Eine KritikvonRobert Penz Diese Kolumne/Dieser Kommentar/Diese Kritik stellt die Sicht des Autors/der Autorin dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.
Auch in der 50. Ausgabe des Formats „Mario Barth deckt auf“ präsentierte der Berliner Comedian gemeinsam mit den üblichen „investigativen“ Verdächtigen Ilka Bessin, Lisa Feller, Ingo Appelt und Guido Cantz zweifelhafte Unternehmungen, die den SteuerzahlerInnen sauer aufstoßen.
Das Missmanagement der Verwaltung wird in Barths Sendung stets mit witzig Gemeintem drapiert, um die Leute von den Stammtischen abzuholen. Sonst wär ja alles vielleicht gar nicht so spannend. In allen 50 Ausgaben mit von der Partie: Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler, dem immer wieder mal vorgeworfen wird, gar nicht so wirklich das Gros der SteuerzahlerInnen zu vertreten.
Appelt: „Neben Ilka seh ich richtig dünn aus“ „Ich höre erst auf, wenn der Flughafen ‚BER‘ zu 100 Prozent funktionsfähig ist und Profit macht“, drohte Barth zum Auftakt der 50. Ausgabe, für die es vom bumsfidelen Kollegen Appelt gleich mal eine Torte gab. „Sag, Ingo, warum bist du nicht rausgesprungen aus der Torte? Vor zehn Kilogramm wär’s noch gegangen, ha?“, stellte Feller Kollegen Appelt, der in den letzten Jahren in der Tat nicht gerade durch extreme Gewichtsreduktion aufgefallen war, auf die Schaufel.
Doch der Frechling nahm gleich wieder aus der Schusslinie: „Neben Ilka seh ich doch richtig dünn aus“, so der Komiker schonungslos. Danach ging’s aber um das gewichtigere Thema „Digitalisierung“, die in Deutschland laut Barth noch nicht allzu fortgeschritten sei – vor allem in der Verwaltung. „Einige Gesundheitsämter haben noch Faxgeräte“, monierte der Komiker.
„Corona-Kalle“ und das E-Rezept Eigentlich hätte ja auch das E-Rezept, das rund 28 Millionen Euro kostet, Anfang des Jahres den pinken Schein ablösen sollen, damit fortan jeder Rezepte per Handy einlösen kann und schneller an Medikamente kommt. Der Start gestaltet sich jedoch ein wenig dings. „2011 ging die Planung los. Doch dann ist alles schiefgegangen“, so Barth, der Gesundheitsminister Karl Lauterbach, den er eigentlich nur „Corona-Kalle“ nannte, quasi Prokrastination unterstellte.
Ein laut dem Berliner möglicher Grund für die entschleunigte Umsetzung: Von 1.000 Testrezepten hätten lediglich 42 wirklich funktioniert. Auch das Projekt E-Akte, das unter anderem einheitliche Computer und Software in die Verwaltung bringen soll und mit insgesamt rund 380 Millionen Euro beziffert wird, kommt anscheinend nicht so recht in die Gänge. In der digitalen Wettbewerbsfähigkeit ist Deutschland längst zurückgefallen. Laut einem Ranking aus dem Jahr 2021 reichte es nur noch für den vorletzten Platz in Europa. Lediglich Albanien, an letzter Stelle, kann von Schland noch etwas lernen.
Kein Funkverständnis Ingo Appelt wiederum musste für die Jubiläumssendung bei der Bundeswehr aufmarschieren. Und das, weil’s ja witzig ist, in Uniform. Der Komiker ließ die Zuseher wissen, dass deren Kommunikationssystem veritable Probleme habe, nämlich: die fehlende Interoperabilität.
Heißt: Die verschiedenen Arten von in erster Linie alten Funkgeräten wollen nicht so recht miteinander kommunizieren, da die unterschiedlichen Hersteller keinen einheitlichen Standard haben. Das ist natürlich etwas ungeschickt, wird aber auch schon angegangen.
