In der Coronapandemie schränkt der Staat wichtige Grundrechte ein. Aber darf er das eigentlich? Über das Gleichgewicht zwischen der Freiheit des Einzelnen und der Sicherheit des Gemeinwesens diskutiert Richard David Precht in seiner Sendung „Precht“. Was darf der Staat? Die Grenzen der Freiheit“ am Sonntag, 14. März 2021, 23.45 Uhr im ZDF. Gesprächspartner ist Wolfgang Kubicki, Bundestagsvizepräsident und stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP.
Die Verfassung sieht vor, dass Grundrechte in einer Notlage eingeschränkt werden dürfen. Wo endet die Freiheit, und wo beginnen die Pflichten der Bürgerinnen und Bürger? Richard David Precht meint, dass gerade die bürgerliche Bereitschaft, Pflichten und gesamtgesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, merklich abgenommen habe. Nicht nur im Hinblick auf die Pandemie, sondern auch angesichts der drohenden Folgen des Klimawandels sei es aber wichtig, die Verantwortung für kommende Generationen zu übernehmen und weniger auf persönliche Freiräume zu bestehen. Müssten die Liberalen nicht also für mehr Regeln und Verbote sein, um auch künftigen Generationen größtmögliche Freiheiten zu gewährleisten? Wolfgang Kubicki hält dagegen: Man müsse versuchen, die Klimaprobleme nicht durch immer neue Einschränkungen, sondern durch neue Technologien zu lösen.
Ein Recht auf Freiheit garantiere nicht automatisch, dass alle eine gleiche Chance auf Freiheit haben, so Precht. Mit besseren ökonomischen und sozialen Voraussetzungen habe man auch bessere Chancen, seine Freiheit auszuschöpfen. Ist der Liberalismus nicht zuletzt die Weltanschauung der Privilegierten, die ihre Freiheit behalten und sie gegen allzu viel Staat verteidigen? Kubicki verneint dies, kritisiert aber das Wohlstandsgefälle in der Bundesrepublik: „Dass man Managergehälter begrenzt, da bin ich dafür.“ Kubicki denkt als Begrenzung etwa an das 40-fache der Durchschnittseinkommen in einem Unternehmen. „Ich bin auch dafür, dass im unteren Bereich die Leute nicht abgehängt werden.“ Kubicki plädiert für eine Anhebung der Regelsätze bei Hartz IV. „Warum“, fragt er, „werden alleinerziehende Mütter dafür, dass sie Kinder erziehen, nicht noch zusätzlich belohnt?“
Richard David Precht meint, dass die herrschende Chancengleichheit heute weniger vom Staat, sondern eher durch die wachsende Macht und auch Willkür der internationalen digitalen Großkonzerne bedroht werde. Das sei eine ernste Herausforderung, betont Kubicki. Die Probleme der Zukunft, so Kubicki, seien vor allem dann lösbar, wenn nicht der Staat die Bürgerinnen und Bürger bevormunden würde, sondern alle Menschen ihrer Kreativität möglichst frei nachgehen könnten.
Foto: (c) ZDF / Juliane Eirich
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