Mirco Nontschew ist tot, starb vor wenigen Tagen völlig überraschend. Das letzte Projekt, dem er sich widmete, verbot ihm und seinen Comedykollegen das Lachen. Ist es pietätlos, dieses Format mit einem toten Akteur nachträglich auszustrahlen?
Eine Nachricht machte nicht nur die Comedywelt in den vergangenen Tagen sprachlos. Im Alter von nur 52 Jahren wurde Mirco Nontschew leblos in seiner Wohnung aufgefunden. Nachdem Angehörige längere Zeit nichts von ihm gehört hatten, alarmierten sie die Feuerwehr. Diese brach die Wohnungstür des Comedians gewaltsam auf und fand seine Leiche. Unter welchen Umständen Nontschew starb, ist noch nicht geklärt. Fremdverschulden und Suizid wurden bisher ausgeschlossen, eine Obduktion wurde veranlasst.
Der Berliner kam erst vor wenigen Monaten zurück ins Fernsehen. In Michael „Bully“ Herbigs Erfolgsformat „LOL: Last One Laughing“ feierte er im April 2021 sein Comeback. Zuvor war es rund vier Jahre still um Nontschew gewesen. Eine Stille, die nicht zu ihm passen wollte. Denn: Das Publikum liebte den Gesichtsakrobaten und Blödeler. Mit „RTL Samstag Nacht“ flachste er sich bereits in den Neunzigerjahren in die Herzen der Zuschauer. Warum zuletzt so wenig von ihm zu sehen war? Unklar.
Fakt ist aber, dass Nontschew mit „LOL“ eine perfekte Art der Rückkehr gefunden hatte. In der Show werden zehn Promis sechs Stunden lang unter Kamerabeobachtung gemeinsam eingesperrt. Gewonnen hat, wer nicht lacht. Nontschew galt unter seinen Kollegen als Angstgegner. Der Grund liegt auf der Hand: Binnen weniger Sekunden schaffte Nontschew es, seine Mimik, seine Gestik, seinen ganzen Körper so einzusetzen, dass sein Gegenüber nicht anders konnte, als eben zu lachen.
Auch in der dritten Staffel war er wieder mit dabei. Vor etwa sechs Wochen wurden die Dreharbeiten abgeschlossen. Ausgestrahlt werden soll das Format im Frühjahr 2022. Auf Nachfrage von t-online hat sich daran auch heute (Stand: 8. Dezember) „nichts geändert“, wie eine Mitarbeiterin von Amazon Prime bestätigte. Post mortem können Zuschauer dann also sehen, wie sich Nontschew dieser Aufgabe stellt. Ist es falsch, pietätlos oder unmoralisch, einen Toten in einer Unterhaltungsshow zu zeigen, zur allgemeinen Belustigung?
Nein. Nontschew hatte es sich vor fast 30 Jahren zur Lebensaufgabe gemacht, Menschen zum Lachen zu bringen. Das war es, was er besonders gut konnte. Eine Ausbildung zum Mechaniker machte er auf Bitten seiner Eltern. Aber seine eigentliche Leidenschaft lag im Unterhaltungsbereich, in den kam er schließlich gerade erst wieder zurück, darum war es ihm immer gegangen.
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Was, wenn die Dreharbeiten mit seinem Tod in Zusammenhang stehen?
Was wäre, wenn die Aufzeichnungen zu „LOL“ mit dem Tod von Nontschew in einem direkten Zusammenhang stehen würden? Bei einem Pressetermin zur ersten Staffel hatte er erzählt, dass ihm sein Auftritt zu schaffen machte. Er habe sich nach den Dreharbeiten drei Tage lang übergeben müssen, sei sogar im Krankenhaus mit Infusionen behandelt worden. Ein Einzelfall? Nein. Comedian Max Giermann berichtete Ähnliches.
„Lachen bis der Arzt kommt“ oder „Sie hat sich totgelacht“ sagt man manchmal scherzhaft. Spaßig ist in dieser Situation allerdings schon lange nichts mehr. Sollte das unterdrückte Lachen bei Nontschew nach den Dreharbeiten zu Staffel drei wirklich solch weitreichende gesundheitliche Folgen nach sich gezogen haben, so ist dies zum einen bisher nicht bewiesen. Zum anderen ändert sich nichts an der Tatsache, dass es Nontschew dabei um etwas Größeres ging.
Es ging ihm darum, sich selbst und auch seinen Körper der Unterhaltung zur Verfügung zu stellen. Sein hübsches Äußeres schien Nontschew wenig zu interessieren, eitel war er nicht. „Mirco sah blendend aus, umso größer war die Verblüffung, wenn sein Gesicht sich plötzlich in eine komische Grimasse verzerrte und sein Körper sich sinnwidrig verrenkte“, sagte Otto Waalkes zu t-online nach Nontschews Tod und so war es auch.
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Carolin Kebekus, die mit Nontschew sowohl in der ersten als auch in der dritten Staffel von „LOL“ auftrat, befürwortet eine Ausstrahlung ebenfalls. Sie „fänds ganz schade, nicht zu sehen, was Mirco da Tolles gemacht hat“, erklärte sie kürzlich der dpa.
Recht hat sie. Selbst wenn die Dreharbeiten der Spielshow in einem Zusammenhang mit seinem Ableben gestanden hätten, so wäre es tatsächlich schade, wenn die Szenen mit dem Komödianten für immer ungesehen bleiben würden. Denn wer will ihm diesen letzten großen Auftritt schon verwehren?
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