Retro-Funkgeräte für 600 Millionen Euro Denn die Bundeswehr hat beschlossen, nochmal 30.000 analoge Funkgeräte anzuschaffen, um damit der Heterogenität den Garaus zu machen und defekte Teile zu ersetzen. Da die alten Geräte aus dem Jahr 1982 – vielleicht sogar aus Gründen – nicht mehr hergestellt werden, muss man sie nachbauen, was die Sache nicht gerade kostengünstiger macht.
Die Replikation eines einzigen Funkgeräts beläuft sich nämlich auf 20.000 Euro, was bedeutet, dass die Bundeswehr nach Adam Ries für alle 30.000 Devices 600 Millionen Euro aus ihrem Tresor holen muss. „Was bestellen wir als nächstes? Steinschleudern, Katapulte?“, witzelte Appelt. „Die Ausstattung der Truppe mit neuesten digitalen Funkgeräten ist geplant. Die entsprechenden Ausschreibungen hierfür sind bereits eingeleitet“, so die Replik der Bundeswehr.
Mit Millionen saniert – für ein Schiff im Jahr Stand-up-Komikerin Ilka Bessin durfte für Mario Barth dann am Torgauer Geisterhafen in Sachsen herumgeistern. Der Elbhafen, der von der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe GmbH (SBO) betrieben wird, wurde vom Freistaat von 2015 bis 2018 um satte 18,6 Millionen Euro saniert. Doch seit der Wiedereröffnung vor vier Jahren wartet man dort ziemlich vergeblich auf Elbkähne.
Insbesondere 2021 musste man schon mächtig Glück haben, um das einzige Schiff, das in den zwölf Monaten vor Ort abgefertigt wurde, zu erspähen. Seit 2018 waren es insgesamt fünf, was die Angelegenheit auch nicht zum Erfolg macht. Dass das Niedrigwasser der Elbe, die von Regen und Schmelzwasser gespeist wird, für Containerschiffe in der Regel nicht ausreicht, wäre im Vorfeld der teuren Sanierung ein durchaus spannender Diskussionspunkt gewesen. „Können wir mal eine Runde ausrasten?“, meinte Bessin angesichts der Kosten von 18,6 Millionen Euro.
Teure Treppenwitze Auch Guido Cantz bekam noch Gelegenheit, ein paar deutsche Treppenwitze loszuwerden. Zunächst jenen von den drei Treppen, die die Stadt Stuttgart für 75.000 Euro bunt anmalen hatte lassen, um die BürgerInnen zu motivieren, davon auch Gebrauch zu machen – im Sinne der Bewegung. „Die Schwaben drehen nicht mehr jeden Cent um, das Geld wird aus dem Fenster geschmissen“, resümierte Cantz.
Auch die Freitreppe am Wilhelmspalais, wo einst der letzte württembergische König Wilhelm II residierte, machte der Komiker und Moderator zum Thema. Sie ist seit acht Jahren geplant, wird rund 1,9 Millionen Euro kosten und soll die StuttgarterInnen künftig zum Verweilen einladen.
Dass das Palais samt künftiger Supertreppe direkt an der B14 liegt und dort gleichsam täglich rund 100.000 Fahrzeuge vorbeibrettern, könnte den Genuss der Verweilenden ein wenig schmälern. Der Verkehr soll aber eh mittelfristig beruhigt werden.
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Superüberraschung: Ein Küsschen vom Appelt „Bekomm ich ein Auto?“, wollte Mario Barth, der am Ende noch überrascht werden sollte, von den „Investigativen“ wissen. Doch alles, was er bekam, war ein kurzer und dennoch langatmiger Rückblick auf vergangene Sendungen und, noch enttäuschender, ein Küsschen von Ingo Appelt.
Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler, der in der Jubiläums-Edition erstaunlich wenig von sich gab, durfte dann endlich auch noch etwas sagen, nachdem er den Taschenrechner bemüht hatte: „Es sind tatsächlich 161.582.529.967 Euro, die in 50 Sendungen verschwendet wurden.“ Das sei einfach zu viel, kommentierte Barth die rund 161 Milliarden. „Wir bleiben auf alle Fälle dran“, so der Comedian am Ende seiner 50. Sendung.
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