- Mit Kirsten Stewart in der Hauptrolle erscheint in dieser Woche „Spencer„ in den Kinos.
- Der Film zeigt einen Ausschnitt aus dem Leben Prinzessin Dianas und konzentriert sich auf das Weihnachtsfest der britischen Royals im Jahr 1991 in Sandringham House.
- Auch wenn der Streifen sich viel künstlerische Freiheit nimmt, ist vor allem die Darstellung Dianas durch Stewart verblüffend nah am Original.
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Ein Film über Weihnachten, aber definitiv kein Weihnachtsfilm ist das neue Drama des chilenischen Regisseurs Pablo Larrain. „Spencer“ dreht sich um das Weihnachtsfest der britischen Königsfamilie im Jahr 1991. Während des Wochenendes in Sandringham House, dem Landsitz der Königin, hadert eine psychisch schwer angeschlagene Prinzessin Diana mit den Zwängen ihres royalen Lebens, vor allem mit ihrer Ehe zu Prinz Charles, die längst in Scherben liegt.
Die US-Schauspielerin Kristen Stewart („Twilight“) glänzt in der Hauptrolle. Wie sie klingt, wie sie geht und wie sie ihren Kopf immer wieder unsicher zur Seite legt – die Ähnlichkeit zu Sprache, Ausdruck und Gestus der echten Prinzessin ist verblüffend. Was die Handlung angeht, nimmt es „Spencer“ allerdings nicht so genau. „Es ist eine Fabel aus einer wahren Tragödie“, heißt es zu Beginn des Dramas.
Regisseur Larrain, der 2016 mit „Jackie“ über Jacqueline Kennedy einen von der Grundidee ähnlichen Film drehte, und Drehbuchautor Steven Knight („Tödliche Versprechen“) zeigen Diana als eine Frau vor dem Zusammenbruch. Aus ihrer Perspektive wird jeder Fototermin zum Drama. Der Landsitz der Queen wird zu einem Gefängnis, in dem sogar die Vorhänge zugenäht werden, damit niemand reinschauen kann. Oder heraus?
Visionen von Anne Boleyn – deren Mann Henry VIII. sie köpfen ließ
Der straffe Zeitplan und die Kleiderordnung der Festlichkeiten rund ums Weihnachtsfest nehmen Diana jegliche Individualität. Beim Weihnachtsessen wird sie von den anderen Royals, die in diesem Film recht bösartig wirken, kalt angestarrt. Zwischen den Gängen flüchtet sie sich aufs Klo, um sich zu übergeben. Ihre Söhne William und Harry merken, dass mit ihrer Mutter etwas nicht stimmt. Der verzweifelte William bittet seine Mutter, sich zusammenzureißen. Doch so einfach ist das nicht.
Diana hat Visionen von Anne Boleyn, die sie sogar von einem Selbstmordversuch abhält. Mitunter hält sich Diana selbst für Boleyn. Die wurde bekanntlich enthauptet, damit ihr Mann Henry VIII. seine dritte Frau heiraten konnte. In anderen Szenen sieht Diana ihr jugendliches Ich an sich vorbeitanzen. Den einzigen Halt bieten ihre Dresserin Maggie (Sally Hawkins) und Küchenchef Darren McGrady (Sean Harris), den es tatsächlich im wahren Leben gab und gibt.
Trailer zu "Spencer" mit Kristen Stewart als Prinzessin Diana
Wenn Diana etwa über der Kloschüssel hängt, bedeckt ihr prachtvolles Kleid den gesamten Badezimmerboden. Larrain arbeitet mit ruhigen, schönen Bildern, denen immer auch etwas Unangenehmes innewohnt. Der starke Soundtrack unterstreicht die Stimmung, mal mit düsteren Cello-Klängen zum Weihnachtsessen, mal mit wildem Freejazz, der Dianas aufgewühlte Persönlichkeit unterstreicht.
„Ich will masturbieren“ – künstlerische Freiheit statt Nähe zum Original
Neben Stewart überzeugen Kino-Veteran Timothy Spall als nerviger Aufpasser, Sean Harris, der sich von seinem Image als psychopathischer Terrorist in den „Mission: Impossible“-Filmen löst, und Jack Farthing als äußerst grimmiger Prinz Charles. Kaum zu sehen ist der deutsche Schauspieler Richard Sammel, der als Prinz Philip nur eine Minirolle hat.
Das bedrückende Weihnachtswochenende 1991 ist bisweilen auch aus Zuschauersicht eine sehr zähe Angelegenheit und fast anstrengend anzusehen. Das kann man sowohl positiv als auch negativ werten. Besser als Oliver Hirschbiegels kitschiges Liebesdrama „Diana“ von 2013 mit Naomi Watts in der Hauptrolle ist „Spencer“ allemal.
Der etwas dynamischere Erzählstil der Netflix-Erfolgsserie „The Crown“ ist wiederum leichter verdaulich als diese poetische, stark dramatisierte und übertriebene Arthouse-Version der Ereignisse, in der die Dialoge mit Metaphern und Anspielungen überfrachtet sind. Ob Diana hinter den Palastmauern wirklich so viel geflucht hat? Dass sie ihre Dresserin mit den Worten „Ich will masturbieren“ wegschickt, ist wohl auch eher der Kreativität von Larrain und Knight geschuldet, genauso wie das dann doch sehr dick aufgetragene Ende.
Schauspielerisch ist die deutsch-britische Co-Produktion „Spencer“, für die unter anderem am Schloss Marquardt in Potsdam und am Schloss Nordkirchen in Nordrhein-Westfalen gedreht wurde, jedoch ein Highlight. Es wäre keine Überraschung, wenn Kristen Stewart nach ihrer Nominierung als beste Hauptdarstellerin bei den Golden Globes nicht nur diese Trophäe erhält, sondern anschließend auch einen Oscar bekommt. (dpa/Philip Dethlefs/dh)
Zum Kinostart von "Spencer": Das tragische Leben von Prinzessin Diana
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