Günter Wallraff wird 80: Seine spektakulärsten Enthüllungen
Bei Amazon und Co.
Er wird als einer der besten Investigativjournalisten Deutschlands gefeiert. In seinen fast 60 Jahren als Journalist hat Günter Wallraff (80) schon so manches aufgedeckt und viele Missstände ans Tageslicht gebracht. Dabei war er bereits in der Vergangenheit häufig verdeckt unterwegs.
Für seine Enthüllungen wurde der Journalist, der am 1. Oktober seinen 80. Geburtstag feiert, mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Darunter befinden sich sogar ein BAFTA Award und der Ehrenpreis des deutschen Fernsehpreises. Hier sind fünf spektakuläre Enthüllungen von Günter Wallraff.
Wallraff hat sich offenbar früh in seiner Karriere dazu berufen gefühlt, Missstände aufzudecken – auch in seiner eigenen Branche. 1977 arbeitete er dreieinhalb Monate lang bei der „Bild“-Zeitung in Hannover als Redakteur. Dabei gab er sich als Hans Esser aus, um seine Erlebnisse später im Buch „Der Aufmacher. Der Mann, der bei ‚Bild‘ Hans Esser war“ niederzuschreiben. Darin machte er der Zeitung schwere Vorwürfe. Unter anderem ging es um unsaubere Recherchemethoden in der Redaktion, woraufhin der Presserat reagierte und die „Bild“ rügte.
Doch auch Wallraff kam nicht ungeschoren davon und bekam eine Rüge, da seine verdeckte Recherche nicht zulässig war. Der Journalist wurde zudem verklagt, was zu einigen zensierten oder umgeschriebenen Passagen im Buch führte. Seit 2012 wird wieder die unzensierte Fassung verkauft.
1983 folgte Wallraffs nächster Coup. Er gab sich als türkischer Gastarbeiter aus und gab sich den Namen Ali Levent Sinirlioğlu. Um aufzudecken, wie ausländische Gastarbeiter in Deutschland teilweise behandelt werden, arbeitete er als Sinirlioğlu in einem Zeitraum von zwei Jahren in verschiedenen Unternehmen.
Wallraff machte die Erfahrung, dass ihm als Gastarbeiter oft mit einem rauen Ton gegenübergetreten wurde. Auch berichtete er in seinem konkreten Fall über Verletzung von Arbeitsschutzregeln. Seine Erfahrungen beschrieb er im Buch „Ganz unten“, das mit Co-Autoren entstand und zu dem 1986 auch ein Dokumentarfilm erschien. Das Werk verkaufte sich über fünf Millionen Mal.
Auch in den 2000ern war der Journalist aktiv und deckte einen Missstand nach dem nächsten auf. 2008 ging Wallraff erneut undercover und recherchierte in Obdachlosenunterkünften. Unter anderem war er in Frankfurt am Main und Köln unterwegs und begab sich selbst auf die Straßen der Großstädte.
Wallraffs Recherchen ergaben schließlich, dass in einigen Obdachlosenheimen gravierende Missstände herrschten. Teilweise waren manche von innen verschlossen und es fehlte an Personal. Zudem herrschte in manchen Heimen ein Klima von Gewalt und Angst. Im Zuge der Reportage schloss die Notunterkunft „Bunker am Welfenplatz“ in Hannover.
2014 hat sich Günter Wallraff mit seinem Team hinter die Kulissen von Burger King begeben. Der Journalist schleuste im Rahmen von „Team Wallraff“ Reporterinnen und Reporter in mehreren Filialen als Mitarbeiter ein. Später enthüllten diese teilweise unzumutbare Hygiene- und Arbeitsbedingungen und Verstöße gegen die Richtlinien und die Lebensmittelverordnung.
Um die Kosten zu minimieren, fehlte es dort offenbar nicht nur an Küchengeräten. Auch eine Reinigungsfirma sei mancherorts angeblich zu teuer gewesen. So mussten manche Mitarbeiter sich selbst um die Reinigung der Toiletten kümmern und mit ein und derselben Kleidung den Küchendienst absolvieren. Die Reportage erreichte große Aufmerksamkeit in den Medien.
Auch in diesem Jahr deckte der Journalist mit der RTL-Sendung „Team Wallraff“ erneute Missstände in der Burgerkette auf. Das Ergebnis: Spülmaschinen haben einige Filialen immer noch nicht. Zudem zeigte Wallraff Hygienemängel auf, teilweise wurden alte Lebensmittel mit neuen Frische-Etiketten versehen und vegane Burger mit Fleisch belegt. Besonders schockierend: Mehrere Mitarbeiter berichteten von Maden-Schwärmen und Mäuse-Familien in den Filialen.
Einige Jahre später nahm sich Wallraff den Onlinehändler Amazon vor. Im September 2021 kamen durch eine weitere Reportage seines Teams Missstände ans Licht. Reporterinnen und Reporter arbeiteten verdeckt beim Versandhaus, um sich die Arbeitsbedingungen anzuschauen. Das Ergebnis unter anderem: Überwachung der Mitarbeiter, angefangen von den Arbeits- und Pausenzeiten bis hin zu Leistung.
Amazon wehrte sich gegen die Enthüllungen. Tausende Mitarbeitende hätten andere Erfahrungen gemacht als die von Wallraff skizzierten Erfahrungen, hieß es. Den Vorwürfen wollte der Versandriese dennoch nachgehen.
2022 hat das „Team Wallraff“ die Zustände in privatwirtschaftlich geführten Pflegeheimen untersucht. „Abgeschoben und vergessen: Das würdelose Geschäft mit alten Menschen in unseren Pflegeheimen“ war der Titel. Die Reportage zeigte, dass manche Heime, die von Private-Equity-Unternehmen geführt werden, Hygienemängel aufwiesen. Bewohner vereinsamten zum Teil und das Personal schien überfordert zu sein.
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