Brustvergrößerung & Nasen-OP: "Warum tust du das, Bibi?!"
Von Romina Lammers
Bianca Claßen (28) hätte die Chance gehabt, zu zeigen, dass vermeintliche Imperfektionen okay sind. Sie hätte sich damit über so viele andere schönheitsoperierte Influencer stellen können. Sie hätte zeigen können, dass Wohlfühlen nicht immer nur mit Äußerlichkeiten zusammenhängen muss. Aber sie reiht sich ein in die lebensoptimierende, „perfektionierende“ Instagram-Riege. Was nicht passt, wird passend gemacht – egal, was das bei Fans und Followern auslöst. Das geht echt gar nicht – Bibi, nimm die Instagram-Brille ab!
"Ich bin enttäuscht"
Ich bin enttäuscht. Seit 2014 schaue ich Bianca Claßen ehemals Bianca Heinicke bei ihrem Leben auf YouTube und Instagram zu. Beobachtend und stets wohlggesonnen, gerade weil sie und Ehemann Julian Claßen so oft öffentlich kritisiert wurden. Bei all dem von vielen Seiten unterstellten Größenwahn, war ich immer jemand, der das auf dem Boden gebliebene langjährige Pärchen in Bibi und Julian gesehen hat. Aber mir sind jetzt Zweifel gekommen.
In dem Moment, als die Zweifach-Mama ein Video zum Thema Schönheits-Eingriffe hochgeladen hat: Bibi verkündet, nicht nur eine Brustvergrößerung, sondern auch eine Nasen-OP vornehmen lassen zu wollen. „Das Thema ist für mich in den Fokus gerückt, weil sich natürlich auch der Körper durch eine Schwangerschaft und eine Stillzeit – und das ganze zweimal, sehr schnell hintereinander – verändert hat.“ Und dann ist da ja noch der „Hubbel“ auf der Nase, der weg soll. „Es gibt eine Sache, die mich wirklich noch viel mehr und intensiver beschäftigt. Das ist der Hubbel auf meiner Nase. Und dort ist meine Nase auch sehr sehr breit.“ Puh. Ich hinterlasse unter ihrem Video zu einem Kommentar einen Like: „Ich finde es sehr schade! Für mich war Bibi die letzte natürliche Influencerin. Natürlich kann man es verstehen. Der Druck, so etwas zu machen, ist enorm. Aber es enttäuscht mich und ich habe Angst davor, wie sich die Welt durch Schönheits-OPs verändert.“
Wie viele ihrer Follower schauen jetzt wohl an sich herunter?
Bibi erklärt, dass es aus ihrem Umfeld geteilte Meinungen zu ihrer Entscheidung gab. Das wundert mich nicht. In den Video-Kommentaren ist man ebenfalls geteilter Meinung – viele sind froh über ihre Offenheit, betonen aber nicht selten: „Ich finde zwar, du hättest das überhaupt nicht nötig, aber es ist deine Entscheidung!“ Meiner Meinung nach sind ihre Nase und Brust sehr unauffällig. Vielleicht sind sie das, was viele als „normal“ bezeichnen würden. Man möchte ihr entgegenschreien: „Warum tust du das, Bibi?!“ Nur ganz kurz reißt sie im Video an, dass selbst Ehemann Julian ihre Entscheidung nicht verstehen kann.
„Ich will damit gar nicht sagen, dass man sich unwohl fühlen sollte, wenn man einen Hubbel auf der Nase hat oder wenn man eine kleine Oberweite hat. Es soll gar kein Ansporn sein, dass ihr jetzt auch über so etwas nachdenken sollt oder irgendetwas Negatives hervorrufen“, beteuert Bibi und liegt damit völlig falsch. Wie viele ihrer Follower schauen jetzt wohl an sich herunter? Wie viele inspizieren ihre Nase jetzt im Seitenprofil? Wie viele junge Leute zweifeln jetzt an Körperteilen, dessen Makel sie nie kannten, bis sie von Social Media ein optimiertes Bild dazu bekommen haben. Auch wenn Bibi nur IHR Schönheitsideal teilt, so ist es doch eines, das viel Einfluss auf ihre junge Community nimmt.
Auch in ihrer Instagram-Story beteuert sie noch einmal, niemanden dazu inspirieren zu wollen. Doch so funktioniert das nicht. Über Jahre baute sich Bibi mit „BibisBeautyPalace“ eine knapp sechs Millionen Follower umfassende Community bei YouTube auf – auf Instagram sogar über 7,7 Millionen. Mit der Zeit wurde aus Bibi eine Influencerin. Was früher mit Empfehlungen zur günstiger Drogerie-Kosmetik begann, nimmt nun seinen Lauf. Bei einer Folgschaft in dieser Höhe ist es ironisch zu sagen, man möchte niemandem mit etwas beeinflussen. Das geht nicht mehr. Bibi, du kannst dich schlichtweg deiner Vorbildfunktion entziehen, egal wie oft du betonst, keinen Einfluss nehmen zu wollen.
Bibi tritt den Body-Positivity-Fortschritt mit Füßen
Während ich ihr Video sehe, wird meine Enttäuschung immer größer. Keine konstruktive Message irgendwo. Es gibt so viele Body-Positivity-Initiativen, die tagtäglich zeigen, dass vermeintliche Makel, die irgendwann mal an „Imperfektionen“ festgelegt wurden, gar keine sind. Falten, Dehnungsstreifen, Narben, kleine Brüste, große Brüste, gar keine Brüste & Co. – nichts davon ist unnormal. Zahlreiche Social Media-Accounts zeigen das und rufen zur Selbstliebe und Akzeptanz auf. Bibi tritt diesen Fortschritt mit Füßen. Viele Influencer zuvor taten das. Aber warum muss auch sie es tun, jemand, dem so viele junge, formbare Menschen folgen? „Jeder sollte das machen, womit er sich wohlfühlt“, findet Bibi. Dem kann ich nur zustimmen. Nur würde ich mir wünschen, dass Wohlfühlen mehr und mehr auch in einem Körper geht, der nicht Instagram-perfekt modelliert ist. Und dass sie als Influencerin, das auch so nach Außen transportiert.
Klar, kann es Äußerlichkeiten geben, die einen psychisch belasten. Die einen ein Leben lang zusetzen, weswegen man möglicherweise sogar von Außen angefeindet wurde. Natürlich hat nicht jeder ein dickes Fell, woran Kommentare und Negatives abprallen kann. Und selbstverständlich, ist es auch Bibis gutes Recht, die Eingriffe vornehmen zu lassen. Doch es muss klar sein, dass wenn die YouTuberin damit an die Öffentlichkeit geht, damit auch bei ihren Followern etwas ausgelöst wird. Bibi kündigt sogar an, ihre OPs mit der Kamera zu begleiten – und die Aufmerksamkeit mit jedem Video einmal mehr auf die Schönheits-Optimierung richten, gegen die so viele Menschen auf Social Media ankämpfen und doch noch in der Minderheit zu sein scheinen. Muss so viel Werbung für Schönheits-OPs wirklich sein? Ich finde nicht.
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