Eine KritikvonChristian Stüwe Diese Kritik stellt die Sicht des Autors dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.
Es gibt Rollen, die an Schauspielern ein ganzes Leben lang haften bleiben. Egal was sie sonst noch leisten, egal in welchen Filmen sie mitspielen. Daniel Radcliffe kann ein Lied davon singen. Der Engländer war zwölf Jahre alt, als er 2001 erstmals in die Rolle von Harry Potter schlüpfte.
Mittlerweile ist Radcliffe 32 Jahre alt, ein gestandener und bärtiger Mann. Er hat in mehr als einem Dutzend anderer Filme mitgespielt und steht seit fast 20 Jahren immer wieder auf der Theaterbühne. Trotzdem wird er immer der kleine Zauberlehrling mit der runden Brille bleiben. Vermutlich sogar noch, wenn er alt und grau ist.
Ähnlich wie Radcliffe geht es auch Emma Watson und Rupert Grint. Sie begannen als Kinder in den insgesamt acht Harry-Potter-Filmen mitzuspielen und wuchsen mit ihren Rollen auf. Schon als Teenager wurden sie von den Fans vergöttert, mit positiven wie negativen Effekten.
„Ich denke zum Ende hin habe ich ein bisschen das Gefühl verloren, wer ich war und wer der Charakter war“, erzählt Grint, der Ron Weasley spielte, in der HBO-Dokumentation „Harry Potter 20th Anniversary: Return To Hogwarts“, die seit dem Neujahrstag bei Sky abrufbar ist.
„Manchmal habe ich mich gefragt: Wer bin ich? Was mache ich gerne? Was ist mir wichtig?“, antwortet Radcliffe daraufhin. „Das war seltsam. Nicht mal mein Name hat sich angefühlt wie mein echter Name. Ich habe mich gefühlt, als ob ich nur eine Sache wirklich wissen würde: Wie man Ron spielt“, führt Grint weiter aus. Es ist ein besonderer Moment bei dem Wiedersehen der Harry-Potter-Stars, das zum 20. Jubiläum des Kinofilms „Harry Potter und der Stein der Weisen“ gedreht wurde.
Harry Potter Reunion: Joanne K. Rowling kommt nicht zu Wort In diesem kurzen Gespräch wird der Druck greifbar, der auf Grint und Radcliffe gelegen haben muss. Es ist längst bekannt, dass Radcliffe viel zu viel Alkohol trank, um mit den Erwartungen zurechtzukommen.
Die Dokumentation spart diesen Teil aber aus. Stattdessen wird viel gelacht, sich umarmt und gegenseitig gelobt. Auch Schriftstellerin Joanne K. Rowling kommt nicht zu Wort. Die Autorin, die mit ihren Büchern das Harry-Potter-Universum schuf, wird nur in Interviewschnipseln aus dem Archiv gezeigt.
Rowling hatte sich zuletzt negativ über Transfrauen geäußert, unter anderem Radcliffe hatte sich öffentlich von diesen Aussagen distanziert. Man kann nur darüber spekulieren, ob letztlich Rowling unter diesen Umständen auf eine Teilnahme an der Reunion-Show verzichtete oder ob sie einfach nicht eingeladen wurde. Kontroversen sind in der Dokumentation nämlich nicht gewollt. Knapp 100 Minuten lang wird das Harry-Potter-Universum abgefeiert, die Show ist letztlich ein einziger großer Fan-Service.
Feel-Good-Klassentreffen für Harry-Potter-Fans Dass kritische Töne oder neue Erkenntnisse fehlen, stört Harry-Potter-Fans aber nicht. Ein Blick in die sozialen Medien zeigt, dass die Dokumentation sehr gut ankommt. Eine ganze Generation wurde von den Büchern und Filmen geprägt, Harry Potter ist für die Kinder der 90er ein großer Teil ihrer Jugend.
Das Klassentreffen der Stars weckt nostalgische Gefühle und beschwört die alte Magie. Es gibt Ausschnitte aus den Filmen zu sehen, Behind-the-Scenes-Material und natürlich jede Menge Interviews und Gespräche. Diese zeigt Sky im englischen Originalton mit Untertiteln.
Tatsächlich ist alles bei „Harry Potter 20th Anniversary: Return to Hogwarts“ darauf ausgelegt, den Fans ein gutes Gefühl zu geben. Emma Watson begrüßt Draco-Malfoy-Darsteller Tom Felton herzlich und erzählt wenig später, dass sie bei den Dreharbeiten für ihn geschwärmt habe. Daniel Radcliffe macht Helena Bonham Carter, die die Hexe Bellatrix Lestrange verkörperte, Komplimente und spricht mit Sirius-Black-Darsteller Gary Oldman über dessen Rolle als Mentor für die Nachwuchsschauspieler.
Daniel Radcliffe: „Es waren sehr gute zehn Jahre“ Das ist teilweise schon arg kitschig. Als die Namen der verstorbenen Mitwirkenden wie beispielsweise Alan Rickman zu dramatischer Musik in einen Sternenhimmel projiziert werden, brechen alle Dämme. In den letzten Minuten weinen fast alle. Robbie Coltranes Lippen zittern, als er über seine Rolle als Wildhüter Rubeus Hagrid spricht, Emma Watson erinnert sich mit tränenerstickter Stimme an die „beste und aufregendste Zeit“ ihres Lebens.
Und auch Daniel Radcliffe weint am Ende des Klassentreffens. „Es waren sehr gute zehn Jahre“, sagt er. Es ist dem Schauspieler mehr als zu gönnen, dass er mit der Rolle, die ihn vermutlich bis an sein Lebensende verfolgen wird, seinen Frieden gemacht hat.
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