrene Routinen zu überwinden, fällt vielen schwer. Vielleicht erklärt das den Erfolg des Formats „The Biggest Loser“: Mit der Chipstüte in der Hand auf der Couch anderen zuzusehen, wie sie schwitzen und sich abmühen, ist irgendwie angenehmer, als sich selbst zu schinden.
Mit „The Biggest Loser – Family Power Couples“ bekommt das Reality-Format nun einen Ableger, in dem Eltern mit ihren Kindern ins Abspeck-Bootcamp auf der griechischen Insel Naxos ziehen. Wer schuld an allem ist, daran lässt die Sendung wenig Zweifel. Coach Christine Theiss, mehrfache Kickbox-Weltmeisterin, zumindest freut sich, „vielleicht zumindest den Verursacher mit an Bord“ zu haben.
Viel Arbeit muss sie in die Bestätigung nicht stecken. Die Eltern erklären kurz darauf der Reihe nach willfährig, Schuld an der Misere zu sein. Die passenden Einspieler belegen das Elend: Sohn Jan sitzt den ganzen Tag vor der Konsole und futtert, Mama Andrea kauft das Mittagessen beim „Dönermann“.
Tochter Wobke hat in zwei Jahren 40 Kilogramm zugenommen, die Eltern machen sich Sorgen und erklären, dass sich „jetzt etwas tun muss“. Doch die Rettung naht: „Die machen alles, um dir zu helfen“, sind sich die Eltern sicher. Mit „Die“ sind natürlich die Coaches von „The Biggest Loser“ gemeint.
Mama Andrea übergibt sich bereits nach wenigen Minuten
Konkret sieht das so aus: Als erstes müssen die acht „Couples“ Heuballen schleppen. Mama Andrea übergibt sich bereits nach wenigen Minuten. Glücklicherweise hat ihr Sohn Jan, 15, Verständnis: „Mama, jetzt komm schon!“, giftet er sie an.
Das Stichwort für Christine Theiss, die die Hand auf den sich immer noch eruptierenden Rücken legt und erklärt, sie solle langsam weitermachen. Das sei wie Möbel umstellen. Mehr nicht. Aber die eigenen Möbel schleppt man eben doch eher selten über einen griechischen Acker.
Beim nächsten Heuballen kippt Andrea um, ihr ist schwarz vor Augen. Kommentar des Sohnes: „Das war mir schon sehr unangenehm, auch vor den anderen.“ Nichts ist so grausam ehrlich wie die Liebe eines pubertierenden Teenagers.
Natürlich ist diese Stresssituation Formatkalkül, nur schwitzen wäre zu fad, weswegen sich Mutter und Tochter nun ordentlich streiten. „Willst du abbrechen?“ „Du lässt mich ja nicht.“ „Ist doch egal. Nein, ist mir natürlich nicht egal. Erste Woche raus, tschüss. Toll.“
Als die entkräftete Mutter irgendwann nur noch dasitzt und heult, bequemt sich ein Arzt zu ihr, konstatiert aber, dass alles okay sei. Wenig später schleppt Andrea unter den aufmunternden Worten ihres Sohnes („Setz einfach ab!“ „Gib auf!“) und mit lautem Schnaufen weiter.
Die Ratschläge aus dem „Tschakka“-Handbuch für Anfänger der Coaches sind auch keine Offenbarung: „Was da super gegen hilft ist, wenn man es einfach tut“, so einer der Tipps. Und wofür das alles? Für einen Stapel Heu mit einem photogeshoppten schlanken Ich darauf. Bootcamp-Philosophie im „Full Metal Jacket“-Stil statt Psychotherapie.
Problemlösung mit dem Hammer
Zu der geht es im Lauf der Sendung aber natürlich auch noch. Es ist schließlich Reality-TV, nur echt mit einem Tanklaster voller Tränen. Andrea und Jan weinen, weil sie sich so angegiftet haben. Birgit und Fabienne, weil der Vater beziehungsweise Ehemann schwer krank ist. Lucas, weil er die Mutter früh verloren hat.
Wir wird man im Privatfernsehen solche schweren Belastungen los? Indem mit dem Hammer auf Gipsplatten mit Mottos haut. Und dünn wird.
Denn letzten Endes läuft auch „The Biggest Loser – Family Power Couples“ nur auf den Showdown auf der Waage am Ende der Show hinaus. Speck weg, Probleme weg, so die simple Losung der Sendung. Es wird gezittert, die Nerven liegen blank, auch bei den Coaches.
Als das Problempaar Andrea und Jan auf die Waage steigen, raunt Ramin Abtin: „Hoffentlich kein Scheißergebnis.“ Die beiden schaffen es knapp in die nächste Runde, vorne liegen Shaliek und Mutter Andie, die zusammen 14 Kilogramm in einer Woche abgenommen haben.
Ganz so glücklich läuft es nicht für alle. Kein „Biggest Loser“ ohne einen wirklichen Loser. Für Marcel und Angelika reicht es in dieser Woche nicht. Sie fahren wieder nach Hause, müssen sich dafür aber nicht mehr jeden Tag körperlich und emotional vor laufender Kamera schinden lassen. Das klingt eigentlich ganz verlockend.
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