Eine KritikvonChristian Vock Diese Kritik stellt die Sicht des Autors dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.
„Ganz im Zeichen der ‚Liebe‘ in all ihren Facetten steht die erste Show in diesem Jahr, die kurz vor dem Valentinstag ausgestrahlt wird“, bewirbt das ZDF die neueste Ausgabe der „Giovanni Zarrella Show“. Zarrella selbst erklärt seinen Zuschauern am Samstagabend auch noch einmal, dass sich in den folgenden drei Stunden alles „um das schönste Gefühl auf Erden, um die Liebe“ drehen wird und verspricht ihnen „einen Abend voller Herzklopfen.“
Nun kann man sich bei einer Schlager-Show leicht aus dem Fenster lehnen und ein Liebesmotto ausrufen, schließlich ist die Wahrscheinlichkeit, dass es in einem Schlagertext mal nicht um die Liebe geht, so gering wie die eines Champions-League-Titels für den SV Meppen. Wesentlich herausfordernder wäre es gewesen, wenn Zarrella etwas Überraschenderes zum Motto gemacht hätte. Kernobst zum Beispiel. Oder Auslegware. Oder den Solidaritätszuschlag.
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Aber das wäre für eine ZDF-Samstagabendschlagerunterhaltungsshow dann vielleicht doch ein bisschen zu experimentell gewesen, „Liebe“ geht also völlig in Ordnung. Zumal Zarrella obendrein noch ein anderes Versprechen gibt. Man solle seine Zeit in seine Hände legen, sagt er, denn: „Ich versprech’ Ihnen, wir machen das Beste daraus.“ Das scheint zu Zarrellas Signature-Spruch zu werden, denn bei seiner Premiere hat er das zum ersten Mal versprochen und bis heute Wort gehalten.
Sänger Wincent Weiss weiß Witziges So begrüßt Zarrella mit allerlei Versprechen sein Publikum aus der Messearena in Halle an der Saale. „Das Schweizer Fernsehen ist mit dabei (…) und natürlich ein Servus nach Österreich!“, weist Zarrella noch schnell auf den Eurovisionscharakter seiner Show hin und schon geht es los mit dem Liebesmotto.
Sonia Liebing macht mit ihrem Lied „Spuren der Liebe“ den Anfang und mit einem „Wie hat euch dieser Einstieg gefallen?“ fragt Zarrella das Publikum rhetorisch, als er sich nach Liebings Auftritt mit ihr für ein paar Worte aufs Showsofa setzt.
Dort erfährt man ein paar Ankedötchen aus dem Leben der Sängerin, etwa, dass sie ihre Eltern nach deren Trennung wieder zusammengebracht hat. Aber natürlich bleibt Liebing nicht die Einzige, gehört doch das Sofa-Gespräch zur Show wie Zarrellas Faible, Songs seiner Gäste mit einer italienischen Version zu begleiten. Und so gesteht Vicky Leandros, dass sie vor der Anreise zur Show für ihre Familie vorgekocht hat, Francine Jordi plaudert kurz über ihr Single-Dasein und Wincent Weiss erzählt über die immer noch währende Liebe seiner Großeltern: „Mein Opa haut meiner Oma immer noch auf den Hintern.“
Auch Zarrella selbst gibt das eine oder andere über sich preis. Zwar nichts, wonach sich die Boulevard-Presse die Finger leckt, aber immerhin ein bisschen Privates. Etwa, zu welchem Hobby er durch die Pandemie gefunden hat: „Ich hab mich der Gartenarbeit gewidmet.“
Aber der Abend hat auch seine ernsteren Momente. Zum Beispiel, als Howard Carpendale über die aktuelle Weltlage sagt: „Im Moment ist Liebe das Allerwichtigste, was diese Welt braucht.“ Das wirkt trotz des Heile-Welt-Schlager-Rahmens keineswegs aufgesetzt, sondern von Herzen ehrlich.
