Seit über zehn Jahren ermittelt Adele Neuhauser als Bibi Fellner im Wiener „Tatort“. Warum sie die Dreharbeiten kaum als Arbeit ansieht und was ihr Angst macht, verrät sie im Gespräch mit t-online.
Adele Neuhauser als Bibi Fellner und Harald Krassnitzer als Moritz Eisner: Das „Tatort“-Team aus Wien erfreut sich großer Beliebtheit, wie bei einer Umfrage von t-online Ende 2021 herauskam. An diesem Sonntagabend (3. April 2022, 20.15 Uhr) ermittelt das Duo in einem neuen Fall. In der Folge „Alles was Recht ist“ gilt es, den Mord an einem Anwalt aufzuklären, der zuvor seinen Klienten vor dem Gefängnis bewahrt hat. Vor Ausstrahlung nahm sich Adele Neuhauser Zeit für ein telefonisches Gespräch mit t-online.
Die 63-jährige Schauspielerin, die in Wien lebt, berichtet von ihrem freundschaftlichen Verhältnis zu „Tatort“-Kollege Harald Krassnitzer, von Nachhaltigkeitsgedanken und Entwicklungen, auf die sie voller Angst blickt.
„Die Zeit während der Dreharbeiten zu den unterschiedlichen ‚Tatort‘-Folgen empfinde ich als erfüllte Lebenszeit und weniger als Arbeit“, sagt Neuhauser und erklärt die Gründe dafür: „In erster Linie ist es die Zusammenarbeit mit Harry Krassnitzer und dann spiele ich die ‚Bibi‘ unglaublich gerne. Beides macht das Leben wertvoll und schön.“
„Tatort: Alles was Recht ist“: Adele Neuhauser als Bibi Fellner ermittelt mit Christina Scherrer als Meret Schande sowie mit Harald Krassnitzer als Moritz Eisner. (Quelle: ARD Degeto/ORF/KGP/Pedro Domenigg)
„Wir sind Freude“, sagt sie über ihr Verhältnis zu Krassnitzer und betont: „Wir denken aneinander. Und wenn etwas wäre, könnte ich mich auf Harry verlassen.“ Was diese Freundschaft noch ausmacht, ist einfach zu erklären: „Wir reden sehr viel miteinander – über Gott und die Welt und natürlich auch über die Geschichten, die wir erzählen wollen. Dadurch bekommen die Dreharbeiten eine besondere Dimension.“
Die Schilderungen von Neuhauser zu den „Tatort“-Drehs erscheinen regelrecht friedvoll. Außerhalb dieser Blase sieht das in vielerlei Hinsicht anders aus. „Die Welt ist dermaßen ins Ungleichgewicht geraten und das beunruhigt mich sehr. Der Klimawandel, Corona, der Krieg in der Ukraine, die Liste ist ja noch viel länger“, beklagt Neuhauser und fragt: „Wie soll die jüngere Generation mit all den Scherben fertig werden?“
Was den Kampf gegen die Klimakrise angeht, ist Neuhauser im Privaten aktiv – mehr oder weniger freiwillig. „Zufälligerweise ist mein Auto kaputtgegangen. Das bedaure ich sehr, weil ich eine leidenschaftliche Autofahrerin bin. Aber ich habe beschlossen herauszufinden, ob ich auch ohne klarkomme“, verrät Neuhauser. Da es in Österreich ein Klimaticket gibt, mit dem man die öffentlichen Verkehrsmittel im ganzen Land nutzen kann, sollte das „eigentlich kein Problem“ sein. Sie wolle „sehen, ob ich das schaffe“, so Neuhauser. Denn man komme so zwar in der Stadt problemlos klar, „aber ich bin gerne in der Natur. Da muss ich schauen, wie ich das bewerkstelligen kann“.
„Da muss dringend etwas getan werden“
Doch neben der genannten Klimakrise beunruhigt Neuhauser Weiteres: „Diese aggressive Stimmung und manchmal auch irrationale Wut, die sich bei vielen beispielsweise gegen Corona-Maßnahmen entladen hat.“ Im selben Atemzug nennt Neuhauser noch „die zunehmende Aggressivität und Gewalttätigkeit Frauen gegenüber“, die ihr „große Sorgen macht“. Neuhauser betont: „Es ist wirklich schockierend. Da muss dringend etwas getan werden.“
Krassnitzer und Neuhauser 2010: Die beiden haben ein enges Verhältnis zueinander. (Quelle: IMAGO / SKATA)
Noch zu oft werde über das Thema geschwiegen, offen gesprochen wird dieser Tage immerhin vermehrt über psychische Erkrankungen. Erst kürzlich hat der Comedian Kurt Krömer ein Buch über seine Depressionen veröffentlicht. Schon 2017 berichtete Adele Neuhauser in „Ich war mein größter Feind“ über den Kampf gegen ihre Depressionen. „Als man an mich herangetreten ist mit der Frage, ob ich nicht eine Autobiografie schreiben will, wollte ich auch erzählen, wie ich nach mehreren Suizidversuchen überlebt habe. Um anderen, insbesondere jungen Menschen, Mut zu machen, sich an andere zu wenden, sich Hilfe zu holen.“
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Sie sei selbst zu jener Zeit als Teenager und junge Frau allein damit gewesen, „weil ich mich niemandem mitgeteilt habe“. Neuhauser ist sich sicher. „Hätte ich damals um Hilfe gebeten und hätte eine Therapie gemacht, wäre ich wahrscheinlich schneller aus diesem schwarzen Loch herausgekommen.“
Hinweis: Hier finden Sie sofort und anonym Hilfe, falls Sie viel über den eigenen Tod nachdenken oder sich um einen Mitmenschen sorgen.
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