Gil Ofarim: Harte Abrechnung mit der Medienbranche

Gil Ofarim, 38, wirkt während des "Mental Health Matters"-Interviews oft ernst und nachdenklich. Manche Fragen lassen ihn schwer atmen, bei einer kommen ihm die Tränen. Er hat Jahre im Ausnahmezustand und voller negativer Presse hinter sich. Alles begann 2017: Sein Vater Abi Ofarim, †80,erkrankte schwer. Gil gewann die RTL Tanzshow "Let's Dance", seine Ehe zerbrach.

Gil Ofarim: „Ich habe viel verloren“

Die Scheidung von seiner Exfrau Verena Ofarim, mit der der Sänger zwei Kinder hat, wurde "2018 […] vor dem Münchener Familiengericht ausgetragen", schreibt Gil in seiner neuen Biografie "Freiheit in mir". Auch die Affären-Gerüchte um ihn und Tanzpartnerin Ekaterina Leonova, 34, wollten nicht abebben. Das Resultat: Beide wurden von einem Paparazzo verfolgt, Gils Managerin wurde erpresst und wildfremde Menschen beschimpften den Musiker. "Ich habe viel verloren", gibt er im Interview zu. An der Medienbranche lässt er heute kein gutes Haar.

GALA: Wollten Sie mit Ihrem neuen Buch "Freiheit in mir" Ihr Bild in der Öffentlichkeit zurechtrücken und reinen Tisch machen?
Gil Ofarim: Nein, das war nicht mein Ziel – obwohl es schwer ist, wenn du das Gefühl hast, dass dir Unrecht getan wird. Es interessiert keinen, wie es dir wirklich geht, es geht nur um Content. Die Presse überschlug sich damals und ich habe es über mich ergehen lassen. Das war hart. Ich habe viel verloren. Gerüchte über mich und mein Leben zu lesen, hat mich sehr mitgenommen.

Ich werde so etwas aber nie machen, weil ich vor allem meine Kinder da nicht mit reinziehen will und sie bewusst aus der Öffentlichkeit heraushalte. Ich wollte mit dem Buch unter anderem erklären, wie sich schwierige Zeiten für mich angefühlt haben.

Finanzielle Not: Gil musste als Barista jobben

Sie waren früher ein gefeierter Teeniestar und mussten Anfang der 2010er-Jahre – als der Erfolg ausblieb – als Barista arbeiten. Wie fühlte sich das für Sie an?
Ich wurde als Teenie gefeiert wie ein Megastar. Ich würde jetzt nicht sagen, dass ich ein Trauma davongetragen habe, aber es hat alles seine Schattenseiten – gerade in dem Alter.

Ich habe das zum ersten Mal im Buch erzählt und hier im Interview. Es war eine sehr heftige Zeit. Ich habe mich wegen der Blicke der Anderen und wegen der Sprüche, wenn ich erkannt wurde, geschämt. Aber es war auch eine sehr lehrreiche Zeit.

Als Sie 2017 bei der RTL-Show "Let's Dance" gewonnen haben, waren Sie wieder erfolgreich. Dennoch schreiben Sie, dass diese Zeit besonders schlimm für Sie gewesen sei.
Das war eine der schlimmsten Zeiten meines Lebens. Im Showgeschäft tummeln sich viele Profilneurotiker. Ich glaube an das Gute und vergesse manchmal, dass das alles ein fu***** Business ist, in dem es oft um viel Geld geht. Trotzdem hatte ich Bock auf "Let's Dance" und es hat mir viel bedeutet, auch weil mein Vater Tänzer war. Ich habe das aber letztlich wegen des Geldes und meiner Existenzängste gemacht. Ich bin zu dieser Zeit zum zweiten Mal Vater geworden, ich hatte und habe Verpflichtungen.

Gil über „Let’s Dance“: „Eine der schlimmsten Zeiten meines Lebens“

Ihr Vater ist während dieser Zeit auch schwer erkrankt.
Ja, mein Vater ist leider Anfang 2017 von jetzt auf gleich sehr krank geworden.