Alles super bei der „Giovanni Zarrella Show“? Und genau das ist es, was die „Zarrella Show“ von anderen Schlagershows unterscheidet: die viel beschriebene Authentizität. Natürlich ist die Show deshalb nicht völlige Improvisation und Spontaneität, aber hier wirkt alles lediglich geprobt und nicht gespielt.
Wenn die Künstler hier etwas von sich preisgeben, dann ist das nicht aufgesetzt. Zumindest glaubt man das oder möchte es glauben. Das hat noch eine ganz andere Dimension von Ehrlichkeit, denn man nimmt dadurch auch den Zuschauer ernst und glaubt nicht, ihm irgendeinen aufgesetzten Mumpitz verkaufen zu müssen.
Man kann es nur vermuten, aber bei Silbereisen wäre bei so einem Motto das Studio mit Liebeskitsch gezuckert gewesen. Bei Zarrella hingegen hat sich das Studio nicht wesentlich geändert, alles sieht modern, fast schon ein bisschen steril aus. Hier hätte man ohne Probleme auch das Motto „Solidaritätsbeitrag“ aufführen können. Viel Dunkel, viel schwarzer Lackboden, viel Lichtershow. So, als habe man das Motto Liebe ein bisschen erwachsener angehen wollen.
Also alles super bei der „Giovanni Zarrella Show“? Natürlich nicht, denn auch „Die Giovanni Zarrella Show“ hat ihre Hängerchen. Zum Beispiel, als Zarrella Howard Carpendale ankündigt und ihm die Regie einen kleinen Strich durch die Überraschung macht. Denn noch während Zarrella lobhudelt, wird plötzlich Carpendale eingeblendet. Trotzdem will es Zarrella „gar nicht so spannend machen“, was ja nun ohnehin nicht mehr möglich ist. Aber das ist okay, kann in einer Live-Show passieren.
„Die Giovanni Zarrella Show“: kurzer Abstecher in die Klischee-Hölle Genauso wie der Umstand, dass nicht jeder Satz von Zarrella einen Grimme-Preis verdient. Manche Sprüche wie „Liebe ist überall und immer da“ oder „Bei einem Duett, da gehören immer zwei dazu“ hätte man intellektuell sicher nicht vermisst, aber bei einer dreistündigen Live-Show ist so etwas mehr als entschuldigt.
Ein bisschen schwieriger ist da schon der Fakt, dass Zarrella und die Macher hinter seiner Show irgendwann dann doch in die Kitsch-Falle treten und zwar mit Karacho.
„Wir reisen jetzt musikalisch in die Welt der Liebe“, kündigt Zarrella ein Love-Song-Medley an, ehe die Klischee-Hölle über den Zuschauer hereinbricht. In einem roten Anzug singt Zarrella „Liebe lohnt sich“ während Tänzerinnen in Herzchenkostümen um ihn herum tänzeln. Schlimmer ist dann nur noch, als er an Sonia Liebing übergibt, die „Dein ist mein ganzes Herz“ vor einem brennenden Herzen schmettert, als habe man vorher in der „Wetten, dass..?“-Requisite noch ein bisschen Kulisse irgendeines Jennifer-Rush-Auftritts aus den frühen 1990ern gefunden. Das ist dann alles ein bisschen zu viel des Schlechten.
Kann das alles der „Giovanni Zarrella Show“ etwas anhaben? Nein, ganz und gar nicht. Zum einen stehen solchem Kitsch auch ganz reduzierte Auftritte wie der von Lea gegenüber. Zum anderen macht der Umstand, dass hier nicht alles perfekt ist, die Show nur noch authentischer.
Und so beschreibt das, was ihm Howard Carpendale auf dem Sofa erzählt, Zarrellas Show ganz gut: „Eine Drei-Stunden-Show ist nicht eine Menge Hits hintereinander zu singen. (…) Für mich ist ein Konzert eine Personality-Show. Ich möchte sehr gerne, dass die Zuschauer, wenn sie nach Hause gehen, sagen: ‚Ich hab’ den Typen ein bisschen besser kennengelernt.'“ Am Samstagabend hat das ausgezeichnet geklappt.
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