Kai Pflaume erinnert sich: "Es gab sehr viel Alkohol"

Bevor Kai Pflaume im Fernsehen zu einem der bekanntesten Moderatoren Deutschlands wurde, war er Kandidat in der Rudi-Carrell-Show „Herzblatt“. Bei t-online erinnert er sich.

Ohrstecker, knallbunte Krawatte, kesser Bürstenschnitt: Es gibt so vieles, was an diesem Auftritt von Kai Pflaume in „Herzblatt“ für Erheiterung sorgt. Der heute 54-Jährige feierte vor genau 30 Jahren in der legendären Show von Rudi Carrell seine TV-Premiere – und hat sich zu diesem Anlass mit t-online getroffen.

Kai Pflaume ist sichtlich gut gelaunt, als wir ihn in einem Restaurant in der Hamburger City treffen. Sneakers, T-Shirt, lockere Chinohose: Es ist eher der bei Instagram so jugendlich auftretende Pflaume als der gestandene ARD-Moderator, der es sich hier beim Interview gemütlich macht. Trifft sich also gut, dass wir mit ihm in Erinnerungen schwelgen wollen und ihn auf den 4. Oktober 1991 ansprechen. Einen Tag, an dem er 24 Jahre alt war und seine ersten TV-Erfahrungen sammelte.


t-online: Herr Pflaume, erinnern Sie sich an den 4. Oktober 1991?

Kai Pflaume: Mhmh, helfen Sie mir auf die Sprünge.

„Herzblatt“? Ihr erster Auftritt im deutschen Fernsehen.

30 Jahre ist das schon her. Wahnsinn!

Sie haben in der Show von Rudi Carrell eine Frau kennengelernt und waren das erste Mal im TV zu sehen. Wie kam das?

Ich wurde einfach auf der Straße von einer Frau angesprochen. Das war in der Mittagspause in Frankfurt am Main, damals habe ich dort als Wertpapierhändler gearbeitet. Die Casterin fragte mich und einen Kollegen, ob wir bei „Herzblatt“ mitmachen wollen. Wir haben Sie erstmal ausgelacht.

Wieso?

„Herzblatt“ war eine Institution, wir konnten es einfach nicht glauben. Wir haben damals jeden Freitagabend, bevor wir selbst ausgegangen sind, „Herzblatt“ im Fernsehen geschaut. Wir haben uns kaputtgelacht, weil das so surreal war.

Aber es war ernstgemeint.

Ja, mein Kumpel und ich haben gedacht: „Ach komm, was soll schon passieren. Da sind bestimmt ein paar nette Mädels.“ Wir haben mit keiner Silbe daran geglaubt, dass wir irgendwann in der Sendung landen würden.

Sind Sie aber – und Sie haben sogar gewonnen.

Das war alles total lustig. Von Beginn an. Schon beim Casting haben wir viel gelacht, mein Kumpel und ich, weil uns die Redaktion so komische Fragen gestellt hat. Aber am Ende wollten die uns beide haben und wir sind gemeinsam nach München gefahren und haben dort an einem Aufnahmetag gedreht – nur, dass wir letztlich in zwei verschiedenen Sendungen gelandet sind.

Hat Ihr Freund zum Schluss eigentlich in seiner Sendung gewonnen?

Ja, Mario hat auch das Date bekommen. Wir waren beide erfolgreich.

Sie konnten am meisten bei Ute punkten, der Frau, die sich zwischen Ihnen und noch zwei anderen Männern entscheiden musste. Wieso haben Sie gewonnen?

Ich denke schon, dass das mit meinem Humor zu tun hatte. Mit einigen schlagkräftigen Antworten konnte ich punkten. Als sie mich damals fragte, wie ich sie gewinnen könnte, habe ich geantwortet: „Tanzen ist das zweitbeste, was ich kann“. Das hat ihr gefallen.

Haben Sie heute noch Kontakt zu Ute?

Ein loser Kontakt ist über die Jahre ist immer geblieben. Wenn ihre Nummer noch aktuell ist, könnte ich sie jederzeit anrufen. Aber wir haben uns schon eine ganze Weile nicht mehr gesprochen.

Ich habe Ute kontaktiert und Ihr gesagt, dass wir unter anderem wegen des Jubiläums ein Interview führen. Aber ich glaube Ute, um es diplomatisch auszudrücken, sucht nicht so sehr den Weg in die Öffentlichkeit.

Das stimmt. Aber es wurde auch jahrelang ganz schön viel Aufsehen um diese „Herzblatt“-Sendung gemacht. Ich sage immer, Teile des Bayerischen Fernsehens haben sich davon finanziert, immer wieder diesen Ausschnitt mit mir zu zeigen. Es gab Jahre, da konnte ich in keine Sendung gehen, ohne darauf angesprochen zu werden, weil alle das immer so wahnsinnig witzig fanden.