Insbesondere als Vater war Aufgeben aber keine Alternative für mich. Ich musste weitermachen.

Wie hat sich der ganze Medienrummel auf Ihre Psyche ausgewirkt?
Ich habe einfach funktioniert und bin mental einen hohen Kredit eingegangen. Ich wollte meine Kinder, meine damalige Frau und meinen Papa stolz machen, der zwischenzeitlich aus dem Koma aufgewacht war. Dennoch war es ein Konkurrenzkampf und letzten Endes ist jeder, der bei so einer Show mitmacht, sowas wie saisonale Austauschware.

Ekaterina und Gil: Paparazzo fotografierte sie heimlich im Hotel

Sie schreiben, dass sie von Privatpersonen beschimpft wurden, während Sie mit Ihren Kindern unterwegs waren und von der Presse verfolgt wurden. Ein Paparazzo hat Sie und Ekaterina dann heimlich beim Frühstück im Hotel fotografiert.
Ich habe das alles nicht verstanden. Was ist so spannend an meinem Leben? Ich finde es schade, dass es in der Presse nicht hauptsächlich um mich als Musiker geht. Eine Headline über mich war in der Zeit selten positiv. Ein Stück weit akzeptiere ich die übertriebenen Schlagzeilen, aber es gibt Grenzen und die wurden oft überschritten.

Im Buch schreiben Sie: "Die verrücktesten Tricks wurden angewendet, […] um mich aus der Reserve zu locken und scheinbar skandalöse Informationen zu bekommen". Ihre Managerin wurde von der Presse sogar mit Falschinformationen erpresst.
Kurz bevor ich zu Terminen gefahren bin, bekam sie immer einen Anruf, eine E-Mail oder eine SMS. Es war wie ein Fluch. Nachts wurde sie von einer anonymen Nummer angerufen und bedroht.

Uns wurde aufgelauert und wir wurden verfolgt. Man fühlte sich machtlos. Da habe ich mich echt gefragt, wofür ich das alles mache.

Sie haben dann auch Auftraggeber verloren und kamen in finanzielle Not.
Heute ist es für Künstler eh schwierig, ausschließlich von der Musik zu leben. Ich werde niemals in irgendeinem Trash-TV-Format mitmachen. Die sind mir oft zu menschenverachtend. Doch manche, die da mitmachen, müssen auch ihr Geld verdienen, um andere zu versorgen. Eigentlich würde ich gerne ausschließlich Musik machen, meine Filme drehen und Theater spielen.

„Am Tag der Beerdigung meines Vaters wurde mir die Privatsphäre genommen“

Wie ging es Ihrer mentalen Gesundheit während und nach diesen ganzen Krisen?
Am Tag der Beerdigung meines Vaters wurde mir die Privatsphäre genommen – in einer der schwersten Minuten meines Lebens. Am nächsten Tag habe ich in einer großen Boulevardzeitung ein Bild von mir gesehen, auf dem ich geschrien habe, während der Sarg meines Vaters in die Erde gelassen wurde. Das macht was mit dir.

Was hat Ihnen geholfen, diese Erlebnisse zu verarbeiten?

Das tat mir sehr gut. Dieser Mensch hat mir gesagt, dass ich einen großen Überlebenswillen habe und von klein auf eine hohe Resilienz besitze.

Am Ende Ihres Buches schreiben Sie, dass Sie gesprungen sind, um zu sich zu finden. Das klingt sehr abstrakt. Wie genau haben Sie das geschafft?
Ich liebe das Leben und ich will leben. Ich habe gelernt: Nichts ist selbstverständlich und alles ist vergänglich. Die kurze Zeit, die ich auf der Erde habe, möchte ich genießen. Das habe ich selber in der Hand. Es gibt schwere Situationen, da sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr und ist schwach. Das kenne ich alles. Aber am Ende ist das Leben trotzdem lebenswert. Wenn du an Grenzen kommst, musst du Mut beweisen und Sprünge ins Ungewisse wagen, gegen deine Ängste, in deine Untiefen. Aufgeben ist keine Option.

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