Fanden Sie das auch mal anstrengend?

Nicht unbedingt, aber es gab einen Fall, wo ich mich vorsichtshalber bei Ute gemeldet habe. Wegen der Werbekampagne „Kai Pflaume ist jetzt bei der ARD: Er ist das erste „Herzblatt“, das nach 20 Jahren mit einer eigenen Show ins Erste zurückkommt.“ Dieser Trailer war mit einem Ausschnitt von mir aus „Herzblatt“ unterlegt und der lief dann so oft im Fernsehen, dass ich mich damals bei Ute gemeldet habe, um sie vorzuwarnen.

Wie hat Sie reagiert?

Total cool. So wie Ute immer alles sehr souverän gemanagt hat. Ich weiß nicht wie viele, aber es müssen hunderte Anfragen gewesen sein, die sie wegen unseres „Herzblatt“-Auftritts bekommen hat. Sie sollte auch in TV-Sendungen kommen, um mich zu überraschen. Aber sie hat alles abgelehnt. Sie ist, genauso wie ich, der Meinung: Das war eine witzige Aktion und eine lustige Zeit, aber mehr nicht. Sie ist selbst verheiratet und hat Kinder. Sie will nicht als „Das ‚Herzblatt‘ von Kai Pflaume“ durch die Welt rauschen.

Werden Sie denn immer noch auf „Herzblatt“ angesprochen?

Nicht mehr so häufig, aber tatsächlich kam vor Kurzem bei Tik Tok dieser Ausschnitt wieder auf und ich wurde dort markiert. Die Leute bei Tik Tok sind ja meist ein bisschen jünger. Die haben sich köstlich amüsiert.

Aber Ihnen war gar nicht bewusst, dass nun das 30. Jubiläum ansteht?

Nein, ehrlicherweise nicht. Aber vielleicht ist das ein guter Anlass, um mich mal wieder bei Ute zu melden. Wir haben uns schon länger nicht mehr gehört.

Noch einmal kurz zurück zum Date: Wie war das damals?

Es war eine wahnsinnig schöne, witzige Erinnerung. Wir haben uns damals sehr gut verstanden. Das Date geht aber leider nur einen Tag: morgens hin, abends zurück. Es gab sehr viel Alkohol über den ganzen Tag.

Keine Zeit für Intimitäten?

Nein, das war volles Programm. Und den ganzen Tag wurden wir von einer Fotografin begleitet. Morgens Champagner-Frühstück an einem See, dann waren wir in einer Hütte Mittagessen und es gab Obstler. Danach ging es zur Weinprobe beim Pfarrer von Fieberbrunn. Dann waren wir noch in einem Schwimmbad – und wie gesagt: sehr viel Alkohol. (lacht)

Klingt nicht gerade nach einem entspannten Kennenlernen.

Zum Reden und sich Kennenlernen blieb bei diesem Programm keine Zeit.

Stand für Sie von Beginn an fest, dass das alles nur Spaß ist und Ute nicht die Frau fürs Leben wird?

Das würde ich gar nicht so sagen. Wir haben uns super verstanden und haben auch sehr gut zueinander gepasst. Das war bei „Herzblatt“ ja nicht immer so. Deswegen haben wir uns auch danach immer wieder getroffen. Aber die Frau fürs Leben war es nicht, das stimmt.

Sie haben bei „Herzblatt“ zwar nicht die Frau fürs Leben kennengelernt, dafür aber die Liebe ihres Lebens gefunden: das Fernsehen.

Das stimmt, ich habe eine sehr sehr positive Erfahrung mit dem Fernsehen gemacht. Das Team der Sendung war super, das Kennenlernen mit Rudi Carrel war klasse. Mit einem Redakteur von damals, der mich in der Sendung betreut hat, habe ich heute noch Kontakt.

Dennoch sind Sie nicht gleich im Fernsehen gelandet.

Ich habe danach zwei Jahre wieder in der Bank gearbeitet. Direkt nach „Herzblatt“ hatte ich keinen Gedanken daran verschwendet, im Fernsehen zu arbeiten. Aber es war wieder eine Frau, die mich in Frankfurt angesprochen hat und sozusagen den Sprung auf die Mattscheibe mit eingeleitet hat. Sie erklärte mir, dass es da eine neue Show bei RTL gibt und sie suchen noch Kandidaten. Da habe ich ihr ganz auf blöd gesagt: „Tut mir leid, aber die nächste Show, die ich mache, ist meine eigene.“

Puh.

Die Frau hat das damals wahrscheinlich auch gedacht: Was für ein doofer Spruch, was für ein Depp. Aber ich meinte das gar nicht böse. Ich habe zu der Zeit schon viel kleinere Events im Umfeld moderiert und hatte meine Kandidaten-Erfahrung bei „Herzblatt“ schon gemacht. Ich hatte das Gefühl, dass da noch mehr gehen könnte.

Am Ende haben Sie recht behalten. Sie sind nun eines der populärsten TV-Gesichter Deutschlands. Zugleich haben Sie früh geheiratet und eine Familie gegründet. Wie wichtig ist Ihnen dieser Ausgleich?

Die Familie, das Private ist mein absoluter Lebensmittelpunkt. Ich ziehe da sehr viel Kraft draus. Auch heute noch unternehmen wir sehr viel zusammen, auch wenn meine beiden Söhne inzwischen erwachsen sind. Wir machen zusammen Urlaub und auch die Freundinnen meiner Jungs kommen da gerne mit. Diese gemeinsamen Erlebnisse sind sehr entscheidend und vielleicht sogar der Grund, weswegen diese private Ruhe und Ausgeglichenheit mich im Beruflichen oft so umtriebig erscheinen lässt.

Hat sich das gegenseitig befruchtet? Dass Sie von den neuesten Trends in den sozialen Medien auch mitbekommen haben, weil Ihre Söhne Sie darauf hingewiesen haben?

Das ist auf jeden Fall nicht hinderlich und bestimmt auch schon mal vorgekommen. Ich tausche mich mit meinen Jungs jedenfalls immer sehr gerne aus. Aber in meinem Job habe ich ohnehin zunehmend mit jüngeren Menschen zu tun. Ich finde das toll, weil man dadurch mit den Themen der jüngeren Generation zu tun hat und weiß, was gerade angesagt ist.

Finden Ihre Söhne auch mal etwas peinlich an Papa?

Nein, ich glaube nicht. Ich habe ihnen immer gesagt, dass sie mir offen mitteilen sollen, wenn etwas nicht passt oder zu weit geht.

Aber das war noch nicht der Fall?

Nein bisher noch nicht – zum Glück.

Wie schaffen Sie es, im Fernsehen in Würde zu altern?

Dafür gibt es kein Geheimpatent. Es geht nur darum, Spaß zu haben und den Zuschauern Spaß zu bereiten. Solange das der Fall ist, kann es funktionieren. Wenn das irgendwann nicht mehr so ist, muss ich mir Gedanken machen.

Haben Sie sich eine Grenze gesetzt, ab welchem Alter Sie nicht mehr im Fernsehen moderieren möchten?

Nicht wirklich. Ich denke, Frank Elstner ist dafür das beste Beispiel. Ich habe ihn immer sehr bewundert. Er wollte immer, dass sich Menschen in seiner Umgebung wohlfühlen. Er ist ein klassischer Gastgeber im Fernsehen und als den würde ich mich auch verstehen. Trotzdem ist Frank Elstner immer offen geblieben und hat sich keinen neuen Trends verschlossen.

Sie spielen auf seine Interviewreihe an, die er bei YouTube gezeigt hat und die später von Netflix übernommen wurde.

Zum Beispiel, genau. Frank hat auch nochmal sehr junge Kinder, vielleicht ist auch das der Grund gewesen, warum er immer jung geblieben ist. Das ist ein sehr schönes Beispiel und auch das, was ich mir wünsche. Ich möchte einen selbstbestimmten Zeitpunkt haben, an dem ich sage: Jetzt ist Schluss. Die Leute sollen sagen: „Schade, dass er weg ist“ und nicht „Endlich ist er weg“.

Frank Elstner ist ein gutes Beispiel. Er hat es immer geschafft, Unterhaltung und Ernsthaftigkeit miteinander zu verbinden. Sowohl das U als auch das E zu beherrschen. Würden Sie sich das auch zutrauen?

Ihre Frage impliziert, dass ich nur Unterhaltung beherrschen würde.

Ist das denn nicht so?

Ich habe schon auch ernsthafte Dinge gemacht wie „Zeig mir meine Welt“. Aber mein Steckenpferd ist die Unterhaltung – da haben Sie recht.

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Würden Sie nicht gerne auch mehr anspruchsvolles Fernsehen machen?

Darf ich denn nicht stolz sein auf meine Unterhaltungsformate? Nein, ganz im Gegenteil: Es ist unglaublich schwer, gute Unterhaltung zu machen. Das ist sehr vielschichtig. In Unterhaltung steckt nicht umsonst das Wort „Haltung“. Ich habe viele Kollegen immer nicht verstanden, die mir gesagt haben: „Ich habe jetzt genug von der Unterhaltung, ich will auch mal etwas Relevantes machen.“ So habe ich das nie gesehen. Für mich ist Unterhaltung auch relevant und ich mache das aus Überzeugung.